Der Bad Rappenauer Turnverein feiert seinen 125. Geburtstag
In den Anfangsjahren gab es keine Frauen im TV 1895. Dafür wurde lange Jahre auch Schach gespielt. Heute hat der Verein 27 Abteilungen - und viele weibliche Mitglieder.

Wenn Ludwig Jahn, besser bekannt als "Turnvater Jahn", noch leben würde, er wäre mit Sicherheit stolz auf den Turnverein Bad Rappenau. Den gibt es nämlich mittlerweile seit 125 Jahren. Am 1. Februar laden die Mitglieder zum großen Festakt in die Bad Rappenauer Mühltalhalle ein.
Frauen waren früher nicht dabei
Im 19. Jahrhundert war die Gründung eines Turnvereins keine Seltenheit. Der erste seiner Art war der heutige TSV 1814 Friedland in Mecklenburg, ursprünglich nur für Schulkinder gedacht. In Bad Rappenau gründeten 17 Geräteturner am 2. Februar 1895 den Verein.
Eine Frau sucht man unter den ersten Mitgliedern vergeblich. "Das war damals nicht üblich", erzählt Vorstandsmitglied Petra Kösegi. Erst 1924 wurde die erste Frauenabteilung ins Leben gerufen, 1955 übernahm dann eine Frau die Leitung einer eigenen Gruppe. "Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen", sagt Kay Schüssler.

Fast schon in Familienhand
Der Erste Vorsitzende war früher selbst Leichtathlet und kam 1972 erst als Weitspringer, später als Kurzstreckenläufer zum Verein. Seit knapp 15 Jahren leitet er den TV 1895. Sein Vorgänger Günter Rehbock ist der Vater von Petra Kösegi, deren Opa ebenfalls an der Spitze des Vereins stand. "Das ist praktisch eine Familiendynastie", sagt Schüssler lachend.
Deshalb sei es auch nicht schwer gewesen, alle Eckdaten der vergangenen 125 Jahre zusammenzutragen, bei Familie Rehbock Zuhause liegen zahlreiche Dokumente und Fotos. "Die richtig alten Sachen sind allerdings schwer zu lesen", sagt Petra Kösegi. Sie selbst begann ihre Sportlaufbahn in einer Vorschulgruppe und kam dann über das Kunstturnen zur Rhythmischen Sportgymnastik.
Aus dem reinen Geräteturnverein ist im Laufe der Jahre eine Gemeinschaft mit 27 Abteilungen und 1815 Mitgliedern geworden. 1920 konnten die Sportler Faustball spielen, ab 1950 gab es für knapp 20 Jahre eine Schwimmabteilung. Auch eine Schachgruppe war aktiv. Heute existiert zum Beispiel eine Badmintongruppe, eine Abteilung für Tischtennis oder die erfolgreiche Frisbee-Mannschaft.

Nicht nur ein gemeinsames Sporterlebnis
Auch, wenn Turnvereine oft totgesagt werden, ist sich Kay Schüssler sicher, dass sie überleben werden. "Die soziale Komponente ist wichtig, das kann einem Facebook nicht geben", betont der Vorsitzende. Gemeinsam sportlich aktiv sein und auch darüber hinaus Zeit miteinander verbringen - all das sei in der virtuellen Welt nicht möglich.
Außerdem könne fast jeder Mitglied werden, denn die Kosten seien überschaubar. Ein größeres Problem sei die mangelnde Bereitschaft, als ehrenamtlicher Helfer aktiv zu sein. "Solche Leute zu finden ist heutzutage eine echte Herausforderung", sagt Schüssler. Die 27 Abteilungen haben alle zertifizierte Übungsleiter. Die nächsten 125 Jahre können also kommen.