Stimme+
Öhringen
Lesezeichen setzen Merken

Nachtschicht im Krankenhaus: Hier liegen Glück und Leid nah beieinander

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Was passiert eigentlich während der Nachtschicht auf der Wochenstation im Krankenhaus Öhringen? Die Heilbronner Stimme begleitet nachts um vier Uhr die Kinderkrankenschwestern Irina Reiß und Lilli Bernhard sowie Hebamme Annika Steinmetz während ihrem Dienst.

   | 
Lesezeit  2 Min
Lilli Bernhard (links) und Irina Reiß haben Nachtschicht. Ihr Dienst ist ruhig.
Lilli Bernhard (links) und Irina Reiß haben Nachtschicht. Ihr Dienst ist ruhig.  Foto: Arweiler, Sarah

Kein Weinen, kein Wimmern: Es ist ruhig in dieser Nacht auf der Wochenstation im Öhringer Krankenhaus. Das ist auch gut so, immerhin erholen sich Mütter und ihre Babys von den Strapazen der Geburt. Tagsüber sieht es dort anders aus: Glückliche Eltern, nervöse Geschwisterkinder und freudestrahlende Großeltern spazieren mit den Neugeborenen behutsam über die Flure.

Irina Reiß, die auf der Station nur mit Schwester Irina angesprochen wird, füllt Protokolle aus. Direkt neben ihr: Ein Säugling, der friedlich in seinem Bettchen schlummert. Der kleine Junge ist erst wenige Stunden alt. "Normalerweise sind die Kinder auch nachts bei ihren Müttern. Doch manche Frauen müssen neue Energie tanken, dann nehmen wir die Babys über Nacht zu uns", erklärt sie.

Kinderbetten herrichten und bei den schlafenden Kindern Hörtests machen sind weitere Aufgaben für den Nachtdienst, wenn keine Geburt ansteht. Oder man hilft auf der Station nebenan aus.

Vier Geburten in einer Nacht – manchmal geht's turbulent zu im Krankenhaus Öhringen

Hebamme Annika Steinmetz hat den Kreißsaal für die nächste Geburt vorbereitet, die jederzeit anstehen kann.
Hebamme Annika Steinmetz hat den Kreißsaal für die nächste Geburt vorbereitet, die jederzeit anstehen kann.  Foto: Arweiler, Sarah

Im Kreißsaal hat Hebamme Annika Steinmetz Dienst. Die letzte Geburt war am Abend zuvor gegen 22 Uhr, danach waren Mutter und Kind noch zwei Stunden zur Beobachtung in ihrer Obhut. "Wenn es ruhig ist, lege ich mich auch mal hin. Doch das kann sich innerhalb von Minuten ändern." Vier Geburten in einer Nacht war ihre bisher anstrengendste Nacht. "Nichts ist planbar und genau das schätze ich an meinem Beruf." Neben Schwester Irina regt sich der Kleine in seinem Bettchen und gibt Laute von sich und schon wiegt sie ihn sanft im Arm - das Kind schlummert selig weiter.

Was ist für sie das Besondere an ihrem Beruf? "Genau das hier", sagt die Kinderkrankenschwester und schaut dabei auf das Baby in ihren Armen. "Neugeborene Kinder geben immer wieder neues Glück. Ich will nichts anderes machen."

Im Krankenhaus Öhringen liegen Glück und Trauer ganz eng beieinander

Kinderkrankenschwester Irina Reiß hält auf der Wochenstation im Krankenhaus Öhringen ein Neugeborenes im Arm. Der kleine Junge ist erst wenige Stunden alt. Für sie gibt es keinen schöneren Beruf.
Kinderkrankenschwester Irina Reiß hält auf der Wochenstation im Krankenhaus Öhringen ein Neugeborenes im Arm. Der kleine Junge ist erst wenige Stunden alt. Für sie gibt es keinen schöneren Beruf.  Foto: Arweiler, Sarah

Wohl an keinem anderen Ort liegen Glück und Trauer so eng beieinander wie auf den Entbindungsstationen in Krankenhäusern. Das haben Schwester Irina und ihre Kollegin Lilli Bernhard in der Nacht zuvor erlebt: Eine Schwangere hat ihr Kind tot zur Welt gebracht. Schwester Lilli: "Das ist sehr tragisch und tut auch uns weh, auch noch nach 40 Jahren im Beruf." Ungefähr ein Mal pro Jahr komme das im Öhringer Krankenhaus vor. Den Frauen stehen dann Seelsorgerinnen zur Seite.

Ob Baden, Windeln wechseln oder Stillen: Die noch unerfahrenen Eltern in der Pflege ihres neu geborenen Kindes beraten und unterstützen steht im Vordergrund der Kinderkrankenschwestern. Doch es braucht auch ein sensibles Gespür für die frische Mutter-Kind-Beziehung. Unendliche Freude über ihr Neugeborenes stellt sich nicht automatisch bei allen Frauen nach der Geburt ein. Dabei sei anfängliches Fremdeln in den ersten Tagen nichts Ungewöhnliches, immerhin müssten sich beide erst kennenlernen. Das funktioniere nicht immer auf Knopfdruck.

Krankenschwestern beobachten Beziehung zwischen Mutter und Kind

"Wir merken aber schon früh, wenn etwas in der Beziehung zwischen Mutter und Kind untypisch ist", sagt Kinderkrankenschwester Irina Reiß. "Diese Info geben wir an unser Team weiter, denn wir müssen das beobachten." In solch einem Fall können beide auch noch ein bis zwei Tage länger auf der Station bleiben, um sich von den erfahrenen Schwestern umsorgen zu lassen.

Überglückliche Eltern, die freudestrahlend ihr Kind im Arm halten - so schön diese Vorstellung auch ist, entspricht sie nicht immer dem Alltag auf den Wochenstationen. Neugeborene, die gleich nach der Geburt zur Adoption freigegeben werden, gehören ebenso dazu wie Mütter, die ihre Babys nicht behalten dürfen. In diesen Fällen sind Mitarbeiter des Jugendamtes unmittelbar nach der Geburt vor Ort, um alles Weitere in die Wege zu leiten. "Das ist dann auch für uns schlimm", erzählt Schwester Irina.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben