Stimme+
Eppingen
Lesezeichen setzen Merken

"Kommunalpolitik kann fesseln"

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Eppingens Oberbürgermeister Klaus Holaschke äußert sich im Stimme-Interview zu nächtlicher Amtshilfe, Stadtsanierung, Ignoranz und was er mit einer Million Euro anfangen würde.

   | 
Lesezeit  3 Min
Eppingens OB Klaus Holaschke will der Coronakrise „ein gesundes Maß an Optimismus“ entgegensetzen.
Foto: Jörg Kühl
Eppingens OB Klaus Holaschke will der Coronakrise „ein gesundes Maß an Optimismus“ entgegensetzen. Foto: Jörg Kühl  Foto: Kühl, Jörg

Eppingen hat in den vergangenen zehn Jahren sein Fachwerkerbe herausgeputzt. Mit dem Gartenschaugelände erhofft sich die Stadt mehr Lebensqualität. Was ihn auf die Palme bringt, und wie er der Coronakrise trotzt, erläutert Oberbürgermeister Klaus Holaschke.

Herr Holaschke, wenn Sie als OB eine Million Euro zu Ihrer freien Verfügung hätten und es nur für ein einziges konkretes Projekt oder eine Anschaffung innerhalb eines Jahres ungeteilt ausgeben dürften: Wofür würden Sie die Million verwenden?

Klaus Holaschke: Als Grundstock einer Bürgerstiftung. Der Zweck könnte Jugend- oder Seniorenarbeit sein oder auch die Arbeit mit benachteiligten Gruppen. Eine Stiftung hat den Charme, dass bleibende Werte geschaffen werden und man auf lange Sicht viel bewirkt.

Zu den Eppinger Heimattagen erscheinen alle zehn Jahre ehemalige Einwohner, um sich über die Entwicklung der Kraichgaustadt zu erkundigen. In diesem Jahr hätte die Veranstaltung wieder stattgefunden, sie wurde auf das kommende Jahr verschoben. Was hätten sie den Gästen jetzt gezeigt?

Holaschke: Die Fortschritte bei der Entwicklung der Innenstadt. 2010 war gerademal der zweite Bauabschnitt des Rathauses fertig geworden. Auch die Brettener Straße und die Leiergasse stehen heute ganz anders da. Ich hätte gegenüber den Besuchern für die Gartenschau 2021 geworben.

 

Die Gartenschau ist eines der größten Projekte in Ihrer Amtszeit als OB. Ein Filetstück in der Stadt wird zu einem Park umgebaut. Hätte man die Fläche nicht auch anders nutzen können, zum Beispiel für den kommunalen Wohnungsbau?

Holaschke: Es gibt den Flächennutzungsplan, der innerstädtisches Grün vorsieht: Eine Oase zum Erholen und Entspannen. Es war immer der Wunsch der Eppinger, das Wasser in die Stadt zu tragen. Der künftige Bürgerpark ist ein Stück Lebensqualität. Corona zeigt doch, wie wichtig öffentliches Grün ist, vor allem für jene, die keinen Garten und keinen geräumigen Balkon haben. Parallel arbeiten wir natürlich daran, den Wohnraumbedarf zu decken, zum Beispiel im Quartier Zylinderhof.

 

Genießt Kommunalpolitik heute die Wertschätzung, die sie verdient?

Holaschke: Die Wahrnehmung rückt immer mehr ins Abseits. Der Kommunalpolitiker ist erst interessant, wenn der Bürger von einer Sache konkret betroffen ist. Die Bürgerbeteiligung im Vorfeld der Gartenschau ist da allerdings eine Ausnahme. Ich wünsche mir eine regere Teilnahme an den öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats und der Fachausschüsse. Und wir müssen es schaffen, mehr Jüngere für eine Kandidatur zu gewinnen. Im Gemeinderat kann man die Funktionsweise von Politik hautnah erleben. Kommunalpolitik kann fesseln!

 

Wofür würden Sie nachts um 3 Uhr aufstehen?

Holaschke: Das ist schon passiert. Zweimal musste ich wegen bevorstehender Aktionen des Sondereinsatzkommandos der Polizei nächtliche Amtshilfe leisten und Bauakten heraussuchen. Zum Glück habe ich die prompt gefunden. Es passiert auch sonst dann und wann, dass ich nachts gebraucht werde, zum Beispiel bei großen Schadensereignissen. Ich stehe zwar nicht selbst an der Spritze, kann aber, sofern es erwünscht ist, Einsatzkräften Zuspruch geben.

 

Was bringt Sie garantiert aus der Fassung und womit kann man Sie wieder einfangen?

Holaschke: Ignoranz. Wenn man gebetsmühlenartig Argumente vorträgt und die Gegenseite sie partout nicht hören will. Ich komme aber auch schnell wieder runter, sobald ich merke, dass mein Gesprächspartner doch noch seine Bereitschaft signalisiert, sich mit der Sache und mir auseinanderzusetzen.

 

Die Corona-Pandemie hat auch Eppingen gebeutelt. Viele Arbeitnehmer sind in Kurzarbeit, Betriebe ringen um ihre Existenz. Welche Werkzeuge haben Kommunen, um die Wirtschaft zu stützen?

Holaschke: Durch Aussetzung von Steuern, ohne die Stundungen zu verzinsen. Als kommunaler Vermieter kann man Mieten aussetzen. Kommunen können in dieser Hinsicht ein Vorbild für private Vermieter sein. Ein anderes Mittel ist, öffentliche Aufträge möglichst jetzt nicht zu stornieren. Das muss man im Einzelfall abwägen. Es geht darum, auch von öffentlicher Hand ein gesundes Maß an Optimismus auszustrahlen. Mehr als 50 Prozent meiner Arbeit ist Psychologie.

 

Zur Person:
Klaus Holaschke ist bei der Kommunalwahl am 26. Januar dieses Jahres in seine dritte Amtszeit als Oberbürgermeister der großen Kreisstadt Eppingen wiedergewählt worden. Holaschke ist nebenbei Erster Vizepräsident des baden-württembergischen Gemeindetags und Sprecher der Bürgermeister im Landkreis Heilbronn.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben