Mehr als nur der Fisch
Für Markus Hannemann aus Dörzbach sind Angler vor allem Naturgenießer. Er ist Sprecher der Fischhegegemeinschaft Jagst und widmet sich auch der Königsdisziplin Fliegenfischen.

Hört man Markus Hannemann zu, wenn er ins Schwärmen gerät, würde man sich am liebsten gleich mit ihm auf den Weg an die Jagst machen, die Angelrute in der Hand, die Stiefel an den Füßen. "Wir Angler sind Naturgenießer", sagt der Dörzbacher. Er geht gern nachts raus, spricht vom Erholungsfaktor, die Zeit in der Natur zu verbringen, zu chillen, runter zu kommen. "Da gehört nicht nur der Fisch dazu", redet er über den Sommer, wenn man in die Nacht hinein am Ufer sitzt, den Sternenhimmel über sich, und dem "sound of silence" lauscht. "Dann freue ich mich auch, wenn ich einen Biber, ein Wiesel oder einen Eisvogel sehe."
Blick aufs Wasser
Markus Hannemann ist 52 Jahre alt, verheiratet, Vater von zwei Mädchen, arbeitet für die Bausparkasse im Jagsttal. Geboren in Künzelsau am Kocher, wohnt er schon immer in Dörzbach, erst in der Ortsmitte, seit 20 Jahren in der Straße Jagstblick. "Das passt wie die Faust aufs Auge. Ich sehe das Wasser von hier, das ist schön." Er ist Sprecher der Fischhegegemeinschaft Jagst, der 26 Vereine in vier Landkreises angehören, und in dieser Funktion auch immer mit den Kommunen und Behörden wie Landratsamt oder Regierungspräsidium in Kontakt. "Wir arbeiten sehr gut zusammen", sagt Hannemann und nennt ein Beispiel: Mit der Gemeinde Dörzbach habe man die innerörtliche Durchgängigkeit des Goldbachs wieder hergestellt. Ähnliche Aktivitäten mit rauen Rampen und Fischtreppen gab es in den vergangenen Jahren an vielen weiteren Stellen, die Fische profitieren auf den bis zu 50 Kilometern, die sie zu ihren Laichplätzen zurücklegen.
Dabei weiß der Angler, dass es an einem Gewässer wie der Jagst viele unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen gilt, die einander leider oft widersprechen. Was fischfressende Vögel wie den Kormoran oder Gänsesäger angehe, die es früher nicht an der Jagst gegeben hat, sei man "in Konfrontation mit den Vogelschützern" und müsse "Kompromisse finden". Denn laut Hannemann macht es für die Fische einen großen Unterschied, wie viele dieser Vögel an der Jagst leben.
Hege und Pflege der Gewässer
Eine oft unterschätzte Aufgabe der Angler sei die Hege und Pflege der Gewässer. Barben und Nasen, die Leitfischarten der Jagst, "kann man nicht beim Fischzüchter kaufen", sie trotz zwischenzeitlich zurückgehender Bestände zu erhalten, bedeutet einiges an Aufwand. Auch der Klimawandel spielt natürlich eine Rolle: Wird das Wasser wärmer, "geht es manchen Fischarten nicht gut". So sei die Jagst kein Gewässer mehr für die Forelle, während der Wels profitiere.
Stichwort unterschiedliche Interessen: "Der Biber haut die Bäume um, die Verschattung fehlt." Dabei sehe er die Tiere "auf der einen Seite positiv", dennoch müsse man sich langsam Gedanken machen. "In Bayern gibt es schon Probleme mit dem Fischotter. Wenn der auch noch kommt, dann gute Nacht", sagt Hannemann. Andere Probleme sieht er durch die Kraftwerke, die seiner Meinung nach ab einem gewissen Pegelstand abgeschaltet werden müssten, weil sonst nicht nur Fische, sondern auch Mikroorganismen auf dem Trockenen liegen. Und auch den Kanubetrieb sieht Hannemann kritisch, bei niedrigem Wasserstand würden Laichvorgänge gestört. "Ich würde mir schon größeres Entgegenkommen wünschen", sagt er.
Die Leidenschaft fürs Angeln liegt bei den Hannemanns in der Familie: "Mein Vater war Angler, mein Bruder." Er selbst nutze die Jagst auch als Schwimmer oder zum Eislaufen, gehe an ihr Spazieren. "Für mich ist das einfach Erholung, Gewässer ziehen mich magisch an." Er könne dort "die Natur in all ihrer Vielfalt genießen".
Fairer Kampf mit dem Fisch
Mittlerweile ist Hannemann passionierter Fliegenfischer, "das ist für mich die Königsdisziplin". Dafür müsse man "die Natur beobachten, und wenn man sie richtig beobachtet, ist man erfolgreich". Dem ungeschriebenen Gesetz folgend, widerhakenlos zu fischen, habe auch der Fisch im fairen Kampf seine Chance, siegt er, "hat er es verdient". Und wenn nicht? "Selbst gefangener Fisch schmeckt noch mal so gut." Es versteht sich, dass der dann auch selbst zubereitet wird.

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