Stimme+
Haßmersheim
Lesezeichen setzen Merken

Burg Guttenberg: Bücher der besonderen Art

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Die Bücherei auf Burg Guttenberg ist eine Rarität: Nicht nur nach der gleichnamigen Bibel lohnt es sich zu fragen, auch die Holz-Bibliothek ist einen Abstecher im Burgmuseum wert. 

   | 
Lesezeit  2 Min
Die Baumbücherei auf Burg Guttenberg ist schon über 200 Jahre alt.
Die Baumbücherei auf Burg Guttenberg ist schon über 200 Jahre alt.  Foto: Wittmer, Frank

Die Baumbücherei auf Burg Guttenberg ist eine Rarität: Mit 93 "Bänden" ist sie eine der umfassendsten ihrer Art, und auch der Erhaltungszustand ist nach über 200 Jahren noch erstaunlich gut. "Die Art der Konservierung ist bis heute ein Geheimnis geblieben", sagt Bernolph Freiherr von Gemmingen-Guttenberg. Mittlerweile in der 17. Generation bewohnt die Familie die staufische "Burg der Güte", wie sich der Name ableitet. 

"Wir haben die Burg 1449 nicht erobert, sondern ganz profan bar bezahlt", erzählt der Schlossherr, als wäre es erst vor einigen Wochen gewesen. Überhaupt ist der Freiherr ein guter Erzähler, bei der "Schlacht um Bad Wimpfen", die im Diorama mit 36.000 Soldaten das Jahr 1622 nachstellt, weiß er viele Details. Das war nicht immer so: Als 14-Jähriger hat Bernolph von Gemmingen mit Führungen im Museum angefangen. "Am Anfang musste ich noch viel lernen", gibt der 61-Jährige freimütig zu.

Im Museum auf Burg Guttenberg ist viel zu sehen und zu erfahren

Mit Fug und Recht dürfte man den Freiherr als wandelnde Enzyklopädie bezeichnen, so wie seine Xylothek Auskunft gibt über den heimischen Wald - allerdings den vor 220 Jahren. "Man hat sich damals sehr für die Natur interessiert und wollte die hiesige Flora darstellen." Arten wie den "Pimpernussstrauch" gebe es heute in den Wäldern nicht mehr, und auch der "Fremde Mehldorn" ist ein Hinweis darauf, dass sich die Artenzusammensetzung wandelt. 

Dafür sind heute gepflanzte Arten wie Atlaszedern, Roteichen und Douglasien in der Baumbücherei nicht vertreten. Von Gemmingen muss es wissen, schließlich ist er selbst Waldbesitzer und beheizt seine Burg mit Holz aus dem eigenen Wald. Hausmeister Stanislaw Mucha befeuert den riesigen Ofen mit meterlangen Holzstücken. 

Im Innern der Bücher sind Blätter, Samen und Früchte.
Im Innern der Bücher sind Blätter, Samen und Früchte.  Foto: Wittmer, Frank

Trotzdem ist es kalt im Museum. Die konstante Temperatur hilft bei der Erhaltung der Raritäten, die zusätzlich in einer silikonverfugten Vitrine geschützt sind. Die Bücher sind mit Holz aus der jeweiligen Baumart gefertigt, die Rinde bildet den Buchrücken. Auf Moos sind im Innern die Früchte und Blätter gebettet. Auch den Sämling sowie ein Quer- und Längsschnitt durch die Äste ist enthalten. Eine Besonderheit sind die zu einem Kranz geflochtenen Kapillar-Wurzeln, die beim Steinholder recht dick ausfallen. 

Ein Würfel aus dem jeweiligen Holz ist mal größer, mal kleiner. "Daran kann man erkennen, wie dicht das Holz ist." Sprich: Beim leichteren Nadelholz fällt der Würfel größer aus, bei der Eiche oder der besonders harten Hainbuche ist der Quader sehr klein. 

Holzbücherei: Besonders wertvoll sind die handschriftlichen Notizen des Erschaffers

In einem wie eine Schublade eingearbeiteten Kästchen sind die Samen enthalten. Besonders wertvoll sind die handschriftlichen Notizen des Erschaffers, Forstprofessor Carl von Hinterlang. Faszinierend findet Gemmingen die Beschreibungen wie zum Beispiel, dass die beim ersten Neumond im Neuen Jahr geschlagene Eiche besonders gutes Bauholz abgebe. Die Burg Guttenberg kann "heute mit einer der vollständigsten noch erhaltenen Xylotheken des Carl von Hinterlang aufwarten", urteilt Bettina Vaupel in der Zeitschrift "Monumente".

Weitere Schätze lagern ein Stockwerk tiefer, diesmal sind es aber wirkliche Bücher. Weil die Frage nach der Guttenberg-Bibel oft gestellt wurde, habe schon sein Vater ein Faksimile nach der Burgos-Bibel angeschafft. Historisch weit bedeutsamer sind aber eine handschriftliche Übersetzung der Bibel ins Deutsche, die der Hauslehrer auf der Burg Johannes Zelt im Jahr 1434, "also 100 Jahre vor Luther" angefertigt hat. Aus einer anderen Übersetzung von 1487 wird jedes Jahr in der Hauskapelle die Weihnachtsgeschichte nach Lukas vorgelesen. "In dem alten Mittelhochdeutsch hat das etwas sehr Spezielles." 

Die Saison auf Burg Guttenberg geht Anfang April wieder los. Über 30000 Besucher sind es alleine im Museum. Auch in der kalten Jahreszeit führt der Burgherr Bernolph Freiherr von Gemmingen-Guttenberg gerne Gruppen durch die Räume, in der Kuriositäten wie das "Einhorn", das in Wirklichkeit der Zahn eines Narwales ist, zu sehen sind. "Man lernt immer etwas dazu", freut sich von Gemmingen über die Besuche ambitionierter Heimatforscher. 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben