Warum Harald Ebner mit dreieinhalb weiteren Monaten Kernkraft leben kann
Wegen der Energiekrise fasst die Ampel-Koalition auch Beschlüsse, die "richtig wehtun", sagt der Hohenloher Grünen-Abgeordnete Harald Ebner. In der Heilbronner Zigarre hat er Parteifreunden erklärt, welchen Trick es bei der AKW-Laufzeit gibt und warum Mitte April definitiv Schluss ist.

Harald Ebner wird in farbiges Licht getaucht. Zahlreiche Lampen beleuchten den Hohenloher Abgeordneten, der Parteifreunden in der Heilbronner Zigarre am Donnerstagabend erklärt, was die Grünen unternehmen, damit die Lichter diesen Winter nicht ausgehen. Vor allem, weil die Grünen einen umstrittenen Kompromiss getragen haben: Die drei letzten Kernkraftwerke bleiben bis Mitte April 2023 am Netz.
Das er heute noch über Atomkraft diskutieren muss, ist bitter, sagt Ebner. "Aber es kommt nicht völlig unerwartet." Er wird spätestens mit der Geburt seiner Tochter zum Gegner, denn sie kommt kurz vor dem Atomunfall in Tschernobyl zur Welt. "Ihr erster Frühling war der Frühling 86." Obst aus dem Garten sei damals genauso schwierig gewesen wie im Sandkasten spielen. "Das war für uns alle ein einschneidendes Erlebnis."
Zehn Milliarden Euro kostet der Ausstieg vom Atomausstieg unter Schwarz-Gelb
2001 beschließt Rot-Grün den Atomausstieg, der 2010 von Union und FDP rückgängig gemacht wird, nur um wenig später nach dem Gauim japanischen Fukushima erneut auszusteigen. "Dieser Ausstieg vom Ausstieg kam uns alle teuer zu stehen."
Zehn Milliarden vereinbart Schwarz-Gelb damals mit den Betreibern als Entschädigung. "Hätte man dieses Geld in die Erneuerbaren gesteckt, müssten wir heute nicht diskutieren, ob wir ein popeliges AKW noch ein paar Monate weiterlaufen lassen", sagt Ebner.
Ampel-Koalition will Hindernisse beim Ausbau der Erneuerbaren aus dem Weg räumen
Dass es so gekommen ist, habe viele Facetten, erklärt Ebner. Etwa die Lage in Frankreich, das wegen der seit Monaten stillstehenden Atommeiler auf Stromimporte aus Deutschland angewiesen sei.
Zum anderen habe man zuerst Hindernisse für den Ausbau der Erneuerbaren aus dem Weg geräumt. "In der Geschwindigkeit, in der wir Gesetze gemacht haben, hat es vorher noch keiner gemacht." Dabei habe die Ampel-Koalition auch etwas beschlossen, was Ebner "richtig wehtut". "Wir ersetzen russisches Gas durch Kohle und Öl. Das ist nicht schön. Aber wer will den 30-fachen Gaspreis bezahlen?"
Plan der Grünen wird von Kanzler Scholz durchkreuzt
Vor Kurzem hat der 58-Jährige ein altes Protestplakat wieder aufgehängt. "Sicher ist nur das Risiko", steht darauf. Für ihn und seine Partei sei das die unverrückbare Maxime gewesen. "Wir haben gesagt: Es gibt keinen Millimeter Bewegung bei der Sicherheit der Reaktoren."
Gegen den Plan der Grünen, nur zwei AKWs und diese nur als Reserve laufen zu lassen, protestiert die FDP. Erst Tage später weist Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Weiterbetrieb aller drei Kraftwerke an. "Das war schon ein krasses Führungsversagen", räumt Ebner ein.
Wegen eines "juristischen Tricks" kann er aber mit dem Ergebnis leben: "Wir haben das Gesetz so geändert, dass der Atomausstieg der 31.12.2022 bleibt." Die verbliebenen Meiler dürften damit nur ausnahmsweise und mit den vorhandenen Brennstäben weiterlaufen. "Die Betreiber dürfen keine Brennelemente mehr kaufen", sagt Ebner und verspricht den Anwesenden: "Am 15.04. ist wirklich Schluss."