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Freizügige Geheimnisse
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Taxigeschichten aus dem Leintal – das erlebt ein Fahrer in der Nacht

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Duško Vuleta fährt seit 15 Jahren für Leintal Taxi – vorwiegend nachts und an Wochenenden. Bei seinen Fahrten erlebt er tolle, manchmal kuriose und selten unschöne Momente.

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Im La Boom in Leingarten verlassen die Gäste nach und nach die Diskothek. Drei Großraumtaxen von Leintal Taxi haben sich vor dem Lokal im Gewerbegebiet postiert. Einer der Fahrer ist Duško Vuleta. Der 53-Jährige hat in dieser Nacht bereits 15 Fahrten zurückgelegt, an Feierabend ist noch nicht zu denken. Vuleta ist nicht nur Fahrer, sondern auch gleichzeitig Disponent. Weil die Taxizentrale in dieser Nacht nicht besetzt ist, nimmt er Anrufe von Kunden entgegen, weist seinen Kollegen Fahrten zu und hat Reservierungen im Blick. Ein Job, der Organisationstalent erfordert, das sich der langjährige Mitarbeiter angeeignet hat. Seit fast 15 Jahren arbeitet der gebürtige Serbe bei Leintal Taxi – am liebsten an Wochenenden und nachts. 

In der Nacht auf Sonntag sind bis zu sieben Fahrer unterwegs. Vuleta zieht ein Tablet vom Armaturenbrett. „Hier kann ich sehen, wo sich die anderen Kollegen befinden und ob sie frei sind.“ Erst wenige Minuten zuvor endete die Fahrt seines Kollegen nach Bietigheim-Bissingen bereits in Brackenheim. „Der Fahrer musste Personen aus dem Taxi werfen, weil er bedroht worden war.“ Dem Unternehmen entgehen Einnahmen in Höhe von rund 100 Euro. Vuleta bedauert: „Wenn mir der Fahrer Bescheid gegeben hätte, hätte ich die Polizei gerufen.“ Er zeigt aber auch Verständnis für seinen Kollegen, der in dieser Situation eine weitere Eskalation vermeiden wollte. 

Taxifahrer: Hemmschwelle bei jungen Fahrgästen gesunken

Drohungen, Pöbeleien und Gewalt seien keine Seltenheit und hätten in den vergangenen Jahren zugenommen, berichtet Vuleta. „Die Hemmschwelle ist gesunken“, auch weil viele Jugendliche unter Drogeneinfluss stehen. Er selbst sei schon zwei mal Opfer von Gewaltausbrüchen geworden. Bei einem Notfall könne der Fahrer einen stillen Alarm auslösen. Das habe zur Folge, dass das Taxischild blinke und dadurch andere Verkehrsteilnehmer oder die Polizei auf seine Notlage aufmerksam werden. „Wir haben aber den Vorteil, dass wir bei rund 80 Prozent der Fahrten mit Stammkunden zu tun haben.“ 

Duško Vuleta ist bei Leintal Taxi am Wochenende als Fahrer und Disponent tätig.
Duško Vuleta ist bei Leintal Taxi am Wochenende als Fahrer und Disponent tätig.  Foto: Petersen, Chris

Vuleta kann aber auch von schönen und so manchen kuriosen Erlebnissen berichten. In Erinnerung geblieben ist ihm der Transport eines Fahrgastes von Heilbronn nach Heidelberg – im Auftrag einer Klinik. Auf den Fahrgast wartete die Transplantation einer Spenderniere. Der Taxifahrer raste, um möglichst schnell ans Ziel zu kommen. Erst im Nachhinein habe er erfahren, dass er vier Stunden Zeit gehabt hätte. „Ich dachte, es geht um jede Minute. Zum Glück bin ich nicht geblitzt worden.“ Der Patient – zufälligerweise ein Landsmann – habe die OP gut überstanden und dank der Hilfe sein Leben verlängern können.

Vuleta könnte noch unzählige Geschichten erzählen: über aufdringliche Fahrgäste, Fremdgänger, Lokalpolitiker oder betrunkene Geschäftsleute, die freizügig Geheimnisse ausplaudern. Dabei wahre er stets Diskretion. Während der Pandemie hatte er die Idee, seine Erlebnisse niederzuschreiben und eines Tages in einem Buch zu veröffentlichen. Zur Umsetzung sei er aber noch nicht gekommen.

Taxi-Fahrtpreise: Für Stammkunden macht Vuleta eine Ausnahme

Dann klingelt erneut das Handy. Vuleta nimmt ab: „Servus mein Freund!“ Ein Stammkunde ordert eine Fahrt für fünf Personen nach Schwaigern. Es folgt eine kurze Verhandlung über den Fahrtpreis. Das Taxometer bleibt aus, man einigt sich auf eine Pauschale von 60 Euro. Eine Ausnahme, die er nur für Stammkunden oder bei langen Fahrten mache, betont Vuleta. Ohne seine vorherige Prüfung und Zustimmung dürfen die Kollegen nicht ohne weiteres Festpreise vereinbaren. Zu groß sei die Gefahr, dass unterschiedliche oder nicht angemessene Kosten entstehen. 

Zu den Kunden gehören in dieser Nacht vor allem Diskotheken- und Kneipenbesucher aus dem Raum Heilbronn, aber auch Gäste von Familien- und Hochzeitsfeiern. Allein von der Heuchelberger Warte in Leingarten gab es ab Mitternacht mehrere Fahrten, berichtet Vuleta. Die Arbeit in der Nacht mache ihm viel Spaß. Zum einen seien die Straßen frei, zum anderen die Kunden beim Trinkgeld großzügiger. Vuleta erinnert sich an Wochenenden, an denen die Kundschaft besonders spendabel war und er rund 200 Euro dazu verdiente. Allerdings kann das Geld auch schnell weg sein: wenn man geblitzt wird. Die Fahrer müssen die Bußgelder aus eigener Tasche zahlen. 

Reisegruppe aus Kraichtal lässt sich nach Massenbachhausen fahren

Dann klingelt schon wieder das Handy. Ein Kollege kündigt die Beförderung von drei Personen an. Im Anschluss wirft Vuleta einen Blick auf Reservierungen. Darunter die Abholung einer Reisegruppe, die sich von Kraichtal (Landkreis Karlsruhe) nach Massenbachhausen fahren lässt, um von dort aus eine Busreise an den Gardasee anzutreten. Ein Fahrer ist bereits auf dem Weg nach Grünstadt (Rheinland-Pfalz), um dort eine weitere Personengruppe abzuholen – im Auftrag des Busunternehmens. Vuleta schaut auf dem Tablet, wo sich der Kollege in Echtzeit befindet. Denn Pünktlichkeit ist alles.

Leintal Taxi Das Unternehmen hat seinen Sitz im Leingartener Gewerbegebiet und existiert seit 1986. Leintal Taxi beschäftigt aktuell 79 Mitarbeiter. Die Flotte umfasst 30 Taxis und Mietwagen, drei Busse und vier Sondertransporter (Sprinter) samt Anhängern. Neben gewöhnlichen Taxifahrten bietet die Firma auch Flughafentransfers, Krankenkassenfahrten, Gruppen-, Ausflugs- und Shuttlefahrten an. Zudem befördert Leintal Taxi Fahrgäste im Linienersatzverkehr und steuert ab den Abendstunden Bushaltestellen in mehreren Leintalkommunen an. 

Der nächste Anruf lässt nicht lange auf sich warten. Vuleta beordert einen Kollegen zurück nach Leingarten. Bevor er das Gespräch beendet, erkundigt er sich noch über den Füllstand der Tankanzeige. „Unterhalb von Halbvoll darf das Fahrzeug nicht abgestellt werden“, damit die Tagschicht zum Dienstantritt nicht zuerst die Tankstelle ansteuern muss. 

Während in der Diskothek langsam die Lichter ausgehen, steigen die letzten Gäste in das Großraumtaxi seines Kollegen. Dann startet Vuleta den Motor seines Taxis und fährt zur wenige Meter entfernten Zentrale, wo er die Nachtschicht bei einer Tasse Kaffee mit zwei Kollegen ausklingen lässt. Denn es gibt sicherlich wieder einiges zu berichten.

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