Zwölf Wege, Menschen in den Bann zu ziehen
Straßenzauberer auf der Neckarmeile zeigen, wie unterschiedlich man Magie interpretieren kann.
Das Wetter konnten sich die Straßenzauberer auf der "Magischen Neckarmeile" in diesem Jahr nicht schöner zaubern. Trotz kleiner Schauer bilden sich rund um die Künstler zwischen Götzen- und Bollwerksturm aber dicke Trauben von Passanten, die sich von Improvisationstalent und Magie verzaubern lassen.
Ein besonderes Geburtstagsgeschenk
Ein Zauberer braucht natürlich immer einen Lehrling. Flash Gonzalez pickt sich Khalil aus der Menge - und macht dem Heilbronner Jungen damit eine besondere Freude - an seinem siebten Geburtstag. Gemeinsam versuchen die zwei, Tauben vom Besen zu zaubern. Khalil strengt sich an - und tanzt für die gute Show sogar zum Cha-Cha-Cha.
Nicht nur die Illusion ist wichtig, man muss die Menschen erreichen. Das weiß Flash Gonzalez, der seit 14 Jahren unterwegs ist, anfangs als Artist und Feuerkünstler, nun als Zauberer. Zum Schluss nutzt er die unsichtbare Angel, mit der er unsichtbare Fische aus dem Neckar geholt hat, um Zuschauer zu seinem ganz realen Hut zu ziehen - und dort etwas Kleingeld hineinzuwerfen. Und so gibt auch Amira Nahali ihrem Sohn Khalil ein wenig "Hutgeld" für den chilenischen Künstler.
Magier in der Wechselstube
Dass den Menschen dieses Kleingeld nicht ausgeht, dafür sorgt gleich hinter der Kaiserstraße Daniel Schirner in der Wechselstube, die die Organisatoren von der Neckarmeile aufgestellt haben. Wenn es die Zeit zulässt, nutzt auch er die Chance, die Menschen mit kleinen Tricks zu unterhalten. Der Neckargemünder ist ebenfalls Zauberer und Mitglied im Magischen Zirkel Heilbronn. Spezialisiert ist er auf Tischzauberei. Wie ein Hütchenspieler ässt er sein Publikum auf der Suche nach der richtigen Karte eins ums andere Mal in die Falle tappen.
Nebenan pumpt Lady Vee aus Schottland gegen eine kleine Spende Ballons auf und dreht sie in die schönsten Formen. "Pinguine und Einhörner sind heute besonders gefragt", sagt sie. Mit ihrem Mann, dem Straßenzauberer Mario Morris, tourt sie durch Europa und manchmal bis in die USA.
Überraschungen der etwas anderen Art
So ziehen zwölf der besten Straßenzauberer aus aller Welt mit ihrer Kunst die Menschen in ihren Bann. Sie tun es jeder auf seine ganz besondere Weise. Shiva Grings etwa hat mit klassischer Magie nichts am Hut. Vielmehr setzt er voll auf Improvisation, stellt sich Passanten in den Weg, tanzt mit ihnen, lässt sie in die Falle tappen, um sie dann zu erschrecken. Und er tut das teils mit so viel Feingefühl, dass nicht einmal das einjährige Mädchen Angst bekommt, das er mit schelmischem Gesichtsausdruck in seinen Koffer packen möchte. Da wird es sogar der Mutter sichtlich mulmig. Spätestens, als es für die Kleine einen Lolli gibt, ist aber alles wieder bestens, und die Zuschauer dürfen weiter unbeschwert lachen.
Auch Günter und Maria Hehenberger haben sich vom durchwachsenen Wetter nicht abhalten lassen. "Wir haben schon seit sieben Tagen kein Fernsehen mehr im Haus", sagt Günter Hehenberger. Da ist solche Art von Unterhaltung doch sehr willkommen. Nun stehen sie an der Neckartreppe und schauen dem rot gekleideten Kamimaro aus Japan zu, wie er den Leuten Münzen aus den Haaren zaubert, Karten verschwinden lässt und dann wieder aus dem Mund holt oder auch eine leere, zerdrückte Coladose in Form bringt, verschließt, wieder öffnet und dann ein Glas damit füllt.
Der Illusion auf der Spur
Immer wieder werden Handys gezückt, Fotos gemacht. Nur wenige versuchen aber, mit Filmaufnahmen alles ganz genau zu sehen. "Wer einem Trick unbedingt auf die Schliche kommen will, der schafft es wohl auch", sagt Zauberer Gunther Stange. Aber die meisten Menschen lassen sich doch lieber überraschen, akzeptieren die Illusion.
Neugier wird dennoch gekitzelt. Als der Zauberer Jakob Mathias aus St. Wendel sich Meter um Meter eines weißen Bandes aus dem Mund zieht, da ist Tom Ludwig baff. "Wie macht der des?", fragt der Vierjährige seinen Vater Bernd, auf dessen Schultern er sitzt. Doch darum geht es eben in der Magie: dass man nicht weiß, wie der Zauberer das macht.
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