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Jagst- und Seckachtal
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In Louis Vuitton steckt ein Stück aus Möckmühl

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Die Firma Texon produziert Lederersatzpapier. Was in Möckmühl hergestellt wird, geht an Firmen wie Ikea, Doc Martens, Calvin Klein und an die französische Edelmarke Louis Vuitton. Fashion, Made in Möckmühl.

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Andreas Bengner ist General Manager bei Texon. Zuvor war es in Südafrika. Texon hat in gereizt.
Andreas Bengner ist General Manager bei Texon. Zuvor war es in Südafrika. Texon hat in gereizt.  Foto: Jürgen Kümmerle

Kurz vor Mitternacht zwischen Möckmühl und Roigheim hat das Gelände der Firma Texon das Zeug für eine Filmkulisse. Ein altes unbewohntes Fabrikgebäude aus dem Jahr 1873. Dahinter ein kleines Wehr, für das ein bisschen was von der Seckach abgezapft wird. Daneben das um Längen größere neuere Firmengebäude. Aus Abzugsrohren an den Gebäudemauern dringt Wasserdampf. Der Nebel zieht an den Laternen vorbei in den Nachthimmel. Überhaupt das Seckachtal, kurz vor dem Ende des Landkreises Heilbronn. Hier verirrt sich niemand hin. Wer hierherkommt, möchte auch hierher.

Andreas Bengner zum Beispiel. Er kommt von weit her. Südafrika. Dort arbeitete er viele Jahre für große Konzerne. Dann kam die Stelle in Möckmühl. Klang interessant, kann man sich ja mal anschauen, erklärt der 52-Jährige. Jetzt ist er General Manager und empfängt gemeinsam mit Produktionsleiter Michael Hofmann und Personalsachbearbeiterin Sude-Tugce Karttas (28).

Braune Zettelchen am Hosenbund

1873, also vor 150 Jahren, entstand die Papierfabrik Möckmühl, erklärt Bengner. Früher wurde Papier hergestellt. Heute sind es Produkte, mit dem jeder zu tun hat. Texon produziert Einlegesohlen und diese braunen Etiketten, die an den Jeans hinten auf Gürtelhöhe aufgenäht sind. Es handelt sich um Lederersatzpapier. Was in Möckmühl hergestellt wird, geht an Firmen wie Ikea, Doc Martens, Calvin Klein und an die französische Edelmarke Louis Vuitton. Fashion, Made in Möckmühl.

Eine Halle, geschätzte zehn Meter hoch. In der Ecke stapeln sich bis unters Dach in Ballen gepresste, verkrumpelte Reste von Papiertaschentüchern, Küchenrollen und Toilettenpapier. Es riecht leicht nach Rosen-, Vanille, Nelken. Oder nach dem, was sich zum Parfümieren von Taschentüchern eben so eignet. Alles vermischt.

Produktionsleiter Michael Hofmann steht vor einer der beiden Papiermaschinen.
Produktionsleiter Michael Hofmann steht vor einer der beiden Papiermaschinen.  Foto: Jürgen Kümmerle

"Um Papier herzustellen, wird zuerst eine Fasersuspension benötigt", sagt Produktionsleiter Hofmann. Die Fasersuspension bestehe hauptsächlich aus Zellulose und Altpapier. Ein Staplerfahrer schnappt sich also die Ballen mit seinem Stapler und legt sie auf ein Transportband. Von dort fallen die Rohstoffe in einen von zwei Pulper. "Einen Pulper kann man sich in Aussehen und Funktion wie einen übergroßen Mixer vorstellen", sagt der 39-Jährige.

Masse wird mit Latex vermischt

Der Pulper wird mit Wasser, Altpapier und Zellstoffballen gefüllt. Der entstandene Brei wird von Fremdstoffen gereinigt und in Papiermaschinen gepumpt. Dann wird die Masse abgesaugt, gepresst und mit Latex vermischt. "Durch die Zugabe von Latex können unterschiedliche Eigenschaften wie Zugfestigkeit, Reißfestigkeit und Abriebfestigkeit erreicht werden", sagt Hofmann.

Das immer noch leicht feuchte Material wandert in die Trockengruppe. Sie besteht aus mehreren rotierenden Zylindern, die durch eingespeisten Wasserdampf auf bis zu 170 Grad erhitzt werden. Daher also der Dampf. Die Trockengruppe dominiert die Produktion. Eine 50 Jahre alte Maschine. Viel Mechanik. Viel zum Schrauben. Darum kümmert sich die Instandhaltungsabteilung. "Ich sag’ immer, es ist eins der letzten Museen, das noch produziert", sagt Bengner. Er lächelt. Nach intensiver Qualitätskontrolle schneidet eine Maschine die Ware nach Kundenwunsch zurecht. Sie wird in Lkw verladen und tritt ihre meist lange Reise an.

Papiertechnologe - Ein seltener Beruf

Die vergangenen Jahre seien für Texon nicht einfach gewesen, erklärt Bengner. Die Produktion ist energieintensiv. 35 Millionen Kilowatt Strom benötigt Texon pro Jahr. Dazu noch Corona. Der Gewinn sei zurückgegangen, die Personalsituation sei angespannt gewesen. Überhaupt der Nachwuchs. Texon sucht Azubis für die Lagerwirtschaft, die Elektroabteilung und in der Schlosserei. Und man hat die Gelegenheit, Papiertechnologe zu werden. Gerade der Beruf sei vielen unbekannt. "Wir haben die vergangenen zwei Jahre versucht, Azubis zu finden. Kein Erfolg", sagt Karttas. Produktionsleiter Hofmann mag seinen Job. "Für die Papierindustrie muss man gemacht sein. In acht Stunden ist immer etwas anderes zu tun." Ein abwechslungsreicher Beruf.

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