Wie sich das Heilbronner Zentrum städtebaulich entwickelt hat
Hans-Georg Mayer, Seniorchef des Insel-Hotels, nimmt die städtebauliche Entwicklung der Innenstadt in den Fokus. So zum Beispiel die Vorgeschichte des Neckarturms oder Details zur Ladenpassage der Gustav-Fuchs GmbH, bevor dort der Käthchenhof entstand.

Hans-Georg Mayer, Jahrgang 1937, steht auf der Dachterrasse seines Insel-Hotels. Sein Blick schweift bedächtig von der Bahnhofsvorstadt Richtung Neckar und Kilianskirche, weiter zum Wartberg und endet bei der Experimenta und im Neckarbogen. Die Jahrzehnte scheinen wie Wolken der Erinnerung an seinem geistigen Auge vorbeizuziehen: "In der Kernstadt hat sich städtebaulich unheimlich viel getan - wobei das Positive doch überwiegt", wie der Hotelier nach einer kurzen Pause zufrieden anmerkt.
Die Bahnhofsvorstadt ist für Hans-Georg Mayer etwas Besonderes. Im Hotel Royal, schräg gegenüber vom Hauptbahnhof, wuchs er auf. Als ob es gestern gewesen wäre, hat der 82-Jährige die ersten Nachkriegsjahre nicht vergessen: "Das Hotel war zerstört, nur eine Eismaschine hatte überlebt.
Strom im Hotel Kronprinz angezapft
Mit Strom vom Hotel Kronprinz, das später Marianne und Frieder Weber leiteten, produzierten meine Eltern Berta und Willy Eis für die GI"s." Ein kleiner finanzieller Grundstock für das spätere Insel-Hotel (1952 bis 1959) auf der Hefenweiler-Neckarinsel war gelegt. 1960 wurde das Café-Restaurant Royal beim Bahnhof abgerissen. Heute steht an der Stelle ein Geschäftshaus.

Den Feuersturm des 4. Dezember 1944 hatten nur wenige Gebäude fast schadlos überstanden wie der Alte Bahnhof und das Alte Postamt oder die Villen Münzing und Adelmann. Die Bahnhofstraße selbst glich in den ersten Jahren nach dem Krieg vor allem auf der Gleisseite einer Barackenstraße. Erst in den 1980er- und 1990er-Jahren entstanden beiderseits der Straße moderne Geschäftshäuser, ein neues Hauptpostamt und der Neckarturm mit dem Ibis-Hotel. Später folgte das Heinrich-Fries-Haus.
Seit 2001 führt die Innenstadtstrecke der Stadtbahn durch die Bahnhofstraße. Auf dem Bahnhofsvorplatz entstand für sie eine markante Haltestelle mit Glasdach. Der Bahnhofsvorplatz bekam am 18. Dezember 2013 den offiziellen Namen Willy-Brandt-Platz.
In der Neckarklause ging es hoch her

Beim Anblick des Neckarturms hält Hans-Georg Mayer inne. "Hier befanden sich einst das Kino Capitol, eine BP-Tankstelle und die Neckarklause, geführt von Edith und Erich Bläsi. Hier gab es mit die besten Schinkenbrote in der Stadt", erinnert sich der Hotel-Seniorchef.
Am Horizont taucht das Rosenberg-Hochhaus auf. "Auf dem Rosenberg befanden sich einst die Brauerei Cluss und die Zuckerfabrik", ruft Hans-Georg Mayer die Geschichte wach. Im Laufe der Jahre entwickelte sich hier ein neues Wohnquartier. Altes Postamt, Baulücke, C & A , Marrahaus - so lautet im Zeitraffer die Entwicklung des Innenstadt-Areals an der Ecke Obere Neckarstraße/Kramstraße.
Die Fuchs-Passage hatte etwas Großstädtisches

"Da war doch noch was?", fragt Hans-Georg Mayer seine Frau Gisela. Richtig! Wo seit 1986 der Gebäudekomplex Käthchenhof steht, befand sich zuvor die Ladenpassage der Gustav-Fuchs GmbH. Die Heilbronner kauften hier ihre Haushaltswaren, Porzellan und Wohnaccessoires. Mayer sagt es klassisch mit seinen Worten: "Da gab es alles, was heute kein Mensch mehr haben will."
In den Blick kommen das 1971 von Architekt Helmut Schaal gebaute Shoppinghaus und das 1982 eingeweihte Theater. Die Sprengung des aus den Jahren 1912/13 stammenden alten Theaters versteht Hans-Georg Mayer bis heute nicht. Heute mündet am damaligen Standort die Allee in die Weinsberger Straße. Wie ein Klotz wirkt von oben betrachtet das Theaterforum K 3 auf dem Berliner Platz. "Der Eigentümer des letzten Grundstücks hat sich den Verkauf von der Stadt vergolden lassen", plaudert Mayer aus dem Nähkästchen eines Hoteliers.
Das vergessene Land im Herzen der Stadt
Geprägt wird die Heilbronner Innenstadt aktuell von drei neuen Schwerpunkten: der Bildungscampus, die Experimenta und der Neckarbogen auf dem ehemaligen Fruchtschuppenareal. An diesem nach dem Krieg vergessenen Stück Land ließ Mayer bei seinen morgendlichen Spaziergängen mit dem Hund jahrzehntelang links liegen. Erst mit der Buga rückte dieses Gelände in seinen Fokus: "Toll, was sich hier zuletzt alles getan hat."
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