Kauft die Kommune die alte Kelter?
Eberstadts Rathauschef Stephan Franczak denkt über ein barrierefreies Bürgerbüro in der alten Kelter nach. Noch ist das Gebäude aber in Privatbesitz, und es gibt einige Fragezeichen.

Kauft die Gemeinde die alte Kelter am Eberstädter Marktplatz? Denkbar wär"s. Eventuell könnte dort ein barrierefreies Bürgerbüro entstehen und ein ebenerdiger Sitzungssaal, sagt Bürgermeister Stephan Franczak. Und vielleicht ein Gemeindearchiv. Das sind Dinge, die dem Rathauschef im Kopf herumgehen.
Entschieden ist noch nichts, und der derzeitige Besitzer Manuel Hermoso ist zudem mit zwei privaten Interessenten in engem Kontakt. Vergangenen Dienstag hatte er das Gebäude eigentlich verkaufen wollen. Doch der Termin beim Notar wurde abgesetzt. Falls dieses Geschäft tatsächlich zustande kommt und auch Bürgermeister und Gemeinderat die Immobilie erwerben wollen, muss die Kommune den Joker ziehen: ihr Vorkaufsrecht. Um Gebrauch davon machen zu können, wurde nach Angaben des Rathauschefs eine Wertanalyse in Auftrag gegeben.
Das Konzept ging nicht auf
Vor vier Jahren hatte der Weinsberger Hotelier Manuel Hermoso die alte Kelter von einem Privatmann gekauft. Weinhandel, Weinbistro und Veranstaltungen rund ums Thema Wein sollten in dem Gebäude an der Hauptstraße etabliert werden. Hermoso hätte sich aufs Investoren-Dasein beschränkt, betreiben sollte es ein anderer. Doch dieser potenzielle Betreiber "hat sich anderweitig entschieden", erläutert Hermoso gegenüber der Heilbronner Stimme.
"Wenn wir eine Nutzungsmöglichkeit haben, würde er an die Gemeinde verkaufen", sagte Bürgermeister Franczak vor ein paar Tagen im Gespräch mit unserer Zeitung. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hermoso allerdings offenbar bereits einen Notartermin mit zwei privaten Kaufinteressenten vereinbart - für den zurückliegenden Dienstag. Doch der Termin sei auf Wunsch der potenziellen Käufer abgesetzt worden, so Hermoso gestern auf Nachfrage unserer Zeitung. "Er muss verschoben werden." Welche Ideen haben die Interessenten, deren Namen Hermoso nicht nennt? Darüber schweigt sich der Besitzer aus.
Der Kauf würde gefördert
Wie auch immer - denkbar wäre, dass die Gemeinde in absehbarer Zeit Nägel mit Köpfen macht. Sie hat auf die alte Kelter, die im Sanierungsgebiet "Ortskern III" liegt, ein Vorkaufsrecht. Im Falle einer Veräußerung an Privatleute wäre einem Kaufinteresse der Gemeinde Vorrang einzuräumen. Auch muss die Gemeinde jedem Kaufvertrag zustimmen, weiß Hermoso. Verwaltung und Gemeinderat hätten also Spielraum - allerdings nicht bis in alle Ewigkeit, sagt der Hotelier. Es gebe gewisse Fristen einzuhalten.
Hermoso möchte das Thema alte Kelter für sich gerne abschließen. Auch Bürgermeister Franczak, für den "die alte Kelter zum historischen Erbe der Gemeinde dazugehört", möchte das Thema "im Laufe von 2020 geklärt haben".
Inzwischen, sagt Franczak, "ist ein Gutachten beauftragt, das den Wert ermittelt". In den nächsten Wochen solle es vorliegen. Auf Grundlage des Gutachtens müsse der Gemeinderat entscheiden, ob er das alte Gebäude kauft oder nicht. Wie steht Franczak dazu? "Gute Frage. Wenn wir eine vernünftige Nutzung auf den Tisch legen können, kaufen wir das auch." Eine Entscheidungshilfe könnte dies sein: Da die Kelter im Sanierungsgebiet liegt, "würde der Kauf mit bis zu 60 Prozent bezuschusst". Auch die Sanierung ist förderfähig. Allerdings ist momentan Ebbe in der Gemeindekasse.
Ältere Menschen vermissen Barrierefreiheit
Eine "vernünftige Nutzung" wäre für Franczak ein barrierefreier Sitzungssaal und ein ebensolches Bürgerbüro. Dass ältere Menschen beides in Eberstadt vermissen, kam auch bei der Vor-Ort-Aktion der Heilbronner Stimme im Rahmen der Aktion "50 Wochen - 50 Orte" zur Sprache.
Zudem ist für Franczak ein Gemeindearchiv denkbar. Wenn von den rund 500 Quadratmetern noch etwas übrig ist, könnte sich der Rathauschef zusätzlich vorstellen, Büroräume zu vermieten. Falls dem Gemeinderat die Ideen nicht zusage, könne das Gremium immer noch eine Nutzungsanalyse in Auftrag geben - oder "die alte Kelter gar nicht kaufen". Er hat eine vage Vorahnung: "Das wird eine harte Nuss."
Daten und Fakten
Die alte Kelter als Ganzes steht laut Bürgermeister Stephan Franczak nicht unter Denkmalschutz, sondern nur das Dach. Es gibt nur wenige Daten zur Historie. Laut Manuel Hermoso wurde die Kelter wohl um 1800 erbaut. Anfang der 1960er Jahr wurde die neue Kelter am Ortsrand in Betrieb genommen. Damit verlor die Immobilie in der Ortsmitte ihre Funktion. In der Folge war sie Lager, später wurde hier ein Sparmarkt und schließlich ein Schlecker-Drogeriemarkt betrieben. In eher unguter Erinnerung ist der Versuch geblieben, in der alten Kelter einen sogenannten "Drehpunkt" zu eröffnen, der einer ehemaligen Schlecker-Filialleiterin eine Perspektive bieten sollte. Im Bürgermeisterwahlkampf 2015 flammte die Diskussion auf, ob die Gemeinde die alte Kelter dem Privatbesitzer abkaufen soll. Schließlich erwarb Manuel Hermoso 2016 das Gebäude, das seit 2012 leer steht. Doch sein Plan vom Weinhandel samt Bistro ging nicht auf.