Der Kampf um E-Autos für den Audi-Standort Neckarsulm
Das Audi-Werk Neckarsulm hat mit zwei neuen E-Autos eine gute Zukunftsperspektive. Nach der Entscheidung liegt der Fokus nun erst einmal auf den Neuanläufen des A5 und des A7 im Jahr 2024.

Als leidenschaftlicher Jogger weiß Fred Schulze, dass nicht die Sprintfähigkeiten entscheidend sind, sondern die Ausdauer. Schon an seinem ersten Tag als Werkleiter von Audi in Neckarsulm, dem 3. Mai 2021, war klar: Dem heute 56-Jährigen steht ein Marathon in den nächsten Jahren bevor, denn die Liste der Herausforderungen für das Audi-Werk in Neckarsulm ist lang. Da fügt es sich gut, dass er mit Betriebsratschef Rainer Schirmer einen verlässlichen Partner an seiner Seite hat. Der ist zwar kein Läufer, besitzt aber durchaus die Ausdauer und die Hartnäckigkeit, die es für einen Marathon braucht.
Werkbelegung im VW-Konzern – zwei neue E-Modelle für Audi-Standort Neckarsulm
Die Werkbelegung im VW-Konzern, also welches neue Modell an welchem Standort gefertigt wird, ist immer ein heißes Eisen. Das wissen Schulze und Schirmer nur zu gut, sie sind alte Hasen im Geschäft. Aber so langwierig wie dieses Mal waren die Verhandlungen selten zuvor. Mehr als ein Jahr dauerte es, bis am Freitag endgültig die Entscheidung fiel, dass Neckarsulm ab 2027 zwei elektrische Nachfolger für den A8 produzieren wird.
Gute Zahlen und Know-how geben Ausschlag
Kein Sprint, ein Marathon. "Die Entscheidung hat sich gezogen - im Hintergrund gab es viele, teils zähe, intensive Verhandlungen", erzählt Rainer Schirmer rückblickend. "Doch nun können wir uns auf die A8-Nachfolger freuen, die ein wichtiges Signal senden: Neckarsulm steigt 2027 in die Fertigung elektrischer Volumen-Fahrzeuge ein. Die Zukunft ist damit gesichert." Am Ende, so ist aus Konzernkreisen zu hören, hat die Summe aus den vorgelegten Zahlen und dem jahrzehntelang Know-how für Fahrzeuge der Oberklasse den Ausschlag für das Audi-Werk in der Region gegeben.
Neue Plattform bietet viele Möglichkeiten

Die Verantwortlichen in Neckarsulm haben ihren Job erst einmal erledigt, nun ist das Team der Technischen Entwicklung rund um Vorstand Oliver Hoffmann an der Reihe, die beiden Fahrzeuge zur Serienreife 2027 zu bringen. Technische Basis ist die Scalable Systems Platform (SSP), die der VW-Konzern im Jahr 2026 auf den Markt bringen will und auf der dann künftig alle E-Autos basieren. Die SSP-Plattform soll für eine breite Palette von Fahrzeugen geeignet sein, von kompakten Stadtautos bis hin zu Hochleistungssportwagen. Für den Wagen mit dem Projektnamen Landyacht ist das Konzept nach Informationen der Heilbronner Stimme bereits verabschiedet. Der Wagen wird eine große etwa fünf Meter lange Limousine, die optisch "zu fast 90 Prozent", so ein Designer, der 2021 gezeigten Studie Grandsphere entsprechen soll.
Mehr in Richtung SUV trimmen
Ein Grundkonzept besteht dem Vernehmen nach auch für den Landjet. Hier dient als Vorbild die Studie Aicon aus dem Jahr 2017. Hier handelt es sich um ein höhergelegtes Konzept. Allerdings, so berichten Insider, sollen sich die beiden E-Autos noch stärker voneinander differenzieren, um noch mehr Kundenpotenziale zu heben. Der Plan ist wohl derzeit, den Landjet optisch noch mehr in Richtung SUV zu trimmen. So oder so rechnet man nach Informationen unserer Zeitung damit, dass beiden Luxus-Stromer pro Jahr etwas 50.000 bis 60.000 Kunden weltweit finden sollen.

In Neckarsulm gehen nun aber erst einmal die Vorbereitungen für 2024 weiter. "Am Standort Neckarsulm laufen ab dem kommenden Jahr die Nachfolger unserer Erfolgsmodelle Audi A4 und A6 an", sagt Werkleiter Schulze. "Diese wichtigen Volumenmodelle werden dann als A5 und A7, gemäß der neuen Nomenklatur, noch viele Jahre zum Erfolg unseres Unternehmens beitragen und den Standort für die nächsten Jahre nachhaltig auslasten." Dafür investiert das Unternehmen am Standort mehr als eine halbe Milliarde Euro, unter anderem in eine neue Lackiererei, die zum Start 2025 zu den modernsten und umweltfreundlichsten in ganz Europa gehören soll. Zudem wird eine neue Montagehalle errichtet, die bereits auf eine Mischfertigung von Modellen mit Verbrennungsmotor und E-Autos ausgelegt ist.
A5 und A7 sollen Auslastung sichern
A5 und A7 kommen beide als Limousine und Kombi Avant, jeweils mit einer neuen Generation von Benzin- und Dieselmotoren sowie Plug-in-Hybriden. Der SOP (Start of Production, Beginn der Fertigung) des A5 (intern B10) ist für Frühjahr 2024 geplant, der A7 (intern C9) läuft im Herbst nächsten Jahres an. "Der neue A5 wird ein fantastisches Auto mit einer sehr dynamischen Optik und einer neuen Generation von Diesel- und Benzinmotoren. Außerdem wird es Plug-in-Hybride mit elektrischen Reichweiten von mehr als 100 Kilometern geben", sagt Technik-Vorstand Oliver Hoffmann. Nun muss die Mannschaft in Neckarsulm die Anläufe stemmen. Kein Sprint, ein Marathon.
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