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Kultureller Streifzug durch Lauffen und Umgebung

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Auf den Spuren von Friedrich Hölderlin in Lauffen, von Sophie La Roche in Bönnigheim und den Herren von Liebenstein in Neckarwestheim: Kulturelles Erbe in historischen Bauten.

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 Foto: Veigel

An ihm kommt in Lauffen keiner vorbei, für die Stadt ist der Dichter ein Glücksfall. Wie oft und wann Friedrich Hölderlin seinen Geburtsort besucht hat, ist ungewiss. Wohl im Juni 1800 war er am Grab des Vaters auf dem Alten Friedhof in Lauffen, wie er im Gedicht "Stutgard, zweite Fassung" schildert: "Bis an die Grenze des Lands, wo mir den lieben Geburtsort Und die Insel des Stroms blaues Gewässer umfließt."

Hohe Auflagen des Denkmalamts

Das Haus der Familie Hölderlin, die nie wirklich heimisch wurde in Lauffen, ist das wohl authentischste Gebäude unter den Orten, an denen der Dichter wohnte, wenn auch nur zwei Jahre. Die Auflagen des Denkmalamts bei der Sanierung waren hoch, zu Recht. So wurde das historische Pflaster im Hof belassen beziehungsweise wurden einzelne Pflastersteine in den neuen Belag integriert.

Die ältesten Mauerreste im Eingangsfoyer bei der Kasse sind von 1560. Blickt man nach oben, sind die Zwischendecken ausgebeint und strahlen Hölderlinworte in Leuchtschrift.

Die Hölderlins haben in Lauffen Spuren hinterlassen

Insgesamt viereinhalb Jahre, von 1770 bis 1774, lebte der kleine Hölderlin in Lauffen, bis seine Mutter zwei Jahre nach dem frühen Tod des Vaters nach Nürtingen heiratete. Und doch spielt der Geburtsort bei der Erinnerung an den Dichter eine wichtige Rolle.

Dabei ist nicht geklärt, ob Hölderlin im Amtshaus im Kloster auf die Welt kam oder im Privathaus der Familie. Auf jeden Fall haben die Hölderlins in Lauffen Spuren hinterlassen: vom Großvater und Vater Friedrichs, die als Klosterverwalter für den wirtschaftlichen Erfolg der angeschlossenen Ländereien sorgen mussten, die dem württembergischen Herzog gehörten, bis in die Gegenwart.

Gedächtnisort, Museum, kulturelles Zentrum

Als die Familie Lauffen verließ, wurde das Haus verkauft, das die Stadt erst 2015 nach langen Verhandlungen erwarb. 2020, zum 250. Geburtstag des Dichters, wurde das vorbildlich sanierte Gebäude als Hölderlinhaus eröffnet: als Gedächtnisort, Museum und kulturelles Zentrum.

Eine Dauerausstellung illustriert Hölderlins Willen, Schriftsteller zu werden, seine politische Haltung, aber auch den Eigensinn. Eine Schau ganz ohne Originale: Die liegen im Tresor im Hölderlin-Archiv in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart.

Die Lyrik der Moderne vorweg genommen

 Foto: Marijan Murat

In Lauffen kommt anhand von Textbeispielen der verzweifelte Schüler der Maulbronner Klosterschule zu Wort, der streitbare Student in Tübingen, der Liebhaber und Frauenfreund, der stramme Wanderer, politische Schwärmer und radikal politische Kopf. Auch gibt die Ausstellung Kostproben bizarrer Wortschöpfungen Hölderlins wie "leichtanregendes Licht", "lebenatmend", "bleierne Zeit", "Fremdlingin" oder "ruhigahnend", die die Lyrik der Moderne vorwegnehmen.

Um Kleinkunst wie Kabarett und mehr kümmert sich indes in der Hölderlinstadt das städtische Kulturprogramm "bühne frei...".

Im Bönnnigheimer Schloss entstand der erste Roman einer Frau

Weiter Richtung Ludwigsburg wurde vor Ort Literaturgeschichte geschrieben. Im Graf Stadionschen Schloss begann Sophie La Roche, Großmutter von Bettina und Clemens Brentano, den ersten von einer Frau in Deutschland verfassten Roman.

 Foto: Berger

Kein Geringerer als Christoph Martin Wieland gab 1771 La Roches "Geschichte des Fräuleins von Sternheim" heraus. Der Dichter der Aufklärung und kurzzeitige Verlobte von Sophie war einer der illustren Gäste des Salons, den La Roche in Bönnigheim unterhielt. Bis 2020 war im Schloss das Museum Zander untergebracht, bis die Erben der größten Privatsammlung für Art Brut und Naive von Charlotte Zander auszogen.

Das spätbarocke Schmuckstück soll Hotel werden

Der Gemeinderat der Stadt hat sich derweil gegen eine weitere kulturelle Nutzung ausgesprochen. Das spätbarocke Schmuckstück soll Hotel werden, die Ausschreibung läuft. Immerhin wird zurzeit das Museum Sophie La Roche im ehemaligen Forstgefängnis neu konzipiert.

Landläufig für sein Kernkraftwerk bekannt, hat die Gemeinde Neckarwestheim 1982 mit Schloss Liebenstein ein umfassendes Areal erworben mit Bauten aus unterschiedlichen Epochen. Das Schloss geht auf die mittelalterliche Höhenburg eines Zweiges der Herren von Liebenstein zurück, die im 11. Jahrhundert aus dem Südelsass kamen.

Auf Liebenstein gibt es derzeit nur Führungen

1678 ging das Anwesen in den alleinigen Besitz von Württemberg. Heute wird die Anlage als Restaurant und Hotel genutzt. Öffentliche Führungen auf Liebenstein - eine Anmeldung ist erforderlich - schließen mit der Renaissance-Schlosskapelle das kunsthistorisch bedeutendste Gebäude der gut erhaltenen Anlage ein.

Eine kulturelle Nutzung wie in früheren Jahren findet derzeit nicht statt, soll es aber wieder geben. Der Ort für Kulturveranstaltungen unten in der Stadt ist die Reblandhalle.


Waldenser: Im Jahr 1700 wurde Nordheims heutiger Ortsteil Nordhausen gegründet: für 202 Waldenser aus dem Piemont, die zuvor in Hessen siedelten. Als Gemeinschaft religiöser Laien Ende des 12. Jahrhunderts von Petrus Valdes aus Lyon in Südfrankreich ins Leben gerufen, wurden die apostolische Armut predigenden Waldenser, auch Arme von Lyon genannt, von der katholischen Kirche ausgeschlossen und als Häretiker durch die Inquisition verfolgt. Nordhausen ist der jüngste der württembergischen Waldenserorte.

 
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