"Wir haben eine intakte Gemeinschaft"
Bürgermeister Ulrich Heckmann spricht über die Aufgaben der Zukunft und den Wert kultureller Angebote.

Betreuung, Pflege, Digitalisierung, Wohnraum: Güglingen steht vor einer Reihe großer Aufgaben. Trotz starker Unternehmen am Ort, ist die Kasse knapp. Warum Bürgermeister Ulrich Heckmann trotzdem nicht am kulturellen Angebot sparen will, und was Güglingen aus seiner Sicht lebenswert macht, verrät er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Herr Heckmann, seit drei Jahren sind Sie jetzt Bürgermeister in Güglingen. Sind Sie angekommen?
Ulrich Heckmann: Ich bin angekommen. Ich habe aber meine Zeit gebraucht, um mich zurechtzufinden. Ich musste die Stadt kennenlernen. Inzwischen weiß ich aber, wo die Stellschrauben sind. In der Verwaltung arbeiten wir vertrauensvoll zusammen. Mit dem Gemeinderat gibt es mal solche und solche Sitzungen. Aber unter dem Strich ist es gut. Aber vor allem weiß ich jetzt auch, wohin die Stadt gehen muss.
Wohin?
Heckmann: Wir müssen unsere Wohnungsproblematik intensiver angehen. Das betrifft vor allem die Schließung innerörtlicher Baulücken. Auch in Eibensbach muss etwas passieren. Wir brauchen außerdem ein zusätzliches Pflegeheim. Und wir müssen es schaffen, einen weiteren Hausarzt für Güglingen zu gewinnen. Die Digitalisierung steht auf der Agenda, und es geht um Infrastrukturthemen wie Umgehungsstraße und Zabergäubahn.
Der Gemeinderat ist ein streitbares Gremium. Wissen Sie mittlerweile, wo der Gegner sitzt?
Heckmann: Alle Gemeinderäte haben das Wohl der Stadt im Auge. Ich glaube nicht, dass es im Gemeinderat um Gegnerschaft geht. Es geht um Sachthemen. Und da darf man unterschiedlicher Meinung sein.
Güglingen kann keinen neuen Wohnraum zur Verfügung stellen. Hat man da geschlafen?
Heckmann: Vielleicht hat man es versäumt, systematisch Baulücken anzugehen. Aber grundsätzlich war nicht absehbar, dass so ein Zuzug aus den Metropolen in den ländlichen Raum kommen wird. Wir haben eine große Nachfrage aus den Ballungsräumen Bietigheim und Ludwigsburg. Das hat natürlich etwas mit der wirtschaftlichen Stärke hier in Güglingen und den Investitionen der Unternehmen zu tun.
Ist absehbar, wann Sie großflächig Wohnraum anbieten können?
Heckmann: 2022 wollen wir das Baugebiet Ob der großen Hohle in Frauenzimmern mit 13 oder 14 Bauplätzen realisieren. Herrenäcker-Baumpfad II in Güglingen steht auch zur Diskussion. Wir sollten aber auch innerstädtisch Baulücken schließen. Wenn ich zum Beispiel an den Schafhausplatz oder die Heilbronner Straße 4 denke.
Trotz der wirtschaftlichen Stärke schwimmen Sie nicht im Geld.
Heckmann: Natürlich müssen wir unsere Folgekosten besser im Griff haben. Unser ureigenstes Problem sind aber die vielen Freiwilligkeitsleistungen, die wir erbringen. Durch Mediothek, Schwimmbad, Römermuseum, Herzogskelter sowie durch ein umfangreiches kulturelles Angebot. Wir haben einen sehr hohen eigenen Immobilienbestand, der bewirtschaftet werden muss. Und man darf nicht vergessen: In den letzten 20 bis 30 Jahren wurden die Kosten für die Kinderbetreuung im Grunde zu hundert Prozent auf die Städte übertragen.
Sind die freiwilligen Leistungen überdimensioniert?
Heckmann: Nicht überdimensioniert. Aber sie kosten Geld.
Wo wollen sie sparen?
Heckmann: Wir müssen die Einnahmenseite erhöhen. Wir haben derzeit eine sehr günstige Gebührensituation. Und wir müssen uns überlegen, wie wir unseren extrem hohen Immobilienbesitz verschlanken können. Dabei könnten wir zum Beispiel auch Baulücken schließen.
Wie viele Wohnungen hat die Stadt?
Heckmann: Derzeit haben wir 91 Wohnungen. Dazu kommen dann noch die Wohnungen im Deutschen Hof 21. Im Verhältnis ist das doppelt so viel wie in Brackenheim.
Wie wollen Sie Ausgaben verringern?
Heckmann: Wir müssen nach den Sach- und Personalausgaben schauen. Aber es wird schwierig, größere Beträge einzusparen. In der Kernverwaltung haben wir teilweise sogar zu wenig Leute. Die Schließung des Freibads oder des Römermuseums steht aber nicht einmal ansatzweise zur Diskussion.
Sehen Sie Möglichkeiten, neues Gewerbe anzusiedeln?
Heckmann: Wir sind an der Belastbarkeitsgrenze angekommen. Dienstleister sind immer willkommen. Aber unsere Gewerbegebiete sind zu 80 Prozent veräußert.
Bei der Erweiterung der Firma Layher im Industriegebiet Langwiesen IV gibt es ein Problem mit dem Oberbodenmanagement. Die Ausgleichsmaßnahmen reichen nicht aus. Was passiert da jetzt?
Heckmann: Klar ist, dass keine Ökopunkte irgendwo erworben werden. Der naturschutzrechtliche Ausgleich soll in der direkten Umgebung stattfinden. Dafür suchen wir derzeit Lösungen.
Das muss schnell gehen?
Zur Person
Ulrich Heckmann ist seit drei Jahren Bürgermeister in Güglingen. Der gebürtige Pforzheimer hat an der Hochschule in Kehl ein Verwaltungsstudium absolviert und als Diplomverwaltungswirt abgeschlossen. Viele Jahre hat er als selbstständiger Berater gearbeitet. Der 49-Jährige lebt in einer festen Beziehung und hat zwei Töchter.
Heckmann: Ja. Die Layher-Erweiterung bedeutet für die Region wirtschaftliche und soziale Stabilität für die nächsten Jahren und darüber hinaus. Ich bleibe dabei: Die Firma Layher ist ein Glücksfall für uns.
Kulturell ist Güglingen sehr gut aufgestellt. Warum ist das so wichtig?
Heckmann: Kultur ist Demokratie und Lebensqualität. Wir leben an der Peripherie zu den Ballungsräumen. Ich glaube, wir sind es unseren Bürgern schuldig, kulturell etwas zu bieten. Das hat in Güglingen eine lange Tradition.
Durch den Ort quält sich seit langem der Verkehr. Wann kommt die Umgehung Güglingen-Pfaffenhofen?
Heckmann: Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtskräftig. Sämtliche Klagen und Petitionen sind zurückgezogen. Beim Grundstückseinkauf sind wir bei 95 Prozent angelangt. Es ist mein Ziel, dass noch in diesem Jahr mit den Brückenarbeiten begonnen wird.
Gibt es neue Erkenntnisse, was die Zabergäubahn betrifft?
Heckmann: Ich sehe die Zabergäubahn am Horizont. Aber ich würde heute noch nicht die Wette halten, dass die Zabergäubahn auf Schienen läuft. Es könnte auch andere Möglichkeiten geben, die auf der Trasse der Zabergäubahn laufen. Wir müssen uns überlegen, ob wir nicht ein Pilotprojekt wie selbstfahrende Busse zu uns bringen wollen. Ich bin zuversichtlich, dass der Spatenstich innerhalb der nächsten fünf Jahre erfolgen wird.
Warum sollten junge Familien nach Güglingen ziehen?
Heckmann: Wir haben hier eine intakte Gemeinschaft und intakte Vereine. Aber man hat hier auch Möglichkeiten, Anschluss und Kontakte außerhalb der Vereine zu finden. Letztlich auch durch die Angebote, die die Stadt vorhält. Wir verfügen hier über einen sehr hohen Zusammenhalt. Das gibt es selten.