Zur Geisterstunde im Rittersaal der Burg Lichtenberg in Oberstenfeld
Von rauschenden Festen und einer toten Frau: Das historische Gemäuer dient heute als Partylocation und Filmkulisse. Wir haben die Burg um Mitternacht besucht.

Himmel, ist es noch weit? Stockfinster ist die Nacht, Nebel wallt über das schmale Sträßlein. Endlich recken sich wuchtige Mauern in die Finsternis: Mit der Fackel in der Hand empfängt Burgherr Christoph Wichmann die späten Gäste zur Geisterstunde auf Burg Lichtenberg.
Im Rittersaal lodern die Flammen im Kamin, historische Waffen schmücken die Wände. Streng blicken die Ahnen der Barone von Weiler aus ihren Bilderrahmen auf die Besucher herab. Ab und an klappert die Eingangstür - das macht der Wind. "Hier gibt es Geräusche. Eine ganz eigene Atmosphäre, die kann man wahrnehmen", raunt der Burgherr. Spukt es? Wichmann blickt undurchdringlich. Der letzte Baron, verstorben im Jahr 2022, habe immer gesagt, er habe in seinen 91 Jahren keinen Geist gesehen - "aber das heißt nicht, das es keine gibt."
Die alten Mauern haben durch die Jahrhunderte viele schlimme Ereignisse gesehen
Natürlich habe es in den vielen Jahrhunderten, in denen Menschen die Burg bewohnten, viele schlimme Ereignisse gegeben, Todesfälle, Kriminalfälle, Unglücksfälle. Rätselhaft bis heute der Fund eines weiblichen Skeletts, als vor fünf Jahren ein Teil des oberen Zwingers abgerutscht war. "Eine traurige und dramatische Geschichte", vermutet Wichmann. Denn die Frau, die im 16. Jahrhundert gelebt hat, sei wohl an einer Geburt gestorben.
Die authentische Umgebung macht es leicht, sich solche Geschichten vorzustellen. Im Kamin knistern die letzten Scheite, als die Gesellschaft zur Burgführung aufbricht. Spärlich ist der Hof beleuchtet. "Sie stehen hier im 12. Jahrhundert", verweist Wichmann auf die Ursprünge der Burg, die 1196 zum ersten Mal in Verbindung mit den Herren von Lichtenberg erwähnt wurde. Zu ihren Besitzungen zählte auch das Stift in Oberstenfeld. 1357 verkauften die Hummel von Lichtenberg ihre gesamte Besitzung an den Grafen Eberhard von Württemberg, der seinen Landeshofmeister Dietrich von Weiler damit belehnte.
Ein Freibrief des Bauernführers verhinderte die Zerstörung
"Seit 1483 ist die Burg von den von Weilern bewohnt", erzählt Wichmann. Zwar wurden Dietrich von Weiler und sein Sohn 1525 in Weinsberg von den aufrührerischen Bauern erschlagen, jedoch verhinderte Bauernführer Matern Feuerbacher persönlich die Zerstörung der Burganlage und sicherte das Überleben derer von Weiler, indem er dem neugeborenen Sohn des jungen Dietrich einen Schutzbrief ausstellte.
Die letzte Veränderung im Burghof gab es 1732, als der Uhrturm errichtet wurde. Gegenüber ragt der Bergfried 32 Meter in die Dunkelheit, an den sich der Pallas mit den Wohnräumen anschließt. Auch heute fällt aus den Fenstern Licht in die Nacht - die Räume sind nach wie vor bewohnt. Der Brunnen, einst Lebensversicherung der Burgbewohner, führt noch Wasser. 24 Meter wäre er tief - "wenn nicht die Leute immer Kieselsteine rein geworfen hätten", sagt Wichmann und schmunzelt. "Burg Lichtenberg ist eine der am besten erhaltenen Stauferburgen nördlich der Alpen", betont er nicht ohne Stolz. "Es ist ein mystischer Ort. So eine Ausstrahlung finden Sie nicht in modernen Häusern."
Gefragte Location für Hochzeiten und andere Feste
Das mag erklären, warum die alten Mauern heute eine gefragte Location für Hochzeiten und andere private Feiern sind. Im Sommer tanzen die Paare im Burghof unter der Linde. Das ganze Ambiente ist so zauberhaft, dass Burg Lichtenberg immer wieder als Kulisse in Filmaufnahmen und Musikvideos eine Rolle spielt.
Im Gewölbekeller, in dem einst Wein gelagert wurde, zieren noch künstliche Spinnweben die Bruchsteinmauern, durch die sich Risse ziehen - Beleg dafür, dass der Berg in Bewegung ist. Die Symphonic Metal-Band Catalyst Crime nutzte Burg Lichtenberg als Gruselkulisse - passender Weise heißt der Titel "Chasing the Ghost", frei übersetzt: "Geisterjagd".

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