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Frühmorgens in Lauffen: Der Fisch muss ins Frische

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Die Nacht ist bei Familie Seybold in Lauffen oft schon sehr früh morgens vorbei. Wenn der Kühltransport mit frischen Seefischen ankommt, muss alles sehr flott gehen.

von Alexander Rädle
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Seefisch auf Eis. Rund 60 Arten bekommt Jürgen Seybold frisch in Boxen geliefert.
Seefisch auf Eis. Rund 60 Arten bekommt Jürgen Seybold frisch in Boxen geliefert.  Foto: Veigel, Andreas

Trotz stockdunkler Nacht und eisiger Temperaturen ist der Berufsfischer, Fischhändler und Gastronom Jürgen Seybold schon auf den Beinen. Das Tor zur Fisch-Lagerhalle steht offen. Gerade hat der Lieferant dort weiße Kühlboxen aufgestapelt. Seybold will die Ware anschauen. Qualitätskontrolle. Obwohl sich Seybold sicher ist, dass alles passt. "Wir haben Lieferanten, auf die wir uns zu 100 Prozent verlassen können."

Flexibilität nötig

Wann die Ware von der Nordseeküste eintrifft, erfährt Jürgen Seybold meist erst am Tag zuvor. "Der Lkw kommt zu unterschiedlichen Zeiten, mal um 4 Uhr, mal um 6 Uhr oder noch später", sagt er. Das hänge davon ab, wie lange die Fahrt dauert. Familie Seybold muss also schon ganz frühmorgens ganz flexibel sein. Wichtig ist in erster Linie, dass die Kühlkette eingehalten wird, der Fisch also ins Frische kommt.

Die Seybolds und ihre Fische - das ist schon fast eine symbiotische Verbindung. Senior Jürgen, seine Frau Petra und Sohn Patrick arbeiten gemeinsam in Fischhandel, Restaurant und Gästehaus. Um den an einer Seite offenen Hof am "Hoher Steg 20" gruppieren sich U-förmig das Fisch-Restaurant, die Fisch-Lagerhalle, der Frühstücksraum und das Gästehaus. Während der Woche sind es vor allem Geschäftsreisende, die bei den Seybolds übernachten, am Wochenende oft auch Radfahrer, wie Jürgen Seybold erzählt. Frühstück für die Gäste herrichten, die frische Fischlieferung kontrollieren, den Verkaufswagen bestücken, so lautet das Morgenprogramm zwischen 4 und 7 Uhr.

Fisch auch aus dem Neckar

Patrick Seybold kontrolliert die frisch eingetroffene Seefisch-Lieferung.
Patrick Seybold kontrolliert die frisch eingetroffene Seefisch-Lieferung.  Foto: Veigel, Andreas

Seybolds Ware muss nicht zwangsläufig von der See kommen, er könnte auch aus der eigenen Fischerei stammen, die er am Neckar betreibt. 220 Hektar bewirtschafte er, von der Enz bis zur Heilbronner Theresienwiese hinunter. 42 Fischarten lebten in dem Gewässer, "sehr viel Waller". Im Sommer habe er wenig gefischt, jetzt aber wieder mehr. Warum? "Der Fisch muss schnell verbraucht werden", betont Seybold. Überhaupt gilt: "Wir fangen keine Fische, die wir nicht verwerten." Das bedeutet für Seybold, nur entsprechend des Bedarfs zu fischen, aber zum Beispiel auch, keine gefangenen Fische in den Fluss oder Weiher zurückzuwerfen.

Regional gefangener Fisch macht indes trotzdem nur einen Bruchteil bei ihm aus. "Das Hauptgeschäft sind Seefische, 60erlei Arten." Und der kommt eben aus Bremerhaven oder Cuxhaven, Dänemark oder Holland. Es gibt sogar Ware, die fliegt: Thunfisch etwa. Den nimmt der Lieferlastwagen gleich in Frankfurt mit, wo die Flieger aus Übersee nachts landen. Am Ende ihrer langen Reise liegen die Fische mit viel Eis in gut isolierten, weißen Boxen auf Euro-Paletten in Seybolds Halle.

Daneben steht der weiße Verkaufswagen, mit dem Seybold die Wochenmärkte der Region bereist. "Wir beladen jetzt das Fahrzeug", ruft Jürgen Seybold. Alle packen an, seine Frau Petra, sein Sohn Patrick und Mitarbeiterin Tatjana Fortmeier. Jürgen Seybold hebt den Deckel einer Box hoch, schiebt ihn zur Seite, schaufelt mit den Händen das Eis darunter weg und zieht einen kompletten Fisch heraus. Eine Gelbflossenmakrele. Der Kenner weiß: "Daraus machen die Japaner Sushi."

Am liebsten grätenlos

Filet für die Kundschaft in Heilbronn: Petra Seybold bestückt den Verkaufswagen.
Fotos: Andreas Veigel
Filet für die Kundschaft in Heilbronn: Petra Seybold bestückt den Verkaufswagen. Fotos: Andreas Veigel  Foto: Veigel, Andreas

Petra Seybold bestückt die Auslage. Sie verteilt erst Eis, darauf legt sie die Ware. Auf die linke Seite kommt der rosa-orange leuchtende Biolachs aus Irland. Jeder Handgriff sitzt. "Ich brauch jetzt Forellen." Die werden ihr eilig von Patrick Seybold gereicht. Auch Rotbarsch werden Kunden später in Heilbronn kaufen können, wo der Wagen an diesem Tag Station macht. Was fragen denn die Leute heutzutage nach? Seefisch, am liebsten Filet. "Gräten sind katastrophal für die Leute", schmunzelt Jürgen Seybold. Rückenfilets seien deshalb gefragt. Bei denen sind grätengefährdete Teile bereits weggeschnitten. Was aber zu mehr "Abfall" führt, also übrig gebliebenen Fischbestandteilen, die sich nicht mehr direkt verkaufen lassen. Weggeworfen wird dennoch nichts: "Wir verarbeiten Fisch zu 100 Prozent", betont Patrick Seybold. So ließen sich die Reste gut als Fond für Fischsuppen verwenden.

In der Zwischenzeit reiht Petra Seybold kleine Stücke geräucherten Heilbutts auf. "Frisch geräuchert. Da könnt ich mich reinlegen", lacht sie. Fisch, so scheint es, ist für die Seybolds Berufung. Jürgen Seybold bestätigt das: "Mein Job ist mein Hobby. Das war schon immer so."


Zur Person

Jürgen Seybold (69) aus Lauffen am Neckar ist Berufsfischer. Er absolvierte eine Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann, aber mit dem Ziel, den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Seit 1550 betreiben die Seybolds die Fischerei.

 
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