In der Hotellerie läuft kein Tag wie geplant
Donata Lell hält im Landgasthof ihrer Familie dennoch alle Fäden in der Hand.

Wenn man an einem verschneiten Wintermorgen nach Künzelsau-Belsenberg fährt, um im Landgasthof Lell die Mitarbeiterin im Bereich Zimmerservice bei ihrer Arbeit zu begleiten. Und die Chefin einen an der Tür mit dem Satz begrüßt: "Der Zimmerservice ist leider krankgeschrieben." Das ist dann: ganz normaler Alltag.
Ein Alltag, der Donata Lell nicht so leicht aus der Routine bringt. Die 43-Jährige, die den Landgasthof im nördlichsten Künzelsauer Stadtteil gemeinsam mit ihrer Familie und einem kleinen Team führt, bleibt gelassen. Und wer schaut nun nach den Gästezimmern? "Na ich", sagt Donata Lell und lacht. "Kommen sie einfach mit."
Gästezimmer haben Planetennamen
Schnell wird klar: Donata Lell ist der Dreh- und Angelpunkt im Unternehmen. Mit ruhiger Freundlichkeit führt sie die Besucherin vom Haupthaus in das angrenzende Gästehaus, das 2020 renoviert wurde und ein modernes aber gemütliches Ambiente besitzt. Viel Holzoptik und frisches Grün heben an diesem trüben Wintertag die Laune. Ebenso wie der Blick auf die kleinen Schilder an den Türen. Statt Nummern steht darauf:: "Jupiter", "Saturn", "Erde". "Unsere Zimmer haben wir nach Planeten benannt. Im Haupthaus sind es Bäume und Vogelnamen", erzählt Lell. Sie öffnet die Tür zu einem der Zimmer und beginnt mit ihrer Arbeit, die sonst - wenn niemand erkrankt ist - eine der vier in Teilzeit angestellten Mitarbeiterinnen erledigt. Die Betten frisch beziehen, saugen, den Boden feucht wischen, das Badezimmer reinigen und dort Duschgel und Körperlotion auffüllen, kurzum: das kleine Beauty-Set für Gäste bestücken. Rund 20 bis 30 Minuten sind für jedes der insgesamt 32 Zimmer vorgesehen. Dass diese Zeitspanne exakt eingehalten wird, hat im Familienbetrieb aber nicht oberste Priorität. "Wichtig ist mir, dass alles sauber ist", bringt es Donata Lell auf den Punkt.
Familienbetrieb mit kleinem Team

Auch in den anderen Bereichen setzt sie die Maßstäbe. Ihr Vater Kurt Lell hat eine Frage und ruft ihren Namen vom Treppenaufgang ein Stockwerk tiefer. Seine Tochter hat die Antwort schnell parat. "Mein Vater ist sozusagen der Hausmeister oder auch Mädchen für alles bei uns", erklärt Donata Lell, "und meine Mutter Inge kümmert sich unter anderem um das Frühstück für die Gäste und ist meist schon morgens um 6 Uhr im Betrieb." Die Mutter war es auch, die 1997 erstmals ein Gästehaus eröffnet hat. 2001 folgte der Hotelbau der Familie. "Und ich bin dann irgendwie so reingerutscht", sagt Lell, die in Belsenberg aufgewachsen ist. Die gelernte Hotelfachfrau hat vor ihrer Selbstständigkeit zehn Jahre lang in Schwäbisch Hall-Hessental gearbeitet. "Die Arbeit in der Hotellerie und Gastronomie hat mir schon immer gefallen." Und was genau mag sie daran? Die Antwort folgt in Sekundenschnelle: "Kein Tag läuft wie geplant."
Für Ausgleich zum unvorhersehbaren Alltag sorgt die Tatsache, dass im Team von Donata Lell überdurchschnittlich große Konstanz herrscht. "Einige sind bereits zehn Jahre oder länger bei uns angestellt", erzählt Lell. Auch wenn man natürlich wie viele andere Betriebe immer auf der Suche nach Mitarbeitern sei.
Mit dem E-Bike auf den Berg

Auch bei den Gästen kann Donata Lell einige Stammgäste zählen. Sie kommen aus ganz Deutschland, teilweise auch aus dem Ausland. Viele sind beruflich auf Reisen, handwerklich tätig oder arbeiten für die in Künzelsau ansässigen Unternehmen. Je nach Saison kämen aber auch Wanderer, Radfahrer und Kulturinteressierte. "Seit es E-Bikes gibt, haben wir mehr Radfahrer unter den Gästen", sagt Donata Lell und schmunzelt. "Der Name Belsenberg hat sie wohl früher etwas abgeschreckt. Wir Belsenberger sind das ja schon von Kindesbeinen an gewöhnt, dass es erst einmal steil bergauf geht, bis man ankommt."
Wirklich abschreckend scheint die erhöhte Lage aber dann doch nicht zu sein. Das Telefon klingt. Außerdem müssen die Schul-Mittagessen für die St. Josefspflege fertig werden. Die Küche des Landgasthofs Lell kümmert sich um die Tagesessen für die in Künzelsau betreuten Kinder. Alle organisatorischen Abläufe und die Rezeption zählen zu den Hauptbereichen von Donata Lell. Ihr Arbeitstag ist lang und reicht oft bis spät in die Nacht. "Wirklich ruhig ist es hier selten", sagt sie. "Außer vielleicht an den Weihnachtsfeiertagen. Die verbringen die Gäste dann doch lieber zu Hause statt im Hotelzimmer."