Frühmorgens geht es um die Wurst
Metzgerei Schäfer produziert Fleischwaren nicht nur für zwölf Filialen, sondern auch für Gastronomie und Handel

Wer wissen will, wie ein Schwein zum Schnitzel wird, muss früh aufstehen. Spätestens halb fünf beginnt in der Metzgerei Schäfer in Forchtenberg der Tag. In einem Arbeitsraum wird das Tier zerlegt, im anderen zu Wurst verarbeitet. Ein Zerleger öffnet die Tür zum Kühlraum. Schweinehälften hängen dort an Haken. Über Schienen an der Decke zieht er sie zum großen Arbeitstisch aus Stahl. Die Tiere wurden vor zwei Tagen geschlachtet, denn diese aufwändige Arbeit findet nicht täglich statt. Nun wird Fleisch, Haut und Knochen getrennt.
Das Beste am Schwein ist das Filet - aber auch jedes andere Körperteil findet Verwendung
Das Zerlegen beginnt mit einem langen Schnitt, der dem Schwein das Rückgrat heraustrennt. Ein Berg an Fleisch landet auf dem Tisch, an dem weitere Kollegen warten. Weiße Schürzen kennzeichnen ihren Berufsstand - sowie Kettenhandschuh und Kettenhemd. Dann übernimmt Paul Budaca das Ausbeinen: Der junge Mann trennt die Knochen vom Fleisch. Der geübte Handgriff dauert nur Sekunden. So landet das rote Rohmaterial bei Martin Laubinger, der das Tier gewissenhaft in Einzelteile portioniert: Ober-, Unterschale und Hüfte ebenso wie Bauch, Rücken, Hals und weitere Teile. Aus jeder Kategorie entstehen bestimmte Produkte, jedes Körperteil landet in einer eigenen roten Kiste. "Das beste Stück ist das Filet", erklärt Laubinger. "Das ist das zarteste, davon hat jedes Schwein nur zwei kleine Stücke." 600 Gramm von einem 100 Kilo schweren Tier.

Doch auch der Rest ist nicht zu verachten: Aus der Oberschale werden Schnitzel. "Die schneiden wir ladenfertig zu", erklärt der Metzgermeister. Auch für das, was Wurst wird, ist Trennung in grobes und feines, fettes und mageres Material für Brät wichtig: "Da gibt es genaue Leitsätze", weiß er: "So oder so viel Magerfleisch kommt etwa in Schinkenwurst. Das muss man so machen, damit die Qualität immer gleichbleibt." Um die Schwarte vom Speck zu trennen, gibt es eine eigene Maschine, eine Art Walze. Fast das komplette Tier findet eine Verwendung. Was wird aus dem knochigen Rücken? Der Zerleger lacht: "Da wird das allerbeste draus: Kotelett!"
Aus dem Fleisch wird Brei - doch wie wird daraus Wurst?
Um die Wurst geht es im Nebenraum. Routiniert bedient Alex Schlipf große Maschinen: "Im Handwerk geht es schon zur Sache, aber es hat auch mit Technik zu tun." Ein Korb befördert Fleisch in einen Metallschrank, wo der Fleischwolf sitzt. Zerkleinert kommt es nach Sekunden heraus, in Konsistenz einer rosa Paste: das Brät. Schlipf patscht es eigenhändig in den Kutter. In diesem großen Mixer wird der Brei noch feiner zerhackt und es werden Gewürze beigemischt, die Schlipf aufs Gramm genau abwiegt.

Für viele Wurstsorten gibt es fertige Würzmischungen, doch auf die alleine verlässt er sich nicht: "Dann schmeckt ja alles gleich. Jeder Metzger will seine eigene Handschrift." Also kommen neben Salz und Pfeffer auch Muskat und Kardamom hinein. Heute stehen Bratwürste und Saiten auf dem Plan. Schlipfs Mischung dafür bleibt sein Geheimnis: "Wer mein Rezeptbuch sehen will, muss mir den Kopf aufschneiden", scherzt er.
Wie wird der Fleischbrei zu Wurst? Rainer Sommer bedient den Vakuumfüller: Diese Maschine ist eine Pumpe mit Trichter drauf. Oben kommt die Wurstpaste rein, seitlich schießt sie durch ein Rohr gepresst heraus. Dort spannt Sommer meterlange Schweinedärme darüber, und es flutscht: Wurstmasse schießt in die Hüllen und formt in wenigen Minuten 200 dicke Rote: eine Endlosschlange Würstchen. Die trennt Sommer ab zu Pärchen. Danach kommen längere, dünnere Bratwürste, noch mal 200 Stück, die Maschine zählt mit: Die werden in Schneckenform gerollt, Geselle Omar Jammy ringelt mit. Etliche tausend Würste gehen am Tag durch ihre Finger. Trotz reger Betriebsamkeit geht es noch ruhig zu: Oft kommen kurzfristig Aufträge.

Manche Würste landen im Räucherschrank, im Kochkessel oder trocknen nur - und kommen nach Verpacken, Etikettieren und Kommissionieren in den Versand oder direkt in den Laden, den nur eine Stahltür von den Produktionshallen trennt: "Direkt vom Zerlegetisch in die Filiale: Frischer geht es nicht", sagt Felix Schäfer, Neffe vom Chef.
Die Familienmetzgerei im Porträt
"Industrie ist das hier nicht. Das ist noch eine echte Handwerksmetzgerei", findet Metzgermeister Martin Laubinger. Trotzdem liegt das Gewicht der Schweine und Rinder, die die Zerleger täglich verarbeiten, in Summe im vierstelligen Kilo-Bereich. Daraus wird Wurst und Fleisch in etwa der halben Menge. Die Tiere kommen von Bauern in der Region. Neben dem Laden vor Ort betreibt Schäfer elf Filialen in den Kreisen Hohenlohe und Hall, verpackt Wurst für Supermärkte in der Umgebung und beliefert Gastronomen. Der gelernte Landwirt Harald Schäfer hat die 2008 von ihm übernommene Familienmetzgerei zu einem Betrieb mit 150 Angestellten aufgebaut.