Neues Gas-Kraftwerk für Heilbronn – Spatenstich für 500-Millionen-Euro-Projekt
Mit dem Spatenstich startet der Bau des neuen Gas-Kraftwerks in Heilbronn. Das 500-Millionen-Euro-Projekt soll den Kohleausstieg schaffen. Doch einige Fragen sind noch offen.

Ein kleiner Zungenbrecher ist es schon, dieses Projekt. Hin und wieder verhaspelt sich sogar einer, der ständig damit zu tun hat - EnBW-Vorstand Dirk Güsewell hat während seiner einleitenden Sätze zum Spatenstich manchmal Mühe, das Wort "Fuel Switch" richtig auszusprechen. Doch darum geht es eben: den Umbau des Kohlekraftwerks Heilbronn.
Direkt neben dem Kühlturm wird nun ein Gaskraftwerk errichtet, das eines Tages auf Wasserstoff umgestellt werden soll. Die EnBW investiert dafür etwa 500 Millionen Euro. 2026 soll es in Betrieb gehen.
Neues Gaskraftwerk in Heilbronn soll Energie bei Dunkelflaute liefern
Dass der Energiekonzern hier auf Erdgas setzt, obwohl doch die Erzeugung möglichst rasch CO2-frei werden soll, hat für den Vorstand einen einfachen Grund: "Ein funktionsfähiges und sicheres Energiesystem wird mit dem Ausbau der Erneuerbaren alleine nicht gelingen", wie er den gut 200 Gästen – Vertreter der Kommunen, des Landes und des Konzerns – erläuterte. Schließlich wehe manchmal auch kein Wind, wenn die Sonne nicht scheint - es droht die sogenannte Dunkelflaute. "Wir benötigen Energieleistungen, die quasi auf Knopfdruck verfügbar sind. Gaskraftwerke sind da aus aktueller Perspektive die sinnvollste Technologie."
Hier in Heilbronn sei der Neubau kein Anachronismus, sondern "ein echter Energiewende-Ermöglicher". Vor Ort würden 3,6 Millionen Tonnen CO2 durch die Umstellung von Kohle auf Gas eingespart, eine Reduzierung um 60 Prozent. Und spätestens 2035 soll das Kraftwerk ans Wasserstoffnetz angeschlossen sein. Spatenstich für die Leitung ist kommende Woche.
Audi gab den letzten Anstoß für den Bau des Heilbronner Gaskraftwerks
Für Aufhorchen sorgt in der Diskussion auf der Bühne dann, dass Güsewell Audi-Werksleiter Fred Schulze bescheinigt: "Durch Audi wurde unsere Entscheidung überhaupt erst ermöglicht." Weil Audi den Vertrag zur Bezug der Fernwärme aus dem Kraftwerk verlängert habe, werde der neue Block 8 rentabler. "Wir hatten auch andere Ideen, aber die haben wir ad acta gelegt", deutete Schulze an. Nun stehe fest: Audi bleibt der größte Fernwärme-Kunde der Anlage.
Immerhin hat das Gaskraftwerk neben 710 Megawatt elektrisch auch eine Leistung von 190 Megawatt thermisch, also Fernwärme, die vor allem nach Neckarsulm und ins nördliche Heilbronner Industriegebiet geliefert wird. Die Bauarbeiten für neue Leitungen sind schon angelaufen – die Rohre lagern direkt neben dem Ort des Spatenstichs.
Warum der Staatssekretär das Wort Transformation inzwischen meidet
Dass nicht nur Fuel Switch ein problematisches Wort sein kann, erläuterte Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann. Transformation sei auch so ein Fall - nicht wegen der Aussprache, sondern wegen der Bedeutung. Einige wüssten nicht, was gemeint sei, viele fürchteten sich vor dem damit verbundenen Wandel - und nur wenige unterstützten ihn. "Ich versuche, den Begriff inzwischen zu vermeiden", räumte der Grünen-Politiker ein. Und auch die nachfolgenden Redner hielten sich prompt daran.
Details zur Kraftwerksstrategie fehlen noch
Baumann lobte jedenfalls den heutigen Spatenstich als einen Beweis, dass hier Veränderung als Chance begriffen werde. "Denn es ist wichtig, dass wir jetzt Gas geben - hier in Heilbronn in doppelter Hinsicht." Die ökologischen Ziele seien nur im Schulterschluss mit der Wirtschaft zu erreichen. Daher sei die von der Bundesregierung verkündete Kraftwerksstrategie grundsätzlich zu begrüßen, jetzt müssten aber die Details festgezurrt werden. Das betonte auch Güsewell.
Welche Farbe hat der Wasserstoff?
"Dekarbonisierung darf nicht zur Deindustrialisierung führen", mahnte der Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel. Der Energiebedarf steige weltweit wegen Digitalisierung und wirtschaftlichen Fortschritts weiter an. Deutschland sei auf eine saubere, nachhaltige, bezahlbare und sichere Energie-Infrastruktur angewiesen. Da sei das Gaskraftwerk ein Meilenstein für eine zukunftsgerichtete Strom- und Fernwärmeversorgung.
Offen bleibt derzeit nur, wann der Wasserstoff kommt - und welche Farbe er hat. Für Güsewell muss er jedenfalls nicht unbedingt "grün" sein. "Blau" tue es auch.
EnBW plant drei weitere Projekte
Neben Heilbronn baut die EnBW auch wasserstofffähige Gaskraftwerke in Stuttgart-Münster und Altbach, ebenfalls auf dem Gelände bestehender konventioneller Kraftwerke. Die Bauarbeiten haben dort bereits im vergangenen Jahr begonnen. Insgesamt investiert der Konzern in die Projekte mehr als 1,6 Milliarden Euro. Am Kohlekraftwerk Walheim soll eine Klärschlammverbrennung entstehen.