Besuch bei Klavier Kern in Flein: Sanfte und andere Töne
Ein Besuch bei Klavier Kern zeigt, worauf es beim Kauf von Tasteninstrumenten ankommt.

Ein Auto nach dem anderen quält sich durch die Heilbronner Straße. Feierabendverkehr in Flein. Motorengeräusche allenthalben. Schnell hinein also in das weiße Haus mit den Säulen in der Ortsmitte, das sanftere Töne verspricht. Wobei Herbert Kern, Inhaber des gleichnamigen Klaviergeschäfts, gleich mal klarmacht: "Ob ich kräftiger oder verhaltener spiele, ob Schlager oder Klassik - ein gutes Klavier macht das mit."
In einem Klavierladen geht es auch um die ganz alltäglichen Dinge. Jasmina Ivanovic hat gerade den Staubwedel in der Hand, donnerstags ist Putztag. Bei einem Klavier kommt es auch auf die Optik an, beispielsweise durch die Spiegelwirkung der schwarz polierten Gehäuse. "Wenn man daheim Parkett oder Fliesen hat, dann setzen sich die Fugen quasi im Instrument fort", sagt Herbert Kern. Der 62-Jährige ist einer, der sich gern Zeit nimmt, die Vorzüge von Flügel und Co. zu erläutern.
Bei Beratungen mit Kunden sind ein bis zwei Stunden schnell vergangen
Gerade verlässt ein Kunde die angeschlossene Werkstatt. "Manche sind technisch sehr stark interessiert", sagt Kern, der Klavierbaumeister ist. Konkret geht es um eine Frage über den Resonanzboden des Flügels, den der Kunde hier gekauft hatte. Beratung und Fachgespräche im Fachgeschäft: "Dafür nehmen wir uns gerne die Zeit. Ein bis zwei Stunden sind schnell vergangen. Der Kunde soll am Ende bekommen, was zu ihm passt."
Also stellt Kern Interessenten einige Fragen: Welcher Boden ist in dem Raum verlegt, in den das Instrument kommen soll? Wie viele Möbel stehen da? Der 62-Jährige versucht, sich die Raumakustik vorzustellen. Und für den Interessenten geht es natürlich auch ans Ausprobieren, rund 35 Ausstellungsstücke stehen bei Klavier Kern. "Ganz wichtig ist, dass der Kunde hört und sieht." Denn auch bei zwei baugleichen Klavieren "könne es Unterschiede in Nuancen geben", erklärt Kern. Es sei ja nicht "wie bei einer Waschmaschine". Klaviere bestehen aus natürlichen Produkten. "Nehmen Sie einen Fleiner und einen Zabergäuer Riesling - der Wein schmeckt verschieden wegen des Bodens." So sei es beim eingesetzten Holz auch, hinzu kommt als Naturprodukt der Wollfilz für die Hammerköpfe und die Klaviermechanik.
Kundschaft von Klavier Kern kommt nicht nur aus der näheren Umgebung
Apropos Flein: Wie kommt es, dass sich hier ein Klaviergeschäft hält? Zunächst begann alles in Horkheim, seit 1999 befindet sich Klavier Kern am jetzigen Standort. "Flein gehört - bei aller Vorsicht - emotional ein Stück weit zu Heilbronn. Es gibt keine Hemmschwelle von dort hierher zu fahren", sagt Kern. Die Kundschaft komme ohnehin nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus Eppingen, Mosbach oder Künzelsau. Es sind gezielte Besuche. "Früher habe ich gesagt, dass wir uns in Flein zwischen den beiden Kreisverkehren befinden. Heute hat ja eh jeder ein Navi."

Kern freut besonders, wenn jemand "nach zwei oder fünf Jahren kommt und erzählt, wie viel Spaß ihm das Musizieren macht". Oder wenn jemand in zweiter Generation komme, der als Kind hier bereits ein Klavier erworben hat.
Es geht auf den Ladenschluss um 18 Uhr zu. Doch so exakt nimmt man den nicht. "Wenn ein Kunde erst zehn Minuten vor sechs kommt, weil es nicht anders geht, dann nehme ich mir die Zeit." Auch jetzt hat Kern noch zu tun. Er wartet auf den Transporter mit einer Klavierlieferung. Ein anderes Instrument will er noch stimmen und anschließend verpacken. Für Herbert Kern ist das - wie der Fleiner Feierabendverkehr - ganz alltäglich.