Viele Menschen fahren am vierten Adventssamstag kostenlos Bus und Bahn
Der ÖPNV wird am letzten Adventswochenende in der ganzen Region genutzt. Zum Abschluss der HNV-Aktion lockt sonniges Wetter besonders viele Fahrgäste an. Die Auswertung dauert zwar noch an, doch erste Erkenntnisse gibt es.
Volle Busse, volle Bahnen: Die HNV-Idee, an den Adventssamstagen einen kostenlosen ÖPNV in Stadt und Landkreis Heilbronn sowie im Hohenlohekreis anzubieten, war ein großer Erfolg. Auch wenn Zahlen noch auf sich warten lassen, so sind die meisten Fahrgäste begeistert. "Selten wurde unserem Fahrpersonal so häufig ein Dankeschön zuteil", sagt Tilo Elser, Chef der Verkehrsbetriebe in Heilbronn.
Viele fahren in Richtung Heilbronn

Samstag, kurz nach 13 Uhr am Weinsberger Bahnhof. Ein Mann möchte noch in die Stadtbahn S4 nach Heilbronn einsteigen, doch so einfach ist das nicht mehr. Im Eingangsbereich herrscht ein Mix aus Platzmangel und Desinteresse, diesen zu beseitigen. Nach einigen langen Sekunden wird er doch noch hereingelassen. Aber es ist eng in der Bahn.

Eine kurze Umfrage ergibt, dass sich rund ein Viertel bis ein Drittel der Fahrgäste in diesem Abteil bewusst wegen der Kostenlos-Aktion dafür entschieden hat, heute mit der Stadtbahn zu fahren. Vielleicht ist der Anteil sogar noch größer, doch nicht alle verstehen die Frage - wegen der Kopfhörer im Ohr oder wegen sprachlicher Probleme.
Eine Stunde zuvor hatten sich Andreas und Nina Hoffmann mit ihren Söhnen Jonathan (7) und Samuel (4) von Obersulm-Affaltrach in die gar nicht so volle S4 Richtungen Öhringen-Cappel gesetzt. "Die Kinder fahren so gerne Bahn, da bietet es sich heute ja an", sagt Andreas Hoffmann.
Mit der Bahn in die Stadt: "Kostenlos müsste es gar nicht sein. Aber günstiger."

Dabei findet er: "Kostenlos müsste es gar nicht sein. Aber günstiger." So, dass es auch finanziell eine Alternative zum Auto ist, das man als Familie ja ohnehin brauche. Jetzt will die Familie noch weiter nach Schwäbisch Hall auf den Weihnachtsmarkt.

Das überlegen sich auch Margarete und Walter Schäfer. Sie waren eine Woche zuvor mit der Stadtbahn in Heilbronn, dieses Mal wollten sie zum Bummeln nach Öhringen. Doch die entspannte Fahrt an diesem Samstagmittag scheint Lust auf mehr zu machen. "Das könnten sie öfter machen", sagt die 67-Jährige. Und ihr Mann ergänzt: "Da lässt man das Auto dann gerne stehen."
Befragung der Fahrgäste war nicht vorgesehen
Wie viele sich wegen der Aktion gegen das Auto entschieden haben, wird auch nach Auswertung der Zahlen bis Februar nicht feststehen. "Wir befragen die Fahrgäste nicht", erklärt Thomas Tiselj vom HNV. Es sei schon schwierig, den Zuwachs an Fahrgästen während der Aktionszeiten abzugrenzen von dem ohnehin erhöhten Fahrgastaufkommen im Advent.
Fest steht, dass am vierten Samstag besonders viele unterwegs sind, wie Steffen Müller von den Verkehrsbetrieben erklärt: "Da hat das gute Wetter wohl dazu beigetragen, und wahrscheinlich hat es sich inzwischen auch herumgesprochen." So kam es am späten Nachmittag teils auch zu Verspätungen.
Mit dem Auto zur Bahn
Birgit und Martin Kaiser haben ihr Auto für die Fahrt nach Öhringen ebenfalls stehen lassen - nachdem sie damit von Flein nach Heilbronn gefahren sind. "Wir hätten am frühen Morgen sonst zu viel Zeit gebraucht, zuerst zur Haltestelle und dann mit dem Bus." Die Fahrt mit der S4 genießen sie jetzt umso mehr. "Es erhöht die Lebensqualität, wenn man entspannt am Ziel ankommt", findet Martin Kaiser. Seine Frau räumt aber auch ein: "Man ist natürlich auch Individualist, das lässt sich nicht abstreiten."
Zwei über 80-jährige Frauen sind über die Aktion nicht ganz so erfreut wie viele andere. "Ich habe seit 20 Jahren das Sahne-Ticket. So finanzieren wir letztlich die Aktion mit", findet die 84-Jährige. Dafür sei nun auch noch so viel los in der Bahn.
Wenige passten nicht mehr rein
Der HNV räumt auch ein, dass Fahrgäste vereinzelt nicht wie gewünscht befördert werden konnten, weil Bus oder Bahn überfüllt waren. Doch die Ausweitung der Kapazitäten habe sich insgesamt bewährt.
Wird die Aktion wiederholt?
Es war ein Testballon, Bus- und Bahnfahrten im HNV-Land an den vier Adventssamstagen kostenlos anzubieten. Damit waren Kosten von etwa 160.000 Euro verbunden. Möglicherweise gibt es schon im Lauf des nächsten Jahres eine Wiederholung. Auf Initiative der Heilbronner Gemeinderatsfraktionen von CDU, Grünen und SPD wird derzeit geprüft, ob der kostenlose ÖPNV nur in Heilbronn oder abermals im HNV-Gebiet angeboten wird. Die Entscheidung soll im Februar fallen.
Kommentar: "Im Nebel"
Die Stadt ist voll, und in den Parkhäusern ist noch Platz. Das war ein hochgestecktes Ziel des kostenlosen HNV-Angebots für die vier Adventssamstage, und so viel lässt sich sagen: teilweise wurde es erreicht. Natürlich war das Ganze eine große Marketing-Aktion. Das soll es auch sein. Den ÖPNV finanzieren wir alle, und so ist es auch im Interesse aller, dass mehr Menschen als bisher die Vorteile der klimaschonenden und effizienten Mobilität für sich ausloten und erkennen.
Man darf auch hoffen, dass im kommenden Jahr die nächste Aktion an Samstagen von Anfang März bis Ende Juli wieder HNV-weit angeboten werden kann. Damit sollten dann auch die Hochschulen genügend Vorlauf haben, um sich an einer intensiveren Untersuchung zu beteiligen. Es geht darum, auch in unserer Autoregion herauszufinden, wo es hakt und was funktioniert. Der kostenlose Transport ist die teuerste Variante, die Menschen zum Umstieg zu bewegen. Und vielerorts reicht auch das nicht aus. Es braucht zusätzlich einen engeren Takt oder kürzere Verbindungen, die sich nicht an den Orts- und Kreisgrenzen orientieren. Hier stochern auch die Profis noch viel zu oft im Nebel. Erkenntnisse aus solchen Aktionen müssen zu dauerhaften Verbesserungen führen.
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Kommentare
Sven Müller am 21.12.2019 21:38 Uhr
Auch ich habe bereits an einem der Adventswochenenden das kostenlose Angebot sehr gerne genutzt - auch wenn die Bahn viel zu voll war. Ansonsten stimme ich Familie Hoffmann zu: kostenlos wäre zwar schön, aber günstiger wäre schon einmal ein Anfang. Für die knapp 30 Minuten in der Bahn von Neudenau nach Heilbronn zahlt man 5,80 Euro. Hin und zurück mit der Tageskarte 10 Euro pro Person. Zwei Erwachsene zahlen also 20 Euro für die umweltschonende Alternative. Das Auto ist und bleibt trotz hohen Spritpreisen und Parkgebühren in dem Fall günstiger. Wären die Preise günstiger, würde ich wesentlich häufiger auf Bus und Bahn umsteigen.