Mit Taschenlampe und strammem Schritt durchs nächtliche Wohngebiet
Zu nächtlicher Stunde durch das Wohngebiet: Unterwegs mit Zeitungszustellerin Eva Hempel durch Kupferzell.

Wer sich ein paar Minuten mit Eva Hempel unterhält, kann kaum glauben, dass die kommunikative und quirlige 59-Jährige bei ihrer Arbeit stets alleine ist - und es genießt. Seit fast 20 Jahren sorgt die Criesbacherin als Zustellerin der Hohenloher Zeitung dafür, dass jene pünktlich zur ersten Tasse Kaffee bei den Lesern im Briefkasten liegt.
Für Frühaufsteher
Und das bedeutet vor allem eines: in aller Früh aufzustehen. "Ich gehe meistens so gegen 19 Uhr ins Bett", berichtet Hempel von ihrer Routine. Wenn der Wecker um kurz vor Mitternacht klingelt, geht es unter die Dusche, dann ab ins Auto - zum Bezirk in ihrem derzeitigen Wohnort in Criesbach. Danach folgt Abschnitt sechs: in Kupferzell.
Um Punkt 3 Uhr, als Hempel vor der Garage steht, zu der die Zeitungen druckfrisch angeliefert werden, hört man nur Papierrascheln. Das Autos und später die Taschenlampe sind die einzigen Lichtquellen um diese Zeit. Akribisch, damit niemand vergessen wird, zählt sie die Exemplare, packt sie in die Tasche und sortiert danach auch die Post. Fertig! Zumindest damit.
Ausstattung
"Ich habe zwei Standorte, da stelle ich mein Auto ab und laufe die Zustell-Strecke", erklärt Hempel. 32 Haushalte sind in jenem Kupferzeller Areal täglich mit der Hohenloher Zeitung zu versorgen, inklusive der Briefe. Die Taschenlampe, Ersatzbatterien und gute Schuhe: Das ist die Ausstattung, welche sie für ihren Gang durch die Nacht braucht. "Ich mag die frische Luft, ein bisschen Fitness am Morgen. Und auch wenn es mir keiner glaubt: Ich bin bei der Arbeit am liebsten alleine", ergänzt Eva Hempel, die bald zum siebten Mal Oma wird.
Tagsüber geht es bei ihr nämlich oft ganz schön rund: Fünf Kinder hat sie groß gezogen, zwei Söhne wohnen noch im Elternhaus, sechs Enkel halten sie auf Trab. Besonders früher, als die Kinder klein waren, "war es ein idealer Job", berichtet sie. Während Ehemann und Kinder schliefen, war sie arbeiten. Mit strammem Schritt marschiert sie von Haus zu Haus, kennt jeden Schleichweg und alle Abkürzungen. Bewegungsmelder gehen nur selten an, in zwei Häusern brennt Licht um kurz vor 3.30 Uhr.
"Hier im Wohngebiet leben viele ältere Leute," weiß die Zustellerin. Die Namen kennt sie alle, Gesichter manche. "Es gab mal einen Mann, der immer morgens auf die Zeitung gewartet hat", erinnert sie sich. Gespräche führt Hempel aber keine um diese Uhrzeit. Kontakt zu den Lesern gibt"s in der Weihnachtszeit, in der sie "unglaublich viel Wertschätzung" erfährt. "Viele schreiben mir, andere rufen an und erzählen mir zum Teil ganz private Familiengeschichten, weil ich einfach schon so lange in dem Bezirk austrage", sagt sie gerührt.
Mit Verlässlichkeit punkten
Was die meisten betonten, sei ihre Verlässlichkeit. Fast jeder erwähnt, dass die Zeitung immer pünktlich im Briefkasten liegt. Doch Hempel erledigt sogar mehr: "Es kommt öfters vor, dass ein Schlüssel von außen in der Haustür steckt. Den werfe ich in den Briefkasten oder ziehe die Tür zu, falls sie offen steht." Zwölf Grad Celsius hat es in dieser Nacht. Hempel trägt eine dünne Jacke. "Meistens ist mir ohnehin warm." Deswegen sind auch Frühjahr und Herbst ihre liebsten Jahreszeiten. "Im Sommer läuft man viel zu oft durch Spinnweben."
Das nervt - und manchmal auch das Wetter. "Ansonsten mache ich das einfach gerne." Früher hatte sie oft mit Glatteis zu kämpfen - in den vergangenen Jahren kaum mehr.
Nächtliche Besucher
Was jedoch häufiger geworden ist, seien Kontrollen durch die Polizei auf ihrer Fahrt nach Kupferzell - manchmal sogar mehrfach in einer Nacht. "Sonst ist um diese Zeit ja kaum einer unterwegs", erklärt sie sich das. Angst - so ganz alleine im dunklen Wohngebiet - hat sie keine. Allerdings: "Ich schaue mir, seit ich angefangen habe, als Zustellerin zu arbeiten, keine Horrorfilme mehr an." Gruselige Szenen hat sie indes noch nicht erlebt. Außer "mal eine Begegnung mit einem Fuchs oder einem Marder". Auch heute ist es ruhig. Die gelben Säcke rascheln im Wind - und fix ist die Tasche leer.
Nun geht es nach Hause: Erst einmal noch eine Mütze Schlaf bis um 8 Uhr - bevor sie sich dann selbst als Leserin der Zeitung widmet. Dann hat Eva Hempel fast den ganzen Tag noch für sich. Außer am Samstag: Da geht sie seit Kurzem noch einmal die Wochenzeitung austragen - mit Unterstützung ihres Sohnes.