Ittlinger Kuhhalter sind auch mal Nachts im Einsatz
Ittlinger Bauernfamilie muss sich beim Kalben auch mal auf einen Nachteinsatz einstellen. Das sind die Gründe:

Im Bauernhof der Familie Schechter in Ittlingen tobt das Leben. Vor allem tagsüber gibt es hier jede Menge zu tun. Aber auch nachts ist Leben in der Bude. Manchmal kommt weit nach Mitternacht ein Kälbchen auf die Welt. Dann heißt es oft: anpacken!
Schechters betreiben Tierhaltung mit eigener Nachzucht. Das heißt: Auf dem Hof kommen die Jungtiere zur Welt, die später selbst zu Kühen werden sollen. Und eine Kuh ist das weibliche Rind erst dann, wenn es mindestens einmal gekalbt hat. Der Milchviehhof ist ein Familienbetrieb in dritter Generation.
Nachtschicht im Ittlinger Bauernhof: Warum beim Kalben manchmal Hilfe nötig ist
In diesen Tagen stellen sich die Familienmitglieder wieder auf Nachtschichten ein. Der Grund: Juli und August kommen besonders häufig Kälbchen auf die Welt. Weil nicht jede Geburt reibungslos verläuft, müssen Simon Schechter und sein Schwager Philipp Schechter auch nachts auf der Hut sein. Wenn das Kälbchen nicht, wie in der besten Variante, mit den Vorderbeinen und Kopf voraus im Geburtskanal liegt, muss nachgeholfen werden. „Manchmal liegt auch nur ein Bein verkehrt, erläutert Simon Schechter. Bei Rückwärtslage könne es vorkommen, dass das Kalb während der Geburt Fruchtwasser einsaugt. Eine weitere Komplikation könne drohendes Ersticken des Kälbchens sein, wenn die Eihaut über der Nase liegt.
Was die Hightech-Lösung leistet
Damit die Milchviehwirte nicht die ganze Nacht über in Habachtstellung verbringen müssen, bedient sich der Betrieb einer Hightech-Lösung: Der Pansen-Bolus. Das ist eine etwa zehn Zentimeter lange Kapsel, die das Rind wie eine Tablette verschluckt. Die Sonde sendet von da an Daten, etwa die Körpertemperatur, die Rückschlüsse auf das Wohlergehen der Kuh liefern. So erkennen die Landwirte beispielweise, wann das Tier brünftig ist und zur Besamung bereitsteht.
„Milchkühe müssen einmal im Jahr kalben, damit die Milchproduktion aktiv bleibt“, erklärt Philipp Schechter, der im Betrieb schwerpunktmäßig für die Milchproduktion zuständig ist, während sich sein Schwager schwerpunktmäßig um den Ackerbau kümmert.
Wann der Tierarzt herbeigerufen wird
Die Arbeit mit Nutztieren ist intensiv und erfordert viel Erfahrung und noch mehr Verantwortung. Deshalb kann es sein, dass die Familie zu nächtlicher Stunde auch mal einen Tierarzt herbeirufen muss. Etwa, wenn ein Kaiserschnitt nötig ist, was selten vorkommt, oder wenn eine Kuh oder ein Kalb erlöst werden muss, was noch seltener vorkommt. Eine Nottötung kann zum Beispiel auch schon bei einem Beinbruch nötig werden.
Allgemein sind die Rinder der Familie Schechter allerdings kerngesund. Neugierig beäugen sie den nächtlichen Besucher. In dem Freilaufstall befindet sich eine rotierende Bürste, an der die Tiere Schlange stehen. Dank Außenluftanreizen leben die 90 Kühe mit ebenso vielen Jungtieren in Haltungsstufe drei.
Welche Tiere sonst noch nächtliche Einsätze erfordern
Es gibt noch weitere Lebewesen, die, wenn es hart auf hart kommt, auch mal einen Nachteinsatz der Familie verursachen: Geflügel. Es lebt in zwei Hühnermobilen, für die Philipp Schechters Frau Judith verantwortlich ist. „Kann sein, dass man nachts raus muss, um Hühner einzufangen, die nicht rechtzeitig in die per Zeituhr schließende Auslaufklappe zurückkommen“, so Simon Schechter. Ohne den Schutz des Mobils drohen den Hühnern nachts Gefahren, unter anderem durch Füchse und Greifvögel. Vor allem Jungtiere seien gefährdet.
Bei den Kühen haben sich die Geburten in den vergangenen Jahren auf die Monate Juli und August konzentriert. Grund seien die immer wärmer werdenden Sommer, erläutert Philipp Schechter. Was viele nicht wissen: Kühe schwitzen nicht. Sie reduzieren bei Hitze ihre Reproduktionstätigkeit. Da eine Schwangerschaft ähnlich wie beim Menschen neun Monate dauert, sind die Kühe in der kühleren Jahreszeit, von Oktober bis Dezember, besonders paarungsbereit.
Wie viel Milch eine Kuh pro Jahr schenkt
Etwa vier Kälber bringt ein modernes Milchvieh auf die Welt, danach wird es der Fleischerzeugung zugeführt. Die Kühe auf dem Forlenhof erhalten zum übergroßen Teil Futter aus eigener Produktion. Dazu zählen Maissilage aus eigenem Anbau sowie Grassilage, das aus den Mahden des hofeigenen Grünlandes stammt. „Die Kinderstube“: Die Jahresleistung einer Kuh der Rasse Schwarzbunt, Holsteiner Friesen, liegt bei 11000 Kilogramm Milch. Das Neugeborene bleibt nach dem Abkalben bei der Mutter, bis diese ihr Baby trockengeleckt hat. Die erste Nahrung des Jungtiers ist die Biestmilch. Dabei handelt es sich um die erste Milch der Mutter, die besonders reich an Nährstoffen und Antikörpern ist.