Was Bad Rappenau zu bieten hat
Die Kurstadt betreibt viel Aufwand, um Gäste in die Innenstadt zu locken. Das kulturelle Angebot ist dafür ein wichtiger Hebel, aber nicht der einzige. Was schätzen die Bewohner und Unternehmer noch an ihrer Stadt?
Ein gutes Neues noch!", ruft Bauhof-Mitarbeiter Philipp Kern am Eingang zum Rathaus einem Polizisten des gleich um die Ecke gelegenen Polizeipostens zu. Der Beamte wünscht freundlich zurück. Man kennt sich hier. Kein Wunder, irgendwie ist in Bad Rappenau alles um die Ecke. Mitten in der Großen Kreisstadt ist viel Grün, mit einem großen Spielplatz "am Bächle", beziehungsweise in den Seewiesen, die zur "Grünspange" aus Landesgartenschau-Zeiten gehören. Diese wiederum grenzen an die Fußgängerzone, die Geschäfte sind nur einen Steinwurf entfernt.
Bad Rappenau hat keine historische Mitte wie andere Städte, sondern eher von allem etwas. Es ist alles fußläufig erreichbar. Und eher modern, so wie das Rathaus und das Stadtcarré. Mit viel Kultur und vielen Veranstaltungen. Auch das macht die Kurstadt aus, die sich gerne als Wohlfühl- und Gesundheitsstadt bezeichnet.

Sie versucht mit originellen Ideen mehr Leben in die Innenstadt zu bringen. Wie mit der Kunst-Eislaufbahn "Rappenau on ice", die erstmals vor dem Rathaus für winterliches Vergnügen sorgte und die Philipp Kern und Kollegen derzeit abbauen. "Wegen uns kann man das im nächsten Jahr wieder machen. Das hat Spaß gemacht", sagt Kern.
"Ja, das war wirklich klasse, wir haben nur positive Rückmeldungen bekommen", sagt Birgit Böhm vom Kulturamt der Stadt. "Die Eisbahn war eigentlich immer voll und man hat viele Jugendliche - ohne Handy in der Hand - darauf gesehen." Die Bahn sei während der 26 Tage ein echter Treffpunkt gewesen. "Wir arbeiten auch weiter daran, die Aufenthaltsqualität in der Fußgängerzone zu verbessern und überlegen uns weitere schöne Formate. Denn wir müssen die Leute in die Innenstadt bringen, damit die sehen, welche Geschäfte es gibt", betont Birgit Böhm.
Neue Kultur-Angebote für eine wachsende Stadt
Kultur ist für die Kurstadt ein wichtiger Hebel. Kulturell wird viel Aufwand betrieben, um den Besuchern etwas zu bieten. Zwischen 8000 und 9000 Veranstaltungen gibt es pro Jahr. Neu kommt im März eine Kunst- und Kulturreihe für Kinder dazu. Das "einzige historische Gebäude der Stadt", das Wasserschloss, und das Kurhaus sind Veranstaltungs-Hot-Spots. Grundsätzlich sieht Birgit Böhm Bad Rappenau auf einem guten Weg. Denn die Stadt wachse.
Am Salinenpark sind bereits neue Wohnungen entstanden, und es wird dort weiter kräftig gebaut. Der neue Kindergarten im Gebiet Kandel mit 70 Plätzen sei schon fast voll. Kurstädten heftet häufig das Image einer älteren Bevölkerung an. Doch offensichtlich ziehen viele junge Familien mit Kindern nach Bad Rappenau.
Lebensqualität für junge Familien

Nach Bad Rappenau sind auch Bianca Staudt und Katharina van den Berg mit ihren Männern gezogen. Bianca Staudt kam vor vier Jahren aus Sinsheim, Katharina van den Berg vor zweieinhalb Jahren aus Fulda. Beide schätzen hier die gute Infrastruktur, vor allem seit sie junge Mütter sind. Denn seit 15 Monaten gibt es den kleinen Niklas Staudt und seit 13 Monaten den kleinen Jonas van den Berg. Die Mütter haben sich bei der Krabbelgruppe kennengelernt. "Es gibt hier wirklich sehr gute Einkaufsmöglichkeiten, und es ist alles fußläufig und mit dem Kinderwagen erreichbar", sagen sie unisono.
Auch, dass es Kinderärzte im Ort gibt, halten die Mütter für einen Standortvorteil. Erwähnenswert finden sie zudem, dass die Stadt erst vor kurzem die Spielplätze saniert hat. Wie der am Bächle oder im Kurpark. "Es gibt hier wirklich viel Grün, wo man die Kinder auch ohne Bedenken springen lassen kann. Das ist schön."

Das Modehaus Bauer ist eine Besonderheit
Zu den Einkaufsmöglichkeiten zählt zweifelsohne das Modehaus Bauer am Kirchplatz. Es besteht seit mehr als 60 Jahren, seit 1967 hat es seinen Sitz in der Fußgängerzone. Auf rund 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche werden führende Modemarken in einem Loft-artigen Großstadtambiente auf fünf Etagen angeboten. Ein sehr großes inhabergeführtes Haus mit hohem Anspruch in einer Stadt wie Bad Rappenau - eine Besonderheit.
Wie geht das? "Man kennt uns. Aber das Problem ist die Frequenz hier", sagt Geschäftsführer Frank Bauer. Der Werbeaufwand für sein Geschäft und neue Kollektionen sei deshalb "immens". Der Einzelhandel in den Innenstädten werde immer schwieriger, da mache Bad Rappenau keine Ausnahme. Mit (Stamm-)Kunden aus dem Bereich Neckarsulm-Sinsheim-Mosbach hält er in der Kurstadt die modische Fahne hoch.
"Wenn in den Innenstädten auch noch die Bekleidungshändler verschwinden, dann geht nicht mehr viel", betont Bauer. Apropos Kurstadt: Von den Patienten profitiere das Modehaus kaum. "Die sind dort wegen eines neuen Knies oder wegen einer neuen Hüfte. Die schaffen es selten runter in die Stadt."
Die Stadt ist bemüht, aber die Frequenzbringer reichen noch nicht
Die Leerstände, auch am Kirchplatz, machen Frank Bauer Sorgen. Es gebe nicht genügend große Verkaufsflächen, um neue Frequenzbringer zu locken. Und oft seien die Mietverhältnisse kompliziert und für Existenzgründer ungeeignet. "Es ist Aufgabe der Stadt, mit den Vermietern zu verhandeln", betont der Unternehmer. Er sehe aber, dass sich die Stadt bemühe, zum Beispiel mit "Rappenau on ice" Frequenz in die Fußgängerzone zu bringen. Auch, dass die Stadt jüngst am Kirchplatz eine Immobilie gekauft hat, in dem derzeit Kunstbilder ausgestellt sind. Da könnte wieder ein neues Geschäft rein, so die Hoffnung.

Im "Bahnhof 13" läuft es gut - auch mit dem Gourmet-Shop
Für neue Konzepte in der Gastronomie scheint Bad Rappenau ein gutes Pflaster zu sein. Beispiel ist der "Bahnhof 13" im Bahnhofsgebäude. Neben internationaler Karte und Wein, Spirituosen, Kaffee und Souvenirs bietet die noch neue Adresse in den alten Bahnhofshallen ein cooles wie ansprechendes Ambiente. Eröffnung war im Sommer 2019. "Ich bin Wolle, so kennt mich hier jeder", sagt der 51-jährige Chef der offen gebauten Küche. Wolle arbeitete als Koch viele Jahre im Ausland, zuletzt auf den Kanaren.
Über seine Eltern kam er nach Bad Rappenau, arbeitete zuerst im neuen Hotel in der Salinenstraße, dann kam er beruflich im Bahnhof 13 an. "Es läuft super, ich habe hier als Koch freie Hand", sagt er. Teil des Konzepts ist eine Art Gourmet-Shop, so dass die Gäste die Weinflaschen, die sie im Regal sehen, nicht nur kaufen und mit nach Hause nehmen, sondern diese auch gleich zum Essen konsumieren können. Und umgekehrt. "Das passiert ganz oft", sagt Abendschichtleiter Eduard Baumbach. Die Resonanz sei bestens.
"Bad Rappenau ist eine gute Spielwiese, um Dinge auszuprobieren", betont Murat Yazanoglu, Geschäftsleiter des Bahnhofs 13, zu dem auch schräg gegenüber das "inVino" sowie die Vinothek gehören. "Die Stadt hat gastronomisch viel Potenzial, auch wegen der Kurgäste. Und die Einheimischen geben einem eine Chance, wenn man hier etwas Gutes macht", sagt er.
Was die Tagestouristen nach Bad Rappenau lockt
Im Bahnhofsgebäude ist nicht nur der "Bahnhof 13", sondern auch die Gäste-Information. Diese gibt es noch einmal im Foyer des Rappsodi. "Viele Tagestouristen kommen hier am Bahnhof mit der S-Bahn an", sagt Bianca Hoedt von der Gäste-Information. Bianca Hoedt, die unter vielem anderen die Messe "Garten und Genuss" im September als einen der Höhepunkte im üppigen Veranstaltungsjahr in Bad Rappenau sieht, betont, dass die Kurstadt auch im Winter ihre Reize habe.
Die Grünspange, die aus Zeiten der Landesgartenschau 2008 stammt, sei zu dieser Jahreszeit ebenfalls einen Spaziergang wert. "Bei uns ist alles überschaubar und fußläufig zu erreichen", betont sie. Apropos laufen: Die Wandertouren und Führungen seien ebenfalls das ganze Jahr über beliebt. Und natürlich jetzt in den kalten Monaten das Sole-Heilbad und die Wellness-Welt Rappsodi. Und nicht zuletzt der Bad Rappenauer Glühweinmarkt im Salinenpark, der am Freitag, 10. Januar, startet. Infos unter www.badrappenau-tourismus.de.