Probe der GCV-Schlosssänger: Latrinen-Geschäfte bei jeder Prunksitzung

ekadent geht es zu. Und auch deftig. Das ist aber absehbar, wenn die alten Römer in die Gundelsheimer Deutschmeisterhalle einziehen. In ihr Lager, das die aus den Asterix-Comics bekannten Aquarium, Babaorum, Laudanum und Kleinbonum in der närrischen Zeit zu einer einzigen Hochburg vereint.  Dann machen Cäsar und seine Tribune Geschäfte auf der „Latrina“, bezeichnen das entsprechend als „Prunksitzung“ und flatulieren ihr Empfinden dabei sangesfreudig heraus. Wortwitzig und alles andere als obszön, dafür angelehnt an Rocco Granatas Hit „Marina“. Willkommen bei den Schlosssängern des Gundelsheimer Carneval Vereins (GCV) und ihrer ersten Vorort-Probe für die anstehenden Prunksitzungen am selben Ort.

Das Kampagnen-Thema des GCV ist diesmal so kompliziert und lang, dass sich selbst Präsident Hans-Peter Bechtold als Oberhaupt von 1180 Mitgliedern und rund 25 Gruppen erst einmal absichern muss. „Buona Sera beim GCV, auf der Via Italia – Helau!“ lautet es und stellt den letzten Slogan „Spiel, Spaß & Narretei“ bezüglich der Merkfähigkeit deutlich in den Schatten. Aber in der Vorsaison waren ja auch die Schlosssänger nicht mit von der Partie – und wären es wohl auch diesmal nicht. Doch eins ihrer leitenden Mitglieder scheint in Anbetracht dieser Kampagne und der eigenen Rom-Themenwahl den Galliern klammheimlich Miraculix’ Zaubertrank entwendet zu haben.

Schlosssänger des Gundelsheimer Carneval Vereins suchen händeringend Komponisten

Die Rede ist von Rolf Raible, Jahrgang 1953 und seit Urzeiten sowohl im GCV als auch bei den Schlosssängern aktiv. Er findet kurzfristig und plötzlich für ein großes Problem eine Interimslösung: sich selbst. Sein Leitungskollege Wolfgang Riedle, der über 40 Jahre Sitzungspräsident war und nun die Geschäftsstelle führt, erklärt: „Wir suchen schon länger händeringend einen Dirigenten, aber selbst für Geld will es niemand machen.“ Dieser Umstand bedingt letztlich die einjährige Auszeit. Und das drohende Ende der Schlosssänger. Wenn Raible nicht „Wir kriegen’s hin!“ gesagt hätte. Mittels Technik.

Für die anstehenden sieben Prunksitzungen, zu denen die Schlosssänger ihren jeweils 18-minütigen Beitrag leisten, greift Rolf Raible auf einen Trick zurück. Er hat den Gesang seines 20-köpfigen Männerchors aufgenommen und lässt ihn während des eigenen Live-Auftritts Playback abspielen. Zur stimmlichen Orientierung, aber auch aus Effizienz. Denn dem jungen und junggebliebenen Ensemble voller Spaßvögel („Unser Durchschnittsalter ist 50, aber schreib’ 48 – das klingt frischer!“) stehen bei den Auftritten nur acht Mikrofone zu Verfügung.

Schlosssänger des Gundelsheimer Carneval Vereins: Proben-Start im September

Regina Raible betrachtet derweil die erste Probe der Schlosssänger in Kostümen mit Argusaugen. Kein Wunder, war sie es doch, die die Tuniken, Uniformen und Göttergewänder in mühevoller Handarbeit für ihren Mann und seine Kollegen genäht hat. 90 Stunden habe sie dafür gebraucht. Oder? Raible zögert und korrigiert: „Ich habe noch eine andere Gruppe und weiß nicht mehr, welchen zeitlichen Anteil welche hatte – aber insgesamt waren es 150 Arbeitsstunden.“ Zeit, die sich gelohnt hat, allein schon für den wunderbar-komischen Anblick von Rainer Kühn als Amor mit Liebespfeil.

Bereits im September haben die Schlosssänger mit den Proben für ihre Auftritte begonnen. Wolfgang Riedle erzählt: „Jeder darf sich dabei einbringen, auch wenn Rolf Raible den größten Anteil hat.“ An einer Show, die von Stimmungs- und Schunkelliedern getragen wird, „aber durchaus mehr Choreographie hat als sonst“. Bis der erste Prunksitzungsauftritt am 25. Januar erfolgt, ist allerdings Flexibilität erforderlich. Denn durch den noch laufenden Aufbau verändert sich der den Schlosssängern auf der Bühne zur Verfügung stehende Platz von Probe zu Probe.

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