Wird Heilbronn auch noch zur Stadt der Weiterbildung?
Die Anforderungen im beruflichen Umfeld verändern sich jetzt schnell: Unternehmen und Mitarbeiter müssen sich darauf einstellen. Und der Bildungscampus in Heilbronn will hier wieder einmal eine zentrale Rolle spielen.

Heilbronn macht derzeit mit einigen Themen von sich reden. Nun kommt noch eines dazu: die Weiterbildung. Bei einer Tagung in der Aula des Bildungscampus in dieser Woche wurde der Startschuss für ein Projekt namens Global Upskill des Fraunhofer-Instituts gegeben und zugleich ein Zeichen in die Region gesendet, dass Unternehmen sich nun zunehmend mit den sich schnell verändernden Bedingungen auseinandersetzen müssen.
Heilbronn soll "vor die Welle kommen"
"Bildung ist unser wichtigster Rohstoff" - es ist eines der wenigen Zitate, die Dieter Schwarz persönlich zugeschrieben werden dürfen. Und so bezieht sich auch Manfred Weigler, Wissenschaftsreferent der Dieter-Schwarz-Stiftung, bei der ganztägigen Veranstaltung am Mittwoch auf diesen Satz: Wer Bildung erhalten möchte, muss sich weiterbilden - ein Leben lang.
Die Stiftung hat deshalb schon im vergangenen Jahr das Projekt beim Fraunhofer-Institut angestoßen. Nun sollte es im größeren Rahmen bekannt gemacht werden. Sein Wunsch: Heilbronn soll bei diesem Thema "vor die Welle kommen".
"Es geht jetzt alles sehr schnell."

Unternehmensvertreter sind gekommen, etwa Jan Krellner, Personalmanager und Transformationsspezialist bei der Telekom-Tochter T-Systems. Er findet, es müssten noch mehr werden.
Das Thema sei für Unternehmen äußerst relevant. Man könne es fast schon nicht mehr hören, aber KI sei künftig eben überall drin. "Es geht jetzt alles sehr schnell. Berufsprofile verändern sich. Das sehen wir auch bei uns." Deshalb müsse man sich austauschen und voneinander lernen.
Interessiert hat er beispielsweise den Ansatz der EnBW verfolgt, die ihre Mitarbeiter für Drohnenflüge mithilfe von ChatGPT weiterbilde. 1000 Fragen und Antworten wurden dort generiert, die natürlich nicht alle richtig waren. 20 Prozent wurden aussortiert oder angepasst. In wenigen Stunden konnten so aber neue Lerninhalte zur Verfügung gestellt werden - und das auch noch in origineller Quiz-Form.
Spaß haben und spielerisch Lernen
Der spielerische "Gamification"-Ansatz spielt bei der Weiterbildung eine zunehmend wichtige Rolle. Auch Julia Ehl vom Fraunhofer IRB in Stuttgart betont das. Sie stellt im Foyer das Global-Upskill-Projekt vor. Augmented Reality, Virtual Reality und KI sollen hier genutzt werden, um Menschen das Lernen so unterhaltsam wie möglich zu machen.
Ein erster Ansatz ist derzeit in der Entwicklung und zielt auf die Überprüfung von Photovoltaik-Anlagen ab. Ingenieure, später auch Handwerker, sollen Fehler schneller erkennen können. Noch zwei Jahre läuft das Forschungsprojekt.
Eine zentrale Rolle in Heilbronn spielt zudem die Zusammenarbeit mit Start-ups aus dem Weiterbildungsbereich, die über den sogenannten Learntech-Hub von der Dieter-Schwarz-Stiftung unterstützt werden. "Wir versuchen den engen Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft hier zu fördern", sagt Tim Beichter, der Projektleiter von Global Upskill.
Man muss die Fertigkeiten von morgen identifizieren
"Wir sind in unruhigen Zeiten unterwegs", sagt Marc Rüger, Institutsleiter des Fraunhofer IRB, bei der anschließenden Diskussion. Die Fertigkeiten, die morgen gefragt sind, heute schon zielsicher zu erkennen ist da gar nicht so einfach.
Dennoch: "Wir wollen die Themen früher antizipieren", sagt der Leiter des Fraunhofer IAO, Wilhelm Bauer. "Das ist wichtig, wenn wir als Region eine Rolle spielen wollen." Das ist der Anspruch. Boris Kühnle, Direktor des DHBW Center for Advanced Studies (CAS), findet: "Heilbronn sollte zum Zentrum für lebenslanges Lernen werden."
Es könnte ein weiterer Pluspunkt im Werben um Fachkräfte sein, glaubt Caroline Hoffmann, die bei der TUM in Heilbronn für das lebenslange Lernen zuständig ist. Doch selbst wenn die internationalen Studenten irgendwann wieder in die Welt hinauszögen, dann würden sie diese Erfahrungen mitnehmen, ist Wilhelm Bauer überzeugt. "Leuchttürme werden ohnehin besser aus der Ferne wahrgenommen." Wichtig sei auf jeden Fall: Die Ansätze müssen neu sein, sie müssen exzellent sein. "Das muss unser Anspruch sein."
Englisch überall
Die Begrifflichkeiten bei den aktuellen Trendthemen kommen fast allesamt aus dem Englischen und werden eins zu eins übernommen. Von Reskilling, Upskilling und Crossskilling ist die Rede. Gemeint sind Umschulung, Weiterbildung und das dynamische Entwickeln neuer Fähigkeiten, die überall gefragt sind. Vor allem kleine Mittelständler fühlen sich nicht ohne weiteres angesprochen, wenn ein Infotag stattfindet, der sich auf Englisch "Globaler Weiterbildungsgipfel" nennt.
Dazu kommen die vielen Parallelentwicklungen auf dem Bildungscampus. Manfred Weigler, Referent der Dieter-Schwarz-Stiftung, ist sich der Herausforderung bewusst. "Manchmal führt Vielfalt zu Überforderung", gibt er offen zu und schlägt einen Ansprechpartner als Lotse für die Unternehmen vor.