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Bad Rappenau
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Auf leisen Sohlen im Morgengrauen

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Wenn die Sonne langsam aufgeht, sitzt Rüdiger Winter oft auf einem Hochsitz in Wollenberg. Für den Bad Rappenauer ist Jagen kein Hobby, sondern eine Passion.

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Seit 1995 hat Rüdiger Winter einen Jagdschein. Geschossen wird aber nicht immer: Manchmal lauscht er auch einfach nur den Vögeln.
Seit 1995 hat Rüdiger Winter einen Jagdschein. Geschossen wird aber nicht immer: Manchmal lauscht er auch einfach nur den Vögeln.  Foto: Hofmann, Elfi

Der frühe Vogel fängt den Wurm - oder im Fall von Rüdiger Winter das Wildschwein. Vor kurzem hat der Bad Rappenauer ein solches Tier mit nach Hause gebracht. Und auch heute hat er sein Gewehr mit dabei. Man weiß ja nie, was einen erwartet in Wollenberg. Über einen schmalen, holprigen Weg fährt Winter an den Ortsrand. "Die Autotüren schließe ich", flüstert er. Falls Tiere in der Nähe sind, sollen sie nicht durch den Lärm verscheucht werden.

So leise wie möglich

Dann geht es im Morgengrauen ungefähr 100 Meter am Feld entlang bis zu einem Hochsitz. Kurz vergewissert er sich, dass sich keine Bienen im Inneren niedergelassen haben, dann öffnet Winter die kleinen Schiebefenster und setzt sich auf die Bank. Jetzt heißt es abwarten, den Blick schweifen lassen und weiter flüstern, denn Wildtiere haben ein gutes Gehör.

Vor fast 50 Jahren sei er das erste Mal mit auf die Jagd gegangen, erzählt Rüdiger Winter. Den Jagdschein hat er seit 1995. "Meine Frau hat auch einen. Und mein 17-jähriger Enkel hat ihn gerade bestanden." Bei Winters ist das Jagen eine Familienangelegenheit. Als die Kinder noch kleiner waren, nahm der Bad Rappenauer sie oft mit auf den Hochsitz. Seitdem gibt es dort ein weiteres Fenster auf Erwachsenenkniehöhe - und einen Teppich. "Da haben sie sich dann hingelegt", wispert Rüdiger Winter, das Fernglas immer im Anschlag, falls ein Reh oder ein Fuchs am Horizont auftaucht.

Vögel und Hummeln sind früh wach

Doch die scheinen kurz nach 4 Uhr noch nicht wach zu sein. Dafür nimmt die Geräuschkulisse immer mehr zu. Nach und nach beginnen die Vögel zu singen, irgendwo kräht ein Hahn. Und immer wieder fliegt eine brummende Hummel am Hochsitz vorbei. "Am Anfang kann man die einzelnen Vögel noch zählen", erzählt Rüdiger Winter. Irgendwann werden es dann aber zu viele. "Wenn ich innerlich unruhig bin, kann das auch schon mal nerven", sagt er leise lachend.

Für ihn ist das Jagen kein Hobby, sondern "eher eine Passion. Wer steht denn schon vor 3 Uhr freiwillig auf?" Das Schießen sei dabei noch das Wenigste. Ihm gehe es ums Beobachten, "gucken, was los ist da draußen".

Alle Sinne sind geschärft

Viel ist das an diesem Tag allerdings nicht. Kein einziges Tier lässt sich blicken. Manchmal schlafe er auch ein, räumt Rüdiger Winter ein. Die Ohren würden allerdings meist wach bleiben. Allgemein seien die Sinne geschärft, beginnend beim Hören. Dann folgen die Augen und der Geruchssinn: "Zu jeder Zeit riecht es hier anders. Im Moment vor allem nach Heu."

Ab Anfang August mischt sich dann der frisch geerntete Mais darunter. Damit der wachsen kann, steht auf der To-Do-Liste von Rüdiger Winter auch, die Felder vor Wildschweinen zu schützen, die die Körner nach der Aussaat gerne wieder ausbuddeln, um sie selbst zu essen.

Gleichgewicht der Tiere aufrecht halten

Gehört die Fläche zu seinem Jagdbezirk, ist Rüdiger Winter laut Bundesjagdgesetz ersatzpflichtig, muss also für Schäden finanziell aufkommen. Vor allem geht es aber darum, das Gleichgewicht der Tierarten zu halten. "Es dürfen nicht zu viele Dachse und Füchse sein, um das Niederwild zu schonen", erklärt Winter.

Und dann passiert es doch noch: Auf dem Rückweg nach Bad Rappenau steht plötzlich ein Reh auf dem Feld und schaut mit gespitzten Ohren in Richtung des Jägers. Rund ein Jahr alt sei das Tier, stellt der Experte mit geübtem Blick fest. So schnell, wie es gekommen ist, verschwindet das Tier wieder.

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