In Erlenbach sitzen sie verkehrt herum auf dem Lenker
Kunstradfahren hat beim Radsportverein Concordia in Erlenbach eine lange Tradition. Der Verein hat legendäre Erfolge aufzuweisen.

Simon Halter bringt das Spezialrad ohne Freilauf mit dem Fuß in Fahrt. Dass er dabei verkehrt herum auf dem gebogenen Lenker sitzt, ist Teil der akrobatischen Kunstradfigur. Scheinbar mühelos schwingt sich der Zwölfjährige in den Handstand, während das Rad weiter durch die Sulmtalhalle rollt. Sein Trainer und Großvater Rolf Halter, selbst dreimaliger Europameister im Zweier-Kunstradfahren, ist mit der Leistung hochzufrieden.
In Erlenbach hat das Kunstradfahren eine lange Tradition. 1923 wurde der Radsportverein Concordia gegründet. Zunächst mit beachtlichen Ergebnissen im Radrennsport steht seit 1934 das Kunstradfahren im Mittelpunkt.
In den 80ern setzt der Medaillenregen ein
Erste Erfolge stellten sich ab 1952 ein. Die Begeisterung für die Randsportart und der Trainingseifer der Sportler sorgten ab den 1980er Jahren für einen Medaillenregen in der Sulmtalgemeinde: Bislang verzeichnete der Verein 50 Gold-, 24 Silber- und 13 Bronzemedaillen bei Deutschen Meisterschaften sowie achtmal Gold und einmal Silber bei Europameisterschaften. Vor allem sechs Gold- und drei Silbermedaillen, die Dietmar Ingelfinger im Einer-Kunstradfahren sowie Carolin Ingelfinger und Katja Knack im Zweier-Kunstradfahren bei Weltmeisterschaften eingefahren haben, sind unvergessen.
Corona macht 2020 indessen zur reinen Trainingssaison mit reihenweise abgesagten Veranstaltungen. Auch wenn Rolf Halter als Vorsitzender des Fördervereins "Indoor Cycling World Wide" Online-Kunstradcups mit Webcam, Livestream sowie Sportlern und überregionalen Kampfrichtern in verschiedenen Hallen organisiert hat. Als Pilotprojekt Ende Juli, mit Fortsetzungen am 8. und 30. August. Wolfgang Kerner hofft nicht, dass sich die Zwangspause mit fehlenden Wettkämpfen negativ auf die Motivation des Nachwuchses auswirkt. Als Verwaltungsvorstand leitet er den 142 Mitglieder starken Verein gemeinsam mit Sportvorstand Thomas Maucher und Finanzvorstand Birgit Gottschling. Immerhin haben hochkarätige Wettkämpfe den Namen der Gemeinde international bekannt gemacht.
Neue Hoffnungsträger
"Seit 30 Jahren richten wir im November den Großen Weinpreis aus", berichtet Kerner. 2018 hat der Wettkampf ein neues Gesicht bekommen, nachdem Erlenbach finaler Austragungsort des UCI Artistic Cycling World Cups wurde. Dabei starteten 50 Sportlerinnen und Sportler aus acht Nationen, die sich zuvor in Prag, Heerlen und Hongkong bewiesen hatten.
"Viele der WM-Teilnehmer nahmen gleichzeitig an der Wertung zum Großen Weinpreis teil", sagt er über die Traditionsveranstaltung. Internationale Starterfelder waren es, die Simon Halter bei Wettkampfbesuchen mit dem Opa für den Sport begeisterten. Mit sechs Jahren hat er, der Familientradition folgend, mit dem Kunstradfahren begonnen. Sein großes Ziel ist es, einmal zur Elite zu gehören und bei einer WM aufs Treppchen zu kommen. "Er hat sich außergewöhnlich gut entwickelt", gesteht Vorstand Kerner ihm zu.
Als weitere "sportliche Aushängeschilder auf nationaler Ebene" benennt er Ronja Zahn und Melissa Zörner (Deutsche Vizemeisterinnen im Zweier-Kunstradfahren und Mitglieder des Jugendnationalkaders) und Nico Lewicki (zweifacher Deutscher Schülermeister 2018 und 2019 sowie Mitglied des Landeskaders). "Mit Sophia Halter und Xenia Zahn haben wir zwei weitere Mitglieder im Unterbau des Landeskaders", sagt Wolfgang Kerner. Um die sportliche Zukunft des Vereins macht er sich deshalb keine Sorgen.