Schwaigern bietet Bürgern besonderen Bestattungsort
Im Leintal kommen Naturliebhaber im Friedwald zur Ruhe - besonders zur letzten. Das Angebot in Schwaigern ist nicht an eine Konfession gebunden.

Schwaigern im Leintal ist Tausenden Menschen bundesweit ein Begriff. Auf seiner Gemarkung liegt ein Friedwald. Und da der 45 Hektar große Naturfriedhof bei Eröffnung 2005 einer der ersten bundesweit war, fanden und finden viele Menschen den teils weiten Weg hierher. Ihr Wunsch: sich bei einem Baum bestatten zu lassen. "Von München bis Hamburg sind hier Leute beigesetzt", erzählt der Waldbetreuer Torben Lenhart. "Gerade ältere Standorte haben ein unheimlich großes Einzugsgebiet, weil das Angebot noch nicht so flächendeckend war."
In Baden-Württemberg war Schwaigern Friedwald-Vorreiter. Aktuell gibt es fast 80 Standorte in Deutschland, davon 15 im Südwesten. Im Heilbronner Land konkurriert der Friedwald mit Ruheforsten in Obersulm und Jagsthausen.
Wenige Einheimische im heimischen Hain
Bürger der Leintal-Gemeinde, die im heimischen Hain ihre letzte Ruhe finden, sind in der Minderzahl. "2021 waren 18 von 600 Friedwald-Bestattungen Schwaigerner", weiß Sabine Rotermund. 102 wurden auf städtischen Friedhöfen beigesetzt. Die Bürgermeisterin freut sich aber, dass die Stadt Naturfreunden eine alternative Bestattungsmöglichkeit anbieten kann.
Verschiedene Beweggründe lassen Menschen ihre letzte Ruhestätte im Wald suchen: Etwa, wenn keine Angehörigen mehr da sind, denen man die lästige Grabpflege zumuten könnte. "Viele empfinden die Natürlichkeit des Waldes als angenehm", hat Lenhart als Motivation ausgemacht.
Verkehrstechnisch gut erreichbare Naturparadiese
Auch wenn die Lage an der B239 unweigerlich eine einschlägige Geräuschkulisse mit sich bringt, befindet man sich hier quasi in einem Naturparadies, erklärt der studierte Förster, der acht Friedwälder im weiten Umkreis um seinen Wohnort Rot am See betreut. Neben einer guten Verkehrsanbindung haben die Ruhestätten gemein: Als Standorte dienen stets "gut strukturierte Laub-Mischwälder". Die seien nicht so angreifbar für flächendeckende Krankheitsbilder und klimastabil.
Nur gesunde Bäume kämen als Bestattungsbäume infrage. Obwohl es hier wohl an die 20 Baumarten gibt, dominieren die langlebigen Sorten. Sie dienen auch am häufigsten als Bestattungsbäume: Buche, Hainbuche, Eiche würden hauptsächlich ausgesucht, gefolgt vom meist jüngeren Ahorn, so Lenhart.
Austreibende Sträucher symbolisieren Leben
Auch im Umfeld von Sträuchern können Urnen vergraben werden. Elisabeth Walch, eine von drei Friedwald-Försterinnen, schlägt bei Besichtigungstouren gern Weißdorn oder Haselnuss als letzte Ruhestätte vor: "Die treiben immer wieder aus", schwärmt die 61-Jährige von der positiven Symbolkraft der Stauden.

2005 ist die in Schwaigern erfahrenste Friedwald-Führerin, Bestatterin und Baumpflegerin "ins kalte Wasser gesprungen". Schließlich sei "die Arbeit mit Menschen in besonderen Situationen eine Herausforderung".
Und doch ist das Geschäft mit dem Tod nicht unbedingt ein trauriges. Walch kennt auch lustige Anekdoten. Etwa von der älteren Dame, die bei der Umbettung ihres zuvor auf einem städtischen Friedhof beigesetzten Ehemanns im Auto die Urne kurzerhand auf den Schoß nahm. "Gell Karl", sprach die gut 80-Jährige zur Asche, "das hättest du dir auch nicht träumen lassen, dass du nochmal zwischen meine Schenkel kommst?" Walch schmunzelt: Die Töchter der mittlerweile verstorbenen Witwe lachten noch heute über die Szene.
Die Liebsten sind gut aufgehoben
Die Angehörigen wüssten ihre Liebsten hier gut aufgehoben, sagt sie. "Der Friedwald ist überkonfessionell", betont Torben Lenhart. Der Andachtsplatz mit großem Holzkreuz, Rednerpult und Bänken könne, müsse aber nicht genutzt werden. Pflicht sei nur die Bestattung der Asche in einer biologisch abbaubaren Urne, und das gehe ja nicht in jeder Kultur. Streng handhabt der 38-Jährige das Verbot von Grabschmuck. "Der Wald schmückt eh in den schönsten Farben", meint er. Das bunte Laub ringsum raschelt beifällig.
Stichwort: Informationen und Preise
Der Friedwald im Leintal ist ein naturnahes Bestattungsangebot der Friedwald-GmbH. Als Betreiberin kümmert sie sich um die forstlichen und vertrieblichen Belange sowie um die Begleitung der Kunden. Dafür zur Verfügung gestellt hat den Wald der Besitzer des 45-Hektar-Geländes, Karl-Eugen Graf von Neipperg. Da das Friedhofswesen zu den kommunalen Aufgaben zählt, fungiert die Stadt Schwaigern als Bindeglied zwischen GmbH und gräflichem Haus.
Seit der Eröffnung fanden hier rund 7100 Beisetzungen statt. Mehr als 14 400 Menschen haben sich bereits vorsorglich einen Platz im Friedwald reserviert oder einen Baum gekauft. Blau bebänderte Stämme signalisieren: Dieser Baum ist verfügbar. Ein gelbes Band heißt: Hier gibt es einzelne Plätze an einem Gemeinschaftsbaum.
Ein Basisplatz kostet 490 Euro, Friedwald-Förster weisen dabei den Standort zu. Die Preise unterscheiden sich ansonsten je nach Stärke, Art und Lage des Baums. Farbige Plaketten weisen einen Wert zwischen 2490 (rosa) und 6990 Euro (blau) für einen Baum aus. Zwei Plätze sind in diesem Preis inbegriffen. Weitere kosten jeweils 300 Euro. Die reinen Beisetzungskosten, die immer jeweils hinzukommen, liegen derzeit bei 350 Euro.
Für Grabpflege sorgt im Wald allein die Natur. Jegliche Dekoration der Ruhestätten ist untersagt. Im Vordergrund steht die Natürlichkeit. Die klassische Forstwirtschaft ruht. Eingegriffen wird nur, wenn etwa ein Baum auf den Weg zu stürzen droht. Infomaterial gibt es vor Ort oder auf www.friedwald.de.