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Hilferuf von Lehrkräften: Inklusion an Regelschulen in Gefahr

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Kinder mit einem Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot können auch eine Regelschule besuchen. Doch ausgebildetes Personal steht nicht in dem Umfang zur Verfügung wie benötigt.

Kritik einer Regelschule: Es fehlen Sonderpädagogen, damit Inklusion gelingt.
Kritik einer Regelschule: Es fehlen Sonderpädagogen, damit Inklusion gelingt.  Foto: Peter Kneffel

In den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) ist die Personalsituation schon länger sehr angespannt, das wirkt sich jetzt auf die Inklusion in den Regelschulen aus. Eine Schule in der Region, an der mehrere Kinder mit einem Förderbedarf unterrichtet werden, schlägt nun Alarm: "Wir wollen die Kindern fördern und unterstützen, aber das schaffen wir nicht, weil wir allein gelassen werden."

Es ist ein heikles Thema, und deshalb wollen die Verantwortlichen der Schule weder ihren Namen noch den ihrer Schule in der Zeitung lesen. Ihre Erfahrungen decken sich allerdings mit der Einschätzung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Der Inklusion, also dass Kinder mit einem Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot eine Regelschule besuchen können, stehen die Schul-Vertreter aufgeschlossen gegenüber. Nur: Derzeit empfehlen sie keiner Familie, diesen Schritt zu gehen.

Geschultes Personal aus Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren für Regelschulen

"Wir können es nicht guten Gewissens vorschlagen, weil wir keine Unterstützung bekommen", so ein Schulverantwortlicher. Den Kindern würde an einem SBBZ, früher Förderschule genannt, besser geholfen. Die Lehrer sprechen der Heilbronner Stimme gegenüber von Augenwischerei, die das Land betreibe. "Wir hätten gern mehr Unterstützung."

Rein rechnerisch stünde der Schule für ein paar Stunden pro Woche ein Experte aus einem SBBZ zu. Fällt der allerdings krankheitsbedingt aus, gibt es überhaupt keine zusätzliche Hilfe. Schon diese Stundenzahl allein reiche nicht aus, damit der sonderpädagogisch geschulte Kollege sich überhaupt für mindestens eine Stunde pro Woche um jedes einzelne Kind kümmern kann. Viel mehr Hilfe sei nötig. Zwar sitzen teilweise mehrere Mädchen und Jungen mit speziellem Bedarf zusammen in einer Regelklasse, aber sie müssten unterschiedlich gefördert werden. Die angespannte Situation werde sich im laufenden Schuljahr vermutlich noch zuspitzen, vermutet die Schule aus der Region. Die Stunden des SBBZ-Experten würden nicht erhöht, aber vermutlich kämen noch weitere Kinder mit Förderbedarf hinzu.

Heilbronner Schulamt kennt die Situation in Schulen

Die Lehrer fordern Hilfe. Sie wollen alle Kinder voranbringen, doch für die Förderkinder seien Lehrer der Regelschule nicht ausgebildet. Diese Mädchen und Jungen bräuchten eine andere Aufmerksamkeit, man müsse komplett anders mit ihnen arbeiten. "Wir brauchen dringend Experten", so die Einschätzung. Dafür seien die SBBZ-Kollegen zuständig. Denn: Um gezielt unterstützen zu können, müsse man die Bildungspläne der Förderschule kennen und die nötigen Aufgaben parat haben. Sich dieses Material ohne einen Sonderpädagogen selbst zusammenzustellen, sei schwierig. Die Folge, wenn der SBBZ-Kollege einmal ausfällt: "Es gelingt nicht jeden Tag, differenziert zu arbeiten."

Das Staatliche Schulamt in Heilbronn weiß um die Nöte an den Regelschulen. "Da die Personalversorgung der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen angespannt ist, können die SBBZ nicht im erwünschten Umgang entsprechende Lehrkräfte zur Unterstützung an die allgemeinen Schulen entsenden", erklärt Markus Wenz, der das Schulamt in Heilbronn leitet. "Mit Fortbildungsangeboten und Beratungssystemen wird versucht, die Lehrkräfte an Schulen mit inklusiven Schülerinnen und Schülern zusätzlich zu unterstützen." Zudem habe die Landesregierung Stellen für Pädagogische Assistenten "gezielt für allgemeine Schulen mit inklusiven Arrangements" zur Verfügung gestellt. Markus Wenz ergänzt: "Bislang konnten jedoch auch in diesem Bereich leider nicht alle Stellen besetzt werden."

Die Schule aus der Region sieht das Land in der Pflicht, das schließlich die Inklusion in den Regelschulen per Schulgesetz erlaubt. "Wenn man das beschließt, muss man es auch einhalten und darf die Schulen nicht im Stich lassen."

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