Krankenhausalltag mitten in der Nacht
Kein Dienst ist wie der andere: Was eine Krankenschwester im SLK-Klinikum am Plattenwald in Bad Friedrichshall um 3 Uhr nachts so alles erlebt.

Station B4 im SLK-Klinikum am Plattenwald in Bad Friedrichshall, 3.25 Uhr. Gaye Acikgöz tritt vom Schwesternzimmer hinaus auf den Flur. Weißes Licht spiegelt sich im grauen Linoleum. "Man gewöhnt sich mit der Zeit an die Helligkeit", sagt die 46-Jährige. Obwohl es mitten in der Nacht ist, obwohl ihr Dienst vor über sechs Stunden begonnen hat und erst in gut drei Stunden endet, wirkt Gaye Acikgöz taufrisch.

Claudia Piloiu ist ebenfalls hellwach. Vor allem aber ist die Krankenschwester genervt, als sie ihrer Kollegin im Gang begegnet. "Gaye, du glaubst es nicht! Da hat gerade ein Patient in seinem Zimmer geraucht!" Wie gut, dass Schwester Claudia nicht auf den Mund gefallen ist. Vermutlich wird sich der Mann keine zweite Zigarette anzünden. Gaye Acikgöz schüttelt nur den Kopf und schiebt ihren mobilen PC weiter vor sich her zu einem Neuzugang auf der Station für Unfallchirurgie und Orthopädie.
Was, wenn Patientin kein Deutsch spricht?
Wie die Nachtschwester, so hat auch die Patientin türkische Wurzeln. Nur spricht die von Rückenschmerzen geplagte Frau kaum ein Wort Deutsch. Körpergröße? Gewicht? Stuhlgang? Hautbeschaffenheit? Atemnot? Schlafprobleme? Wertgegenstände? Essenswünsche? Stärke der Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10? All die Fragen, mit denen der Pflegestatus erfasst werden muss, können zum Glück auf Türkisch abgehandelt werden. Die Frau im Nachbarbett ist inzwischen auch wach. Das lässt sich kaum vermeiden, wenn jemand mitten in der Nach eingeliefert wird.
Während Gaye Acikgöz die Antworten am PC auf Deutsch eingibt, misst Kollegin Hülya Haziri bei der Patientin den Blutdruck. Die Werte werden auf den mobilen PC übertragen. Der Computer, die Technik: ein Segen, eine Erleichterung. Doch der bürokratische Aufwand, die Dokumentationspflicht lassen wenig Spielraum: "Ich wünsche mir mehr Zeit mit den Patienten", sagt Pflegefachfrau Gaye Acikgöz, die im Drei-Schichten-System arbeitet: mitunter alle drei Schichten in einer Woche, drei Nächte sind es im Monat.
Ein routiniertes Trio in der Nachtschicht
Idealerweise sind sie in der Schicht zu viert, aber weil jemand ausgefallen ist, müssen sie es zu dritt hinbekommen. Das funktioniert, weil das Trio routiniert ist und weil diese Nacht eine gute Nacht ist. Die 76 Patienten auf der B4, verteilt auf zwei Teilstationen, sind recht ruhig, sogar die frisch Operierten, die noch keinen Tag- und Nachtrhythmus haben. Am späten Abend haben die Frauen einen kompletten Durchgang gemacht, Infusionen angelegt, Windeln kontrolliert, Medikamente verabreicht. Weitere Routine-Gänge folgen. Es ist noch Luft genug, um per Barcode Medikamente und Inkontinenzmaterial nachzubestellen.
Jetzt piepst es mal wieder. "Ich gehe." Acikgöz macht sich auf den Weg. Sachte drückt sie die Klinke. Ein Mann will seine Urinflasche getauscht haben, und er verlangt nach einem starken Schmerzmittel. Die volle Urinflasche verstaut Schwester Gaye in einer speziellen Spülmaschine, wo sie entleert, gereinigt und desinfiziert wird. Dann schaut sie auf die Uhr: Okay, der Patient kann sein Medikament bekommen. Die Haßmersheimerin geht zum Safe. Die zweifache Mutter hat in dieser Nacht den Schlüssel dafür. "Hier drin sind Betäubungsmittel, zum Beispiel Morphine". Wer etwas entnimmt, muss dokumentieren, was, wie viel und für wen.

Währenddessen stellt Claudia Piloiu die Medikamente für den Tag in Dispensern zusammen. Sie öffnet eine große Schublade, zieht heraus, was sie braucht. Dekristol, Metformin, Atorvastatin - die Neuenstädterin hat alles im Kopf. Jede Plastikbox wird von Gaye Acikgöz gegengecheckt - Vorschrift. Hülya Haziri richtet die Infusionen: erst Schmerzmittel, dann Antibiotika.
Jetzt ist Zeit für ein Schwätzchen. Die drei Frauen erzählen, was sie an ihrem Beruf mögen: dass kein Dienst identisch abläuft. "Dass die Patienten uns viel zurückgeben." Dass sie ein eingespieltes Team auf der Station sind. So sehr, dass Claudia Piloiu kurzfristig ihren Urlaub verschoben hat, weil es personell eng war - obwohl ihr letzter Urlaub sieben Monate zurückliegt. Egal. "Das hier ist meine zweite Familie."
Die SLK-Kliniken in Zahlen
Zum SLK-Verbund gehören das Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn, das Klinikum am Plattenwald in Bad Friedrichshall sowie die Fachklinik Löwenstein. Die geriatrische Rehaklinik in Brackenheim vervollständigt das stationäre Angebot . Insgesamt verfügt der Verbund laut Homepage über rund 1600 Betten. Außerdem betreibt er in Brackenheim und Möckmühl zwei ambulante Gesundheitszentren. Etwa 5700 Mitarbeiter kümmern sich pro Jahr um rund 74.000 stationäre und um 262.000 ambulante Patienten.