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Unterwegs mit der Nachtschicht im Pflegeheim Haus am Lindenplatz

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Pflegekräfte stellen sicher, dass Menschen auch abends und nachts betreut und versorgt sind. Doch was genau passiert um 4 Uhr in einem Pflegeheim? Omar Kourouch gibt in Neudenau Einblicke in die (herausfordernden) Aufgaben einer Nachtschicht.

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„Es geht hier um Menschen“: Pfleger Omar Kourouch arbeitet seit 2018 in Neudenau.
„Es geht hier um Menschen“: Pfleger Omar Kourouch arbeitet seit 2018 in Neudenau.  Foto: Ranjo Doering

An diese Stille muss man sich gewöhnen. Sowohl im Ortskern von Neudenau, wo um kurz vor vier Uhr kein Auto auf der Straße fährt, als auch auf den Gängen im Haus am Lindenplatz. Im Pflegeheim in der Siglinger Straße sitzt Omar Kourouch im Raum für Pflegekräfte und überarbeitet das Übergabeprotokoll für den Frühdienst. Um 20.30 Uhr hat der 35-Jährige seine Schicht begonnen, die noch bis 6.30 Uhr dauert. Kourouch ist in dieser Nacht für 38 Bewohner auf zwei Etagen zuständig. „Das ist eine Verantwortung“, sagt die ausgebildete Pflegekraft, die seit 2018 in Neudenau arbeitet. Da ist kein Platz für Müdigkeit. „Es geht hier um Menschen.“

Zu tun ist in der Nachtschicht immer etwas, sagt Kourouch, Neben dem notwendigen Papierkram müssen Medikamente gerichtet werden, es gibt Kontroll-Rundgänge um 22 Uhr, um 0 Uhr und um 4 Uhr, bei denen ein kurzer prüfender Blick in jedes Zimmer geworfen wird. Und dann gibt es noch das Telefon, das Kourouch am Gürtel trägt, und das theoretisch in jeder Sekunde losgehen kann, wenn ein Bewohner Hilfe benötigt.

Zuhören gehört für einen Pfleger zum Berufsbild

„Normalerweise ist es zwischen 3 und 5 Uhr ruhig, aber wenn drei Bewohner gleichzeitig klingeln, wird es schon stressig“, sagt Kourouch, der in seiner Schicht eine Stunde Pause hat, „aber man ist immer in Bereitschaft“. Auch wenn man sich gerade zum Essen hingesetzt hat – der gebürtige Marokkaner zieht in der Nacht leichte Kost wie Obst oder Müsli vor. „Für mich war die Pflege lange ein Beruf, den ich eher Frauen zugeschrieben habe“, sagt Kourouch. Doch dieses Bild hat sich während seiner Ausbildung geändert. „Ich liebe diesen Job“, sagt er und wünscht sich doch mehr Wertschätzung. „Während Corona wurde für Pflegekräfte geklatscht, es gab finanzielle Versprechungen. Umgesetzt wurde aber wenig.“

Kourouch hat ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Bewohnern, das zeigt sich, wenn man ihn auf dem Rundgang begleitet. Zu jedem im Haus kann er etwas erzählen. „Es gibt Menschen, die mehr kommunizieren, sich gerne unterhalten. Andere eher nicht.“ Zuhören gehört für einen Pfleger zum Berufsbild. „Jeder ist unterschiedlich“, sagt Kourouch. „Manche Bewohner sind nachts ruhig, manche haben Schlafprobleme und kommen aus ihren Zimmern.“ Unterschiedliche Bedürfnisse, die auch davon abhängen, ob ein Bewohner selbstständig agieren kann, ob er oder sie bettlägerig ist, an Demenz erkrankt oder palliativ betreut wird. „Manchmal ist der Job emotional herausfordernd“, sagt der Pfleger, der aber, wie er betont, ganz gut seine Arbeit und das Privatleben trennen kann.

Routinierte Handgriffe und kurze Gespräche

Um 4.30 Uhr sind einige Bewohner noch oder schon wieder wach, mit einigen ist Zeit für ein kurzes Gespräch. Routiniert sind die Handgriffe des Pflegers, ob er sich in sekundenschnelle Handschuhe anzieht, die Hände desinfiziert – „Hygiene ist hier das A und O“ – , eine Urinflasche in die Spülmaschine stellt oder eine Bewohnerin auf die Toilette begleitet. Generell hat man viel Körperkontakt zu anderen Menschen. „Wenn man damit ein Problem hat, ist man in der Pflege falsch“, sagt Kourouch, der mit seiner Frau in Untereisesheim lebt.

Ob er Angst vor dem Älterwerden hat? „Eigentlich nicht“, sagt Omar Kourouch und man merkt, dass er das auch wirklich so meint. Da ertönt schon wieder der Pieper am Gürtel. „Entschuldigung, aber ich muss los“, sagt er. 

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