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Erlenbach
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Leinöl selber pressen

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In der Ölmühle in Erlenbach stellt Stefan Kerner noch eigenhändig kaltgepresstes Leinöl her. Er baut auf 30 Hektar hofeigene Saaten an.

Von Ute Plückthun
Pressvorgang in der Ölmühle: Links kommt die übrig gebliebene Leinsaat in Form von Pellets heraus, rechts fängt Stefan Kerner kaltgepresstes Leinöl auf.
Foto: Ute Plückthun
Pressvorgang in der Ölmühle: Links kommt die übrig gebliebene Leinsaat in Form von Pellets heraus, rechts fängt Stefan Kerner kaltgepresstes Leinöl auf. Foto: Ute Plückthun  Foto: Plückthun, Ute

Es läuft. Fast könnte man sagen, wie geölt. Denn das ist es, was goldgelb aus der Schneckenpresse durch die breite Rinne in den Auffangbottich fließt: Bei maximal 40 Grad Celsius kalt gepresstes Leinöl, das aus Gelbleinensamen gewonnen wurde. Stefan Kerner ist mit Geruch und Aussehen zufrieden. Er beschreibt: "Leinöl hat eine leicht fischige Note, weil es einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren hat."

Im August ist die Zeit für die Ernte der reifen Früchte des Flachses gekommen, die ganz in der Nähe von Stefan Kerners Hof wachsen. Mohn und Raps sind bereits eingebracht. Hanf, Kürbis und Walnuss werden folgen. Ob Bucheckern den Abschluss bilden werden, ist jedes Jahr eine Glückssache, die vom Ertrag der Buchenbäume abhängt. "Nachdem wir das letzte Mal vor drei Jahren ernten konnten, sieht es dieses Jahr ganz gut aus."

Uraltes Handwerk

So sind in der Vergangenheit in Kooperation mit dem Waldnetzwerk Schul- und Kitakinder an die früher übliche Tradition herangeführt worden. "Sie haben Bucheckern gesammelt und später hier gepresst", erinnert er sich. Er weiß auch genau, wie viel man braucht: "Sechs Kilo Bucheckern braucht man für einen Liter."

Insgesamt 30 Hektar stehen als eigene Fläche zum Anbau der Pflanzen zur Verfügung, die in der Ölmühle weiterverarbeitet werden. Ein wenig kauft Kerner auch von einem Partner aus Ilsfeld zu, der für ihn den Anbau auf fünf Hektar erledigt. Diesem liefert Kerner das Leinsaatgut an, erntet und drischt dann selber. Damit übt der Erlenbacher ein uraltes Kulturhandwerk aus, wenn auch mit moderner Technik. "Der letzte Jahrgang der Ölmüller wurde 1963 ausgebildet", weiß er. Danach habe die Margarine Hochkonjunktur erlebt. Dass sich in den 70 Ölseminaren und Ölverkostungen, die in normalen Zeiten durchschnittlich stattfinden, immer mehr Kunden für die naturbelassene Herstellung interessieren, begrüßt er.

Pellets als Abfallprodukt

Linum usitatissimum: Der "äußerst nützliche Lein", wie er auf lateinisch heißt, gilt als eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt mit Wurzeln zurück bis 5000 vor Christus. Dass die Flachsfasern, früher der wichtigste Texilrohstoff, auch Schwierigkeiten mit sich bringen, zeigt sich bei Regen. Dann ist schon wegen der fasrigen Pflanzenbeschaffenheit nicht ans Ernten zu denken. Mit dem Fruchtstand, etwa auf dem Feld mit Blick zum Heilbronner Wartberg, ist Stefan Kerner sehr zufrieden. Die kleinen runden Kapseln enthalten jeweils mehrere Samen.

Sind sie abgemäht und gedroschen, wird der Leinsamen zweimal gereinigt, bevor er auf einen Hänger kommt und ins Silo hochgeblasen wird. Insgesamt drei Silos stehen auf dem Hof für die unterschiedlichen Saaten zur Verfügung. Der Rest kommt in Säcke und wird eingelagert. Gepresst wird frisch und je nach Bedarf. So, wie es die Direktvermarktung mit Onlineshop, Gastronomien und der Markt benötigen. "Durch die Kaltpressung bleiben wichtige Fettbegleitstoffe wie Vitamine und Carotinoide erhalten", betont Stefan Kerner. 3,6 bis 3,8 Kilo Früchte ergeben einen Liter Leinöl. Drei bis fünf Liter schafft die Schneckenpresse in der Stunde. Die Leinsaat rieselt dabei von der Decke aus dem Silo direkt in die Ölpresse aus Edelstahl. Als Nebenprodukt spuckt sie lange Pellets für Großabnehmer aus - geeignet als Pferdefutter oder für den Menschen im Weizenmehl als teilentölte Leinsaat.

Mohnfelder wechseln jährlich

Eine Frage von Fotobegeisterten ereilt den Erlenbacher immer wieder. Wo seine herrlichen Mohnfelder im nächsten Jahr blühen werden. Mit Sicherheit nicht an der gleichen Stelle wie im Vorjahr, sagt er. Fruchtwechsel, die naturnahe Bewirtschaftung und Aufrechterhaltung von alten Traditionen sind wichtige Aspekte. "Das gleiche Feld wird nur alle fünf bis sechs Jahre benutzt", erklärt er. Damit bodenbürtige Krankheiten wie Pilze und Virosen sowie schädigende Insektenpopulationen keine Chance haben.

 
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