KI an Schulen: Was ist schon möglich – und wo liegen die Tücken?
Entlastung für Lehrer, Förderung von Kindern: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz können helfen, die Bildungsgerechtigkeit zu fördern.

Tablets im Unterricht, Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI): An vielen Schulen wird der digitale Unterricht noch weiter ausgebaut. Beispielsweise will Weinsbergs Justinus-Kerner-Gymnasium allen Jugendlichen ab Klasse zehn eigene Geräte zur Verfügung stellen. Heilbronn geht einen Schritt weiter: Stadt und Dieter-Schwarz-Stiftung stellen mehrere Millionen Euro bereit, um allen Schülern eigene Tablets zu geben.
Mit digitalen Elementen können Kinder besser gefördert und gefordert werden, es gibt aber Tücken. Das hat die Konferenz "Bildung Digitalisierung" in Berlin gezeigt, in der es um Chancengerechtigkeit ging. KI kann den Alltag der Lehrer erleichtern.
Beispielsweise können sie sich auf Knopfdruck Unterrichtsmaterial erstellen lassen, wenn sie spontan in einer Klasse einspringen müssen. KI kann Entwürfe von Präsentationen erstellen, Elterngespräche zusammenfassen und übersetzen, wenn Mütter und Väter nicht gut Deutsch sprechen können.
KI im Unterricht: Ehemalige Referendarin aus Heilbronn setzt in Mainz auf spezielles Mathe-Programm
Das Frauenlob-Gymnasium Mainz setzt im Fach Mathe ein sogenanntes Intelligentes Tutorielles System ein, das sich bei neuen Aufgaben für ein Kind daran orientiert, was der Schüler gut kann und wo er Schwierigkeiten hat. "Das ermöglicht den Kindern, im eigenen Tempo zu lernen", sagt Elisabeth Weber, die zur Schulleitung gehört und während ihres Referendariats für zwei Jahre in Heilbronn am Theodor-Heuss-Gymnasium und am Robert-Mayer-Gymnasium war.
Ein entscheidender Punkt sei gewesen, dass Mainz an ihrer Schule allen Kindern Tablets gekauft hat. Stünden der Schule nur wenige Rechner zur Verfügung, wäre ein vergleichbarer Unterricht viel aufwendiger. Und spontane Zehn-Minuten-Einheiten am Tablet während des Unterrichts wären unmöglich.
Das System hat aus Sicht der Mainzer Vorteile: Kinder bekommen eigene Aufgaben, Abschreiben beim Nachbarn gehe nicht mehr, sagt Elisabeth Weber. Zugleich zeigt sie Grenzen auf: Das gemeinsame Lernen und das Miteinander kämen zu kurz, würde man als Lehrer Kinder nur noch vor den Geräten parken. Auf Abwechslung achtet deshalb die Schule. Zurückhaltendere oder schwächere Schüler könnten eigene Lösungswege ausprobieren und bekämen gleich eine Rückmeldung durch den Computer. Liegen sie falsch, bekommt die Klasse dies nicht mit, sagt die Mainzer Kollegin Charlotte Jahn.
KI gibt Schülern eigene Aufgaben: Kinder können sich nicht mehr vergleichen
Dieser Punkt ist auch für Professor Michael von Aster (Zentrum für Schulische und Psychosoziale Rehabilitation an den DRK-Kliniken Berlin) entscheidend. "Beschämungsängste" könne es bei individuellen Rückmeldungen durch die KI nicht mehr geben. Kinder müssten keine Angst mehr davor haben, wie die Klasse auf Fehler reagiert. Weiterer Vorteil: Man könne nicht mehr schauen, wie gut andere seien. Jeder Schüler bearbeitet seine eigene Aufgaben. "Das entlastet vom ständigen Quervergleich." Dass digitale Elemente den Kindern helfen, zeigt er an Forschung im Bereich von Mathe: Die Rechenleistung der Kinder habe sich hier "deutlich verbessert", die Matheangst sei zurückgegangen.
In Bayern setzen Grundschulen über KI@school Programme ein, um die Schreibgeschwindigkeit der Kinder zu analysieren oder zu schauen, wie gut sie lesen können. Bei der Konferenz berichten Experten von Jugendlichen, die zwischen KI-Bots wechseln, um erste Anregungen für Arbeiten zu erhalten und diese dann zu übersetzen. Die Tagung ermutigt auch Schulen, auszuprobieren – selbst wenn es kurzzeitig auf ein Tool hinauslaufen sollte, mit dem Lehrer und Schüler nicht zurechtkommen.
Und Patrick Bronner vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg und Lehrer am Friedrich-Gymnasium in Freiburg erzählt von seinen KI-Anwendungen: Beispielsweise müssten Jugendliche die Antworten der Chatbots prüfen, Satz für Satz.
KI-Programme geben schneller Rückmeldung als Lehrer
Die digitalen Programme können Kindern sofort Rückmeldungen geben. "Das individuelle und regelmäßige Feedback ist wichtig", sagt Dr. Ewa Bacia, Projektleiterin am Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie. KI entlaste Pädagogen vor automatisierten Aufgaben, sie hätten mehr Zeit für die Kinder. Die Rolle der Lehrer ändere sich deshalb, sagt Ewa Bacia. Mit KI-Tools komme auf sie eine besondere Herausforderung zu: Leistungsstärkere Kinder seien ohnehin schon motiviert und profitierten deshalb mehr von solchen Programmen als leistungsschwächere. "Die brauchen mehr Unterstützung", betont sie.
Die KI gibt Kindern und Jugendlichen so schnell eine Rückmeldung, wie es kein Lehrer leisten kann. Der Haken daran: Manche Kinder interessierten sich dafür gar nicht, so Carina Geier von der Stiftung Bildungspakt Bayern. Das sei aber kein KI-Phänomen, schon jetzt schauten viele Kinder nur auf die Note unter einer Arbeit statt auf längere Bemerkungen der Lehrer. "Das Problem gibt es jetzt schon."