Wie man in Bad Rappenau mit dem Bürgerbus ganz schnell nach Korea kommt
Der Bürgerbus in Bad Rappenau ist nach einem holprigen Start zu einer Erfolgsgeschichte geworden

Die ledernen Autofahrer-Handschuhe machen echt was her. Den ohnehin distinguiert wirkenden Rolf Schulze-Seeger verwandeln sie flugs in einen stilechten Chauffeur. Und das ist er ja jetzt auch, als er an diesem Samstagnachmittag um 13 Uhr vor der Bad Rappenauer Salinenklinik den Motor des Bürgerbusses startet und mit acht Fahrgästen auf die übliche Rundtour durch Bad Rappenau geht. "Wir machen das ehrenamtlich", sagt der rüstige Rentner. "Es macht viel Spaß."
Besonders die Kurgäste nutzen den Bürgerbus
16 Stationen steuern Schulze-Seeger und die anderen ehrenamtlichen Fahrer an. Er sagt an den Haltestellen durch, wo man sich gerade befindet, denn die wenigsten Fahrgäste kennen Bad Rappenau so richtig, sind sie doch wegen der Reha da, haben kaum Muße, die Kurstadt zu erkunden. Eine von ihnen möchte heute zu einem Optiker, denn ihre Brille ist zu Bruch gegangen. Und voilà, Bürgerbusfahrer Schulze-Seeger, ganz Gentleman, weiß Rat: Am Busbahnhof aussteigen, die Bahngleise unterqueren. Da gibt"s gleich zwei Optiker in der Nähe...
Ehrenamtlich hinter dem Steuer

Weiter geht's bis zum Fahrerwechsel in der Kirchenstraße. Schulze-Seeger schnappt sich nach vier Stunden hinterm Steuer seine Siebensachen und macht Platz für Uta Weigel-Aslan, eine der drei Frauen im Fahrerteam. "Seit 1997 bin ich in Bad Rappenau", erzählt sie über sich selbst. "Vorher war ich ein Hesse-Mädsche." Spontane Beifallsbekundung von zwei Fahrästen - Reha-Patienten aus jenem Bundesland, die gerade lernen, wo in Bad Rappenau die Post ist oder der Lidl. Seit einem Jahr steuert Weigel-Aslan den Bürgerbus mit. Wie es dazu kam? "Der Herr Ries-Müller macht ja derartig viel Reklame...", meint sie und lacht.
Schwierige Anfangsphase
Klaus Ries-Müller ist der Vorsitzende des Bürgerbusvereins und plaudert unterwegs ein bisschen aus der Vereinsgeschichte. "Wir hatten eine schwierige Anfangsphase", blickt er zurück. Die Kommune mochte den Busbetrieb nicht fördern, aber der städtische Kurbetrieb stellte den Bus bei den ersten angebotenen Touren zur Verfügung. Die Geschichte lief an, und 2020 wurde ein gebrauchter Siebensitzer gekauft. Die 3400 Euro dafür bezahlte der Verein aus Spenden.
Mit dem Bürgerbus zum Impftermin

Tja, und dann kam Corona. Der Bürgerbusbetrieb in Bad Rappenau wurde mehrmals eingestellt - aber es wurden Fahrten zu den Kreisimpfzentren organisiert. Vor einem Jahr dann der Kauf eines "echten" Bürgerbusses. Der gebrauchte Mercedes-Sprinter für neun Personen drehte vorher in Mönchengladbach die Runden, kostete den Rappenauer Verein knapp 16.000 Euro - komplett aus Spenden finanziert.
Statt Fahrpreis: Spende erwünscht
Inzwischen ist das Angebot eine richtige Erfolgsgeschichte, berichtet Ries-Müller. Allein bis Ende April nutzten 8500 Fahrgäste in diesem Jahr das Angebot, das übrigens kostenlos ist. Stattdessen steht ein Spendenkässle am Einstieg. "Die Leute sind großzügig" freut sich Ries-Müller. Die Mittwochstouren sind ein Sorgenkind des Vereins: "Wir haben da etwa ein Dutzend Fahrgäste, aber wir hatten ein bissle mehr erwartet." Weitere Angebote sind Arztfahrten auf Anfrage, die mittlerweile drei- bis viermal pro Woche genutzt werden. Mitglieder können das erste Auto des Vereins per Carsharing nutzen. Gut angekommen sind die jüngst organisierten Kaffee- und Ausflugsfahrten.
Warum es in Bad Rappenau läuft

Dass der Bürgerbus in Bad Rappenau im Vergleich zu anderen Kommunen, beispielsweise in Erlenbach oder Oedheim, wo die Gemeinden den Verlust tragen, recht gut läuft, führt Ries-Müller zum einen auf die Größe Bad Rappenaus mit seinem über 20.000 Einwohnern zurück, zum anderen natürlich auf den Kurbetrieb. Denn die allermeisten Fahrgäste sind Reha-Patienten. Denen kann Uta Weigel-Aslan an diesem Samstagnachmittag zwar sagen, dass der Bus gerade in der Korea-Siedlung Halt macht - weiß aber nicht, warum die so heißt. Klaus Ries-Müller klärt auf: "Die ist in der Zeit des Korea-Kriegs gebaut worden." Schon wieder was gelernt über Bad Rappenau.
Zahlen und Fakten
Der Verein Bürgerbus Bad Rappenau wurde 2008 gegründet, trägt sich selbst und hat inzwischen 64 Mitglieder, von denen allein neun in diesem Jahr und 15 im vergangenen Jahr beigetreten sind. Zu Werbezwecken hat der Verein Bücherschränke aufgestellt, aus denen sich die Öffentlichkeit mit Lesefutter versorgen kann. Zur Finanzierung neben den Spenden veranstaltet der Verein Gebrauchtwarenmärkte. 14 Fahrer, davon drei Frauen, sitzen ehrenamtlich hinter dem Steuer.
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