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In der Werkstatt von Zweirad Botenheim machen Monteure die Fahrräder wieder fit

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Von Ritzeln, Wurstwasser und Cockpitspray: Bei schönem Wetter herrscht Hochbetrieb in der Fahrradwerkstatt. Insbesondere der E-Bike-Boom hat das Geschäft verändert. Was das bedeutet und warum Wurstwasser in den Mantel kommt.

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Ohne PC geht in einer modernen Fahrradwerkstatt nicht mehr viel.
Ohne PC geht in einer modernen Fahrradwerkstatt nicht mehr viel.  Foto: Berger, Mario

Die Diagnose ist eindeutig: „Da, das sind Risse in der Felge", sagt Peter Schmid und deutet auf feine Linien auf dem schwarzen Metall. „Und hier, der Freilauf an der Nabe macht Geräusche. Der ist verschlissen." Höchste Zeit also für einen Boxenstopp in der Werkstatt von Zweirad Botenheim.

„Wir schaffen zehn bis 20 Reparaturen am Tag", erzählt Schmid. Bei den frühlingshaften Temperaturen, die auch den letzten Radler ins Grüne ziehen, ist der Bedarf groß: „Wetter gut – Werkstatt voll", bringt es der Inhaber auf den Punkt. Eine Terminvergabe etwa für eine Inspektion gibt es nicht – schließlich lasse sich der tatsächliche Aufwand oder der Bedarf an Ersatzteilen im Vorfeld kaum konkret abschätzen. Angenommen werden nur Räder aus eigenem Verkauf – mehr geben die Kapazitäten nicht her.

E-Bikes werden viel bewegt – das sorgt für mehr Verschleiß

Für alle gilt: Vom Trail direkt in die Werkstatt zu fahren, ist ein No-Go. Erst muss das Rad gesäubert werden. Bei der Dialogannahme wird dann gemeinsam geschaut: Sind Sattel und Lenker fest montiert? Wie sehen Reifen und Felgen aus? Sind die Bremsen noch in Ordnung, die Kette und die Zahnkränze? Vor allem der E-Bike-Boom habe das Werkstatt-Geschäft ordentlich angekurbelt: "E-Bikes werden so viel bewegt - da gibt es auch mehr Verschleiß."

Um den kümmert sich das Werkstatt-Team. An diesem Mittwochmorgen sind sie zu viert, arbeiten konzentriert und ruhig. Im Hintergrund erklingt Popmusik. Julian Schwarz ist eigentlich in erster Linie für den Verkauf zuständig – vom Kinderrädle bis zur Rennmaschine, vom City-E-Bike bis zum vollgefederten Mountainbike, dem Fully . Doch der junge Mann hat seine Leidenschaft fürs Schrauben entdeckt: "Wenn es dich interessiert, dann saugst du das auf."

Exaktes Feintuning: Arnold Rogoz hat verschiedene Komponenten des Gravel Bikes ausgewechselt und stellt jetzt die Gangschaltung neu ein.
Exaktes Feintuning: Arnold Rogoz hat verschiedene Komponenten des Gravel Bikes ausgewechselt und stellt jetzt die Gangschaltung neu ein.  Foto: Berger, Mario

Ein Schaltzug ist Ruck-zuck ausgewechselt

Ein mattgrünes Fully hat er im Montageständer fixiert. „Da ist der Schaltzug gerissen", erklärt er. „Das ist eine Kleinigkeit." Sagt's und zwickt am Schaltwerk den alten Draht ab, der von hier durchs Rohr zum Schalthebel führt, und zieht ihn raus. „Der Hersteller hat mitgedacht", freut er sich über die Kunststoffummantelung, durch die Ruck-zuck ein neuer Draht geschoben wird, dann abgezwickt und mit Endkappe versehen. Nur noch die Feinabstimmung, fertig. Ganz zufrieden ist Schwarz aber nicht: „Hier sind verschiedene Komponenten verschlissen", sagt er und zeigt auf Kette und Ritzelpaket am Hinterrad. „Ich stelle es so gut ein wie es geht."

Mit Quereinsteigern wie Julian Schwarz hat Peter Schmid sehr gute Erfahrungen gemacht. Neben vier Mitarbeitern im Verkauf beschäftigt er sechs weitere in der Werkstatt, praktisch alle sind in die Arbeit hineingewachsen. Auch Arnold Rogoz. Der 37-Jährige kam vor vier Jahren zu Zweirad Botenheim, inzwischen arbeiten auch seine Frau Bianca und sein Bruder Cristian bei Peter Schmid. Rogoz nimmt sich ein schwarzes Gravel Bike vor, bei dem Kette und Kassette erneuert werden müssen. Er demontiert das Laufrad, schraubt das Ritzelpaket vom Freilauf ab und wirft es in die Recycling-Tonne. Mit einem Baumwolllappen und Cockpitspray - das, so sein Tipp, hat nicht zu viel und nicht zu wenig Fett – säubert Rogoz die Führungsrolle, bevor die neuen Komponenten montiert werden.

Zwei Meter weiter knetet und walzt Cristian Rogoz einen Stollenmantel für ein Mountainbike, bis er in die Felge passt. Dort hat er zuvor das Ventil hineingepfriemelt, eine vergleichsweise filigrane Angelegenheit. Der Reifen benötigt keinen Schlauch – stattdessen wird er mit Wurstwasser gefüllt. „Warum der Hersteller das so nennt, weiß ich nicht", sagt Peter Schmid und schmunzelt. Drückt sich irgendwann mal ein Dorn durchs Gummi, soll das flüssige Dichtmittel die Öffnung verschließen und an dieser Stelle fest werden.

Ohne Computer läuft auch in der Fahrradwerkstatt nichts mehr

Neben Pannenrädern und Verschleiß passiert auch ein nigelnagelneues Mountainbike mit Elektromotor den Werkstattbereich. „Ich mache es für den Verkauf fertig" , erzähl Mato Eblen, der nach einem Praktikum vor neun Monaten in den Betrieb eingetreten ist. Eblen gibt die Daten in den PC ein, drei davon stehen in der Werkstatt. „Ohne Computer geht es nicht mehr", sagt Chef Peter Schmid. „Das E-Bike hat unsere Arbeit total verändert."

Und so bekommt das schwarze Fully zunächst einmal ein Software-Update, dann wird der Akku herausgenommen, das Rad gewogen – 21,9 Kilo hängen am Drahtseil. Eblen druckt das Preisschild mit allen relevanten Informationen aus, fertig: Wer einen mittleren vierstelligen Betrag aufbringen möchte, darf mit dem rassigen Fully nach Hause reiten – und zur Inspektion gerne wiederkommen.

 
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