Unternehmensinsolvenz wie bei Paulus Wohnbau: Wann haftet auch der Eigentümer?
Bei vielen Rechtsformen von Betrieben kann ein Insolvenzverwalter im Pleitefall nicht auf das Vermögen des Firmeneigners zugreifen. Das wäre eigentlich auch bei der Paulus Wohnbau, einer GmbH, der Fall. Doch für eine bestimmte Sache ist Erwin Paulus eine Verpflichtung eingegangen.
Im Gegensatz zur Privatinsolvenz kann bei der Unternehmensinsolvenz der Insolvenzverwalter oft nicht auf das Vermögen des Firmeneigners zugreifen. Es gibt aber auch Ausnahmen – und dafür prominente Beispiele. Anton Schlecker war so eine Ausnahme: Weil der einstige Drogeriekönig lieber die Rechtsform "eingetragener Kaufmann" (e.K.) für seine Handelskette wählte, fiel ihm die Insolvenz seines Imperiums komplett auf die Füße.
Denn in der Rechtsform e.K. muss der Eigentümer im Fall einer Insolvenz auch sein Privatvermögen hergeben. Also schaute sich der Insolvenzverwalter von Schlecker damals auch an, ob er die Luxusautos, die Villa oder Kunstgegenstände aus Schleckers Besitz veräußern kann. Wobei alles, was im Besitz seiner Kinder oder seiner Frau war, nicht dazu zählte.
Crowdinvesting: Erwin Paulus haftet mit Privatvermögen
Damit ist e.K. eine der wenigen Rechtsformen, in der so etwas im deutschen Insolvenzrecht passieren kann. Bei Paulus Wohnbau liegt es zum Beispiel anders – bei diesem Unternehmen handelt es sich um eine GmbH. Dass Inhaber Erwin Paulus nun doch mit Privatvermögen haftet, liegt an Verpflichtungen, die er selbst eingegangen ist. Er haftet nämlich persönlich für die Darlehen der sogenannten Crowdinvesting-Anleger.
Für die Anlagesumme von fünf Millionen Euro hat er ein „notarielles, abstraktes Schuldanerkenntnis“ abgegeben. Dann gilt: Fällt der eigentliche Schuldner aus, hier die Paulus Wohnbau GmbH, dann können die Gläubiger das Geld direkt beim Schuldner einfordern, der die Forderung besichert hat. In diesem Fall ist dies Erwin Paulus, der der Forderung allerdings nicht nachkommen kann.
Ansonsten gilt: Vollständig haftet der Gesellschafter neben einer e.K. auch noch bei einer OHG, also der offenen Handelsgesellschaft, sowie bei der GbR, der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Beide werden gerne für landwirtschaftliche Betriebe und Kooperationen gewählt.
Wer haftet bei einer KG, AG oder eG?
Etwas anders liegt der Fall bereits bei der KG, der Kommanditgesellschaft: Hier haftet der Kommanditist, also derjenige, der einen bestimmten Betrag als Grundkapital eingezahlt hat, mit seinem gesamten Privat- und Geschäftsvermögen – allerdings nur bis zur Höhe des eingezahlten Grundkapitals. Wenn also eine KG pleite ist und der Kommanditist 100.000 Euro eingezahlt hat, können auch nur seine Privatgegenstände, Bankguthaben, Autos oder Häuser im Wert von 100.000 Euro vom Insolvenzverwalter herangezogen werden. Vollhafter bei einer KG ist hingegen der Komplementär.
Die gängigste Rechtsform, die GmbH, sichert die Eigentümer hingegen weitgehend ab: Hier liegt "beschränkte Haftung" vor, und das bedeutet, dass abgesehen von allen veräußerbaren Vermögenswerten der Firma selbst – Grundstücke, Immobilien, Patente, Einrichtung, Fahrzeuge und so weiter – nur das Eigenkapital verwendet werden kann. Dessen Mindestbetrag liegt bei einer GmbH bei 25.000 Euro. Bei vereinfachten Firmengründungen, etwa einer UG, darf er auch darunter liegen - umso weniger gibt es aber auf diesem Weg zu holen.
Bei einer GmbH & Co. KG ist dann oft eine Verwaltungs-GmbH der Komplementär. Demzufolge gibt es dort neben eventuellen Bankguthaben in der Regel nur das GmbH-Eigenkapital der Verwaltungsgesellschaft zu holen.
Schließlich haften bei Aktiengesellschaften (AG) und Genossenschaften (eG) nur die Gesellschaften selbst mit ihrem Eigenkapital. Die Aktionäre und Genossenschaftsmitglieder sind außen vor, ihre gezahlten Einlagen in Form von Aktien beziehungsweise Genossenschaftsanteilen sind freilich Teil der Insolvenzmasse. Aktien einer insolventen AG können übrigens weiter gehandelt werden, allerdings liegt ihr Kurs dann in der Regel sehr niedrig.
Sonderfälle bei der Haftung: Vermischung von privaten und geschäftlichen Verpflichtungen
Es gibt zudem Sonderfälle, nicht nur durch die Vermischung privater und geschäftlicher Verpflichtungen wie bei Erwin Paulus. Unter gewissen Umständen dürfen etwa Vermögenswerte von Geschäftsführern gerade bei GmbHs doch herangezogen werden – etwa, wenn sie nach dem Insolvenzantrag noch insolvenzrelevante Zahlungen tätigten oder wenn sie die Frist zur Stellung des Insolvenzantrags verpasst haben. Gesellschafter können haften, wenn sie durch absichtliches oder fahrlässiges Verhalten zur Insolvenz beigetragen haben. Das nennt die Rechtssprechung „existenzvernichtender Eingriff“.