Modellbau Fechtner in Widdern ist ein Paradies für Modellbauer
Hier hat schon mancher Trucker sein Arbeitsgerät in Miniaturform gekauft, um es daheim nachzubauen. Bei Modellbau Fechtner gehen Leute mit Fingerspitzengefühl und Liebe zum Detail ein und aus.

Es ist schon häufiger vorgekommen, dass Lkw-Fahrer die Raststätte Jagsttal ansteuern, obwohl sie mit ihrer Fracht ganz woanders hinmüssen. In ihrer Pause an der Raststätte marschieren sie in Widdern talwärts, in ein Wohngebiet am Hang. Ihr Ziel sieht von außen aus wie ein ganz normales Ein-Familien-Haus. Innen ist es ein Paradies fürs Kind im Manne. Hier, in der Lerchenstraße 17, hat schon so mancher Trucker sein Arbeitsgerät in Miniaturform gekauft, um es daheim nachzubauen.
Es ist der Sitz von Modellbau Fechtner. Einem Großen in einer kleinen Nische. Funktions-Modellbau nennt sich das Kern-Geschäft. Die Lkw und Baumaschinen, die es als Bausatz im Maßstab von 1:14 oder 1:16 zu kaufen gibt, können alles, was die Originale in Groß so können. Das ist wichtig - und macht es zu einem teuren Hobby. Ein Abschlepper für Lkw mit all seinen Funktionen plus Fernsteuerung kostet mitunter auch in Miniaturform vierstellige Summen.

Folglich ist das kein Hobby für Menschen mit zwei linken Händen, die aus lauter Daumen bestehen. "Wenn ich mit einer Ikea-Anleitung nicht zurechtkomme, sollte ich mir Beistand suchen - oder gleich ein ganz anders Hobby", sagt Frank Fechtner mit Verweis auf die komplex anmutende Aufbauanleitung und lacht. Der 63-Jährige schmeißt mit Sohn Julian den Familienbetrieb, ihren besten Kunden haben sie zum Mitgesellschafter gemacht. Modellbau ist ein Männer-Ding. 96 Prozent der Kunden sind männlich und gehören zur Ü30-Fraktion.
Die in Asien produzierten, lizenzierten Bausätze bestehen aus Kleinstteilen, bis zu 2500 gilt es an die richtige Stelle zu packen. "Husten ist da verboten", sagt Frank Fechtner. Knifflig wird es ganz am Schluss bei der Lackierung. "Da kann man am meisten falsch machen", sagt der Senior-Chef. Zu Fechtners Kunden gehören Bauunternehmer, die ihren Fuhrpark in Miniatur präsentieren wollen. Oder der Zahnarzt, der einen Riesenradlader im Maßstab 1:8 aus Messingplatten zusammenbaut.
In der Pandemie haben viele ein neues Hobby gesucht
Fechtners Online-Geschäft ist während der Pandemie ordentlich gewachsen. Die Minimierung sozialer Kontakte, das Leben in den eigenen vier Wänden hat für mehr Kunden gesorgt. "Da haben sich viele ein neues Hobby gesucht", sagt Julian Fechtner. Ein Hobby mit Material aus Widdern. 11.000 Artikel gehören zum Sortiment. "Alle sind vor Ort auf Lager", sagt der Junior-Chef. Denn die Bausätze können um kleinteiliges Zubehör erweitert werden, für ein Diorama, für ganze Modellbauwelten.
20000 Pakete pro Jahr gehen in die ganze Welt

Um die Mittagszeit herrscht Betriebsamkeit. Lany Mistele arbeitet die Online-Bestellungen ab, die über Nacht hereingekommen sind und kommissioniert die Ware. "Mir macht das Spaß", sagt die gelernte Krankenschwester von den Philippinen, die nur ein paar Häuser weiter in Widdern wohnt. Ein Raum weiter verpackt Michalina Kozmic die Waren in Kartons. Rund 50 Pakete sind es am Tag, rund 20 000 im Jahr. "2022 in 60 verschiedene Länder", sagt Julian Fechtner, der in seiner Freizeit als Fußballschiedsrichter auf den Amateur-Plätzen der Region unterwegs ist.
Im Keller ist zudem eine Mitarbeiterin in der Grafik- und Folienabteilung damit beschäftigt, Kundenwünsche, zum Beispiel in Sachen Kennzeichen, detailgetreu umzusetzen. Der vor zwei Jahren errichtete Anbau kommt fast schon wieder an seine Kapazitätsgrenze. Lacke, kleine Reifen, Folien, Kunststoffe, Bleche und vieles mehr braucht viel Platz.
Im Keller hat Julian Fechntner auch ein kleines Fotostudio eingerichtet. Um Produkte online zu verkaufen, müssen sie auch richtig in Szene gesetzt sein. Gedruckte Kataloge wie in den Anfangszeiten vor über 25 Jahren gibt es nicht mehr. Um kurz vor 12 Uhr klingelt wie jeden Tag der Postmann. Fast den kompletten Inhalt des Fahrzeugs nimmt Julian Fechtner entgegen. "Das ist hier jeden Tag so", sagt er.

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