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Kohleausstieg
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Neues Gas-Kraftwerk für Heilbronn – Spatenstich für 500-Millionen-Euro-Projekt

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Mit dem Spatenstich startet der Bau des neuen Gas-Kraftwerks in Heilbronn. Das 500-Millionen-Euro-Projekt soll den Kohleausstieg schaffen. Doch einige Fragen sind noch offen.

Spatenstich für das Gaskraftwerk Heilbronn: Audi-Werksleiter Fred Schulze, Oberbürgermeister Harry Mergel, Staatssekretär Andre Baumann und EnBW-Vorstand Dirk Güsewell zusammen mit Projektleiter Michael Class (von links).
Spatenstich für das Gaskraftwerk Heilbronn: Audi-Werksleiter Fred Schulze, Oberbürgermeister Harry Mergel, Staatssekretär Andre Baumann und EnBW-Vorstand Dirk Güsewell zusammen mit Projektleiter Michael Class (von links).  Foto: Seidel, Ralf

Ein kleiner Zungenbrecher ist es schon, dieses Projekt. Hin und wieder verhaspelt sich sogar einer, der ständig damit zu tun hat - EnBW-Vorstand Dirk Güsewell hat während seiner einleitenden Sätze zum Spatenstich manchmal Mühe, das Wort "Fuel Switch" richtig auszusprechen. Doch darum geht es eben: den Umbau des Kohlekraftwerks Heilbronn.

Direkt neben dem Kühlturm wird nun ein Gaskraftwerk errichtet, das eines Tages auf Wasserstoff umgestellt werden soll. Die EnBW investiert dafür etwa 500 Millionen Euro. 2026 soll es in Betrieb gehen.

Neues Gaskraftwerk in Heilbronn soll Energie bei Dunkelflaute liefern

Dass der Energiekonzern hier auf Erdgas setzt, obwohl doch die Erzeugung möglichst rasch CO2-frei werden soll, hat für den Vorstand einen einfachen Grund: "Ein funktionsfähiges und sicheres Energiesystem wird mit dem Ausbau der Erneuerbaren alleine nicht gelingen", wie er den gut 200 Gästen – Vertreter der Kommunen, des Landes und des Konzerns – erläuterte. Schließlich wehe manchmal auch kein Wind, wenn die Sonne nicht scheint - es droht die sogenannte Dunkelflaute. "Wir benötigen Energieleistungen, die quasi auf Knopfdruck verfügbar sind. Gaskraftwerke sind da aus aktueller Perspektive die sinnvollste Technologie."

 

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Hier in Heilbronn sei der Neubau kein Anachronismus, sondern "ein echter Energiewende-Ermöglicher". Vor Ort würden 3,6 Millionen Tonnen CO2 durch die Umstellung von Kohle auf Gas eingespart, eine Reduzierung um 60 Prozent. Und spätestens 2035 soll das Kraftwerk ans Wasserstoffnetz angeschlossen sein. Spatenstich für die Leitung ist kommende Woche.

Audi gab den letzten Anstoß für den Bau des Heilbronner Gaskraftwerks

Für Aufhorchen sorgt in der Diskussion auf der Bühne dann, dass Güsewell Audi-Werksleiter Fred Schulze bescheinigt: "Durch Audi wurde unsere Entscheidung überhaupt erst ermöglicht." Weil Audi den Vertrag zur Bezug der Fernwärme aus dem Kraftwerk verlängert habe, werde der neue Block 8 rentabler. "Wir hatten auch andere Ideen, aber die haben wir ad acta gelegt", deutete Schulze an. Nun stehe fest: Audi bleibt der größte Fernwärme-Kunde der Anlage.

Immerhin hat das Gaskraftwerk neben 710 Megawatt elektrisch auch eine Leistung von 190 Megawatt thermisch, also Fernwärme, die vor allem nach Neckarsulm und ins nördliche Heilbronner Industriegebiet geliefert wird. Die Bauarbeiten für neue Leitungen sind schon angelaufen – die Rohre lagern direkt neben dem Ort des Spatenstichs.

Warum der Staatssekretär das Wort Transformation inzwischen meidet

Dass nicht nur Fuel Switch ein problematisches Wort sein kann, erläuterte Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann. Transformation sei auch so ein Fall - nicht wegen der Aussprache, sondern wegen der Bedeutung. Einige wüssten nicht, was gemeint sei, viele fürchteten sich vor dem damit verbundenen Wandel - und nur wenige unterstützten ihn. "Ich versuche, den Begriff inzwischen zu vermeiden", räumte der Grünen-Politiker ein. Und auch die nachfolgenden Redner hielten sich prompt daran.

Details zur Kraftwerksstrategie fehlen noch

Baumann lobte jedenfalls den heutigen Spatenstich als einen Beweis, dass hier Veränderung als Chance begriffen werde. "Denn es ist wichtig, dass wir jetzt Gas geben - hier in Heilbronn in doppelter Hinsicht." Die ökologischen Ziele seien nur im Schulterschluss mit der Wirtschaft zu erreichen. Daher sei die von der Bundesregierung verkündete Kraftwerksstrategie grundsätzlich zu begrüßen, jetzt müssten aber die Details festgezurrt werden. Das betonte auch Güsewell.

Welche Farbe hat der Wasserstoff?

"Dekarbonisierung darf nicht zur Deindustrialisierung führen", mahnte der Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel. Der Energiebedarf steige weltweit wegen Digitalisierung und wirtschaftlichen Fortschritts weiter an. Deutschland sei auf eine saubere, nachhaltige, bezahlbare und sichere Energie-Infrastruktur angewiesen. Da sei das Gaskraftwerk ein Meilenstein für eine zukunftsgerichtete Strom- und Fernwärmeversorgung.

Offen bleibt derzeit nur, wann der Wasserstoff kommt - und welche Farbe er hat. Für Güsewell muss er jedenfalls nicht unbedingt "grün" sein. "Blau" tue es auch.

EnBW plant drei weitere Projekte

Neben Heilbronn baut die EnBW auch wasserstofffähige Gaskraftwerke in Stuttgart-Münster und Altbach, ebenfalls auf dem Gelände bestehender konventioneller Kraftwerke. Die Bauarbeiten haben dort bereits im vergangenen Jahr begonnen. Insgesamt investiert der Konzern in die Projekte mehr als 1,6 Milliarden Euro. Am Kohlekraftwerk Walheim soll eine Klärschlammverbrennung entstehen.

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Kommentare

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Peter Titus am 23.02.2024 20:40 Uhr

Na das klingt doch super! 60% CO2 gespart, und 2030 kommt dann der Wasserstoff und alles ist gut!

Dumm nur dass die EnBW die Berechnungsgrundlage für die fabulöse 60% nicht preisgibt, und LNG Gas aus Fracking vermutlich sogar schädlicher ist als Kohle, vor allem kurzfristig, da Methan ca. 300 mal Klimaschädlicher ist als CO2, aber relativ schnell in n der Atmosphäre abgebaut wird - wenn die wesentlichen Kippunkte überschritten werden hilft uns das aber auch nicht mehr. Dumm zudem auch dass alleine die Chemische Industrie sämtlichen verfügbaren grünen Wasserstoff benötigen würde um halbwegs Klimaneutral zu werden, und Stahlproduktion, Schwerlastverkehr usw. ohne Wasserstoff gar nicht funktionieren. Da bleibt leider nichts übrig um (rentabel) Strom draus zu produzieren.
Blauer Wasserstoff ist übrigens nur eine anderer Name dafür weiterhin Erdgas zu verbrennen, nur viel aufwändiger und ineffizienter.
Warum glaubt die Politik eigentlich weiterhin, dass uns Großkonzerne brauchbare Lösungen gegen die Klimakatastrophe liefern werden? Genau die Konzerne, die uns erst in diese Misere gebracht haben?

Ich denke weil es bequem ist. Ansonsten müsste man ja selbst über die Problematik nachdenken und Lösungen entwickeln. Das ist viel zu anstrengend, und bei den Projektvorstellungen gibt es ja auch immer leckere Häppchen!

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