Böckingen und Frankenbach: Multikulti, sportlich, offen
Die Bewohner freuen sich über das viele Grün in Böckingen und Frankenbach. In den beiden westlichen Heilbronner Stadtteilen fehlen indes kleine Läden.
Wer das Wort "Böckingen" in die Google-Suche eingibt, bekommt das Folgewort "Döner" vorgeschlagen. Woran liegt das? "In Böckingen gibt es den besten Döner", sagt Christian Gumpert. "Jeden Freitag kommen wir aus der Heilbronner Innenstadt hierher, um für die ganze Abteilung Essen zu holen", erzählt der 29-jährige Beamte.
Nicht nur zur Mittagszeit, schon morgens ist in der Böckinger Neuen Mitte einiges los. Menschen wuseln am Lidl-Eingang herum, schieben Einkaufswagen, schleppen Taschen mit Lebensmitteln. Das Parkhaus ist bis auf zwei Plätze schon um neun Uhr voll besetzt. Die Neue Mitte - bei der Eröffnung gefeiert als verbindendes Element zwischen Nord und Süd und damit Alt- und Neu-Böckingen - kommt jedoch nicht bei allen Bewohnern des Stadtteils gut an.
Schwätzchen auf der Gasse

In Alt-Böckingen, südlich der S-Bahn und damit auch der Neuen Mitte, ist es auf den Straßen in den Morgenstunden noch leer. Bis auf ein Ehepaar, das gerade die Tür zur Wohnung abschließt. "Unsere neue Mitte ist das nicht", sagt Ruth Riegg. Die gebürtige Böckingerin erinnert sich lieber an die kleineren Läden, Apotheken, Metzger und Bäckereien, die es früher gab. "Viele mussten leider schließen", bedauert die 72-Jährige. Ihr Mann Wolfgang Riegg erzählt, man habe früher auf dem Weg zum Metzger ab und zu ein Schwätzchen halten können, jetzt bleibe jeder eher für sich. Beim Positiven sind sich Ruth und Wolfgang Riegg einig: "Der Ziegeleipark ist sehr schön, da kann man wunderbar spazieren gehen."
Zu Füßen des Wahrzeichens
Dem Tipp des Rentner-Ehepaars folgend, geht es weiter in den Park. Der Wasserturm, ein Wahrzeichen Böckingens, thront über der Grünflache, Enten quaken auf dem See. Ein kleiner Kinderspielplatz, gesäumt von einem Stückchen Mauer, die an die Überreste des Ziegeleigebäudes erinnert, lädt zum Herumtollen ein. Tatsächlich ist das ein Ort zum Wohlfühlen, sogar in den kalten Monaten. Auf dem Spielplatz vergnügen sich viele kleine Kinder und genießen den kühlen, aber sonnigen Vormittag.

Julia Ei und Valentina della Rocca passen auf sie auf. Die beiden 19-Jährigen sehen Böckingen als ihre Heimat an. Dass der Stadtteil sehr international ist, finden sie sowohl gut als auch schwierig. "Es gibt viele Multikulti-Läden, Bulgarisch, Russisch, Italienisch und so weiter", erzählt della Rocca. Aber es könne auch einmal zu Reibungen kommen. Della Rocca hat jedoch ein großes Problem mit Böckingen: "Die Menschen sind völlig respektlos gegenüber der Umwelt. Vor Kurzem hätte ein Kind zum Beispiel fast einen Zigarettenstummel in den Mund genommen", sagt sie.
Alles was die Familie braucht
Wenige Meter entfernt von den fröhlich spielenden Kindern kehrt Stille ein. Heike Akerblom macht ihre Spaziergänge sehr gerne im Ziegeleipark: "Im Sommer ist es noch schöner hier. Dann kommen viele Menschen, und es ist überall etwas los." Überhaupt scheint Akerblom ihr Herz an Böckingen verloren zu haben. Für sie ist es der schönste Stadtteil von Heilbronn. "Am interessantesten ist, dass hier so viele Nationalitäten Tür an Tür leben." Akerbloms siebenjährige Tochter geht in Böckingen in die Grundschule. "Es gibt viele Freizeiteinrichtungen und einfach alles, was man als Familie braucht", sagt sie.
Immer diese Kehrwoche

Auf dem Weg zurück zur Ludwigsburger Straße wird es im Stadtteil schon lebhafter. Andreas Maciejewski steht vor seinem Haus, Besen und Zigarette in der Hand. "Mir gefällt alles hier, außer die Kehrwoche natürlich", sagt er und lacht. Erst vor einem halben Jahr ist der 64-Jährige nach Böckingen gezogen, weil die Wohnung zwar kleiner, aber dafür günstiger war.
Das Beste sind die Bewohner
Auf der anderen Seite der Bahngleise, im nördlichen Teil von Böckingen, arbeitet Nicu Antonella in einem Schreibwarenladen. Sie kann sich ein Leben anderswo nicht vorstellen. "Ich bin in Böckingen geboren, hier lebe ich und hier werde ich sterben", sagt sie. Auch Antonella bemängelt aber, dass der Einzelhandel im Stadtteil stirbt. "Wir sind der einzige Schreibwarenladen mit einer Poststelle in der Umgebung", berichtet die 44-Jährige. Ihr Vater sei nicht mehr allzu mobil und habe Schwierigkeiten, zum Supermarkt zu kommen. "Man hat einfach längere Wege als früher." Das Beste an Böckingen seien die Menschen, ihre Kundschaft sei sehr nett.
Freundliche Frankenbacher

Über die Böckinger Schanz hinaus führt der Weg an den SLK-Kliniken vorbei nach Frankenbach. Dort sieht die Welt anders aus, in jedem Fall kleiner, dörflicher. "Hier ist es ruhig und gemütlich, man hat keinen Stress und kann schön spazieren gehen", findet Salvatore Mirra. Der 52-Jährige arbeitet im Restaurant Mare et Monte. Das Restaurant liegt im Sportzentrum Sportivo am Ortsausgang Richtung Neckargartach gegenüber eines Lidl-Marktes.
"Man braucht hier kein Auto, es gibt viele Möglichkeiten, Sport zu machen und Aktivitäten speziell für Kinder. Und Ärzte, das ist auch wichtig", meint Mirra. Zuvor lebte der Italiener in Rom. "In Frankenbach ist es wie in Italien, die Menschen sind offen und freundlich und man kennt sich, es ist völlig anders als in der Stadt Heilbronn."
Am Leinbach die Seele baumeln lassen
Das Sportzentrum inklusive Restaurant liegt direkt an einem Landschaftspark. Bei genauerer Erkundung stößt man dort auf ein Bächlein, den Leinbach. Aylin Arslan und ihr Sohn freuen sich, dass es im Stadtteil noch viele grüne Flächen gibt. Auch sie betont die Freundlichkeit und Offenheit der Bewohner. Für die 38-Jährige zeichnet sich Frankenbach aber vor allem durch die Vereine aus. "Hier ist der Sport ganz stark. Es gibt den SV Heilbronn am Leinbach, Tennis, Fußball, Kegeln, das Vereinsheim und so weiter. Für einen kleinen Stadtteil ist ein so großes eigenes Sportzentrum bemerkenswert." Einzig der Verkehr nervt sie. "Außerdem gibt es für die zunehmende Anzahl an Einwohnern nicht genügend Bushaltestellen", beklagt Arslan.
Beim Weiterspazieren ertönt ein Geräusch, kein Autolärm, eine Motorsäge. Wolfgang B. macht aus Baumstämmen Brennholz. Seit 1993 lebt er in Frankenbach und genießt die Ruhe, die schöne Parklandschaft und die Nachbarschaft. "Es gibt immer mal wieder Randalierer, aber es war schon viel schlimmer", erzählt er.
Ortsdurchfahrt ist ein Ärgernis

Über kleine Pfade geht es zurück Richtung Ortsdurchfahrt. "Sie ist das Ärgernis von Frankenbach", sagt Beate Tiefenbach. Die 52-jährige Einzelhandelskauffrau erzählt, es sei "ein Unterschied wie Tag und Nacht", seit sie nur ein paar Meter von der Durchfahrt weggezogen sei. "Es gibt viel Stau und es ist unglaublich laut." Auch für Radfahrer sei dies gefährlich. "Wenn man die Straße entlangfährt, wird es durch den starken Verkehr heftig. Es ist viel zu eng."
Was Böckingen und Frankenbach eint, ist die Sorge um den Einzelhandel. Auch in Frankenbach haben viele Läden zugemacht, sagt Beate Tiefenbach. Ein Lichtblick: Der Blumenladen Creativ in Frankenbach sei "irgendwie schon immer da" gewesen - und so soll es auch bleiben.
Über die Autorin
Annika Heffter ist Redaktionsmitglied der Heilbronner Stimme und hat bei der Aktion "50 Wochen - 50 Orte" das Los für den Ortsspaziergang in Böckingen und Frankenbach gezogen. Dahinter steckt die Idee, einen anderen Blick auf die Orte zu bekommen. Zuständig für Böckingen ist Redakteur Helmut Buchholz, für Frankenbach Redakteur Kilian Krauth.