An Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit: Worauf Menschen aus der Region verzichten
Fastnacht ist vorbei. Ab Aschermittwoch bereiten sich Gläubige auf Ostern vor, aber auch andere üben Verzicht, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Nicht nur Alkohol ist in den kommenden Wochen tabu, wie unsere Umfrage zeigt.

"Wenn ihr fastet, macht kein trübsinniges Gesicht ." So heißt es in der Bibel, genauer im Matthäus-Evangelium, Kapitel 6,15. Das ist leicht gesagt, zumal dieser Tage fast alles von den Kriegen in der Ukraine, im Nahen Osten, persönlichen Sparzwängen oder gar Existenznöten überlagert ist. Aber vielleicht schärfen gerade solche Krisen den Blick fürs Wesentliche. Faschings-Fans haben sich davon nicht beirren lassen. Bis Dienstag ging es in der Region hoch her – zum Beispiel beim Faschingsumzug in Gundelsheim. Aber jetzt ist auch für Narren Schluss mit lustig.
Karnevalisten feiern Abschied von Fastnacht
Der Aschermittwoch markiert traditionell das Ende der Fastnacht und den Beginn der Fastenzeit. Mancherorts waren Fassebutzen-Begräbnisse oder gar Verbrennungen angesagt. Die Heilbronner Carneval-Gesellschaft ließ um 11.11 Uhr ihre Gigger-Symbolfigur an Luftballonen in die Lüfte entschweben, gab den Rathausschlüssel zurück und lud zum Heringsessen. Ähnliche Bräuche sind in anderen Vereinen üblich.
Aschekreuz in katholischen Gottesdiensten
Gleichzeitig lassen sich Katholiken vom Pfarrer ein Aschekreuz auf die Stirn zeichnen: als Symbol der Vergänglichkeit, Buße, Umkehr, der Solidarität mit Leidenden, zur Vorbereitung auf Ostern. Kirche und Karneval sind kein Widerspruch. Fastnacht bezeichnet den Vorabend der Fastenzeit. Fasching geht aufs bayerische Vaschang zurück und bezog sich auf den letzten Ausschank vor der Fastenzeit.
Der romanische Begriff Carneval heißt frei übersetzt "Fleisch, leb wohl!" Fasten heißt nicht zwangsläufig, auf Nahrung oder Genuss zu verzichten. Das altgermanische Wort bedeutet so viel wie schließen, beschließen, festhalten.
Verzicht hat also nicht nur gesundheitliche Aspekte. In fast allen Kulturen finden sich Fastenpraktiken, als Ausdruck der Trauer, Sühne, Buße, vor allem aber, um sich auf die Begegnung mit Gott vorzubereiten. Für Christen ist das Vorbild Jesu entscheidend, der laut Bibel 40 Tage in die Wüste ging und kaum etwas aß, bevor er erstmals öffentlich in Erscheinung trat. So ist die 40-tägige Fastenzeit für Gläubige in erster Linie die Zeit der Vorbereitung auf Ostern, das Fest der Auferstehung, an dem sie den Sieg des Lebens über Not und Tod feiern.
Moderne Formen des Verzichts in der Fastenzeit
Gleichzeitig kann Fasten soziale Aspekte haben. So rufen die Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt zu Spenden für Notleidende auf. In der evangelischen Kirche gibt es außerdem die Aktion "Sieben Wochen ohne". Das Motto wird jedes Jahr um einen bestimmten Begriff plus Intention ergänzt. 2024 heißt es: "Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge". Von beiden großen Kirchen getragen ist die Aktion Klimafasten. Hier geht es darum, CO2 zu vermeiden und der Umwelt somit etwas Gutes zu tun. "Wunden heilen" ist der Leitgedanke der Aktion "40 Tage - 40 Worte - 4 Minuten", zu der die katholische Stadtkirche Heilbronn lädt: Interessierte können sich die 40 Worte täglich per Whatsapp schicken lassen. Vertiefende Infos zu den Aktionen findet man leicht über die jeweiligen Stichworte mit Suchmaschinen im Internet.
Umfrage: Auf was Menschen aus der Region in den kommenden Wochen verzichten
Ursula Berthold, 28, Weingärtnerin und Betriebswirtin, Neckarsulm

Ob mit oder ohne Glaube − Fasten tut jedem gut. Sich besinnen, überlegen von was man zu viel zu sich nimmt und genau darauf zu verzichten. Früher haben wir immer Süßigkeiten gefastet, das war tatsächlich etwas gemein, da man die Süßis von den ganzen Faschingsumzügen dadurch nicht naschen konnte und alle bis Ostern aufheben musste. Inzwischen leben wir alle in einer Welt voller Überkonsum. Ich möchte dieses Jahr bewusst darauf achten, von allem ein bisschen weniger zu konsumieren. Weniger Fleisch, weniger Plastik, weniger Social Media. Und ich finde, dass nicht nur der Verzicht eine Rolle spielt, sondern auch die Besinnung. Bewusst zur Ruhe kommen, nachdenken, durchatmen. Manchmal reicht es schon, wenn man sich überhaupt mit einem Thema auseinandersetzt und versucht, dran zu bleiben − und es vielleicht auch über die Fastenzeit hinweg zu beachten.
Eberhard Schell, 60, Chocolatier und Konditormeister, Gundelsheim

Als bekennender katholischer Christ versuche ich mein Leben religiös auszurichten, auch wenn es nicht immer gelingt. Dazu gehört auch Verzicht zu üben, auf Alkohol, Mahlzeiten, Angewohnheiten und vieles mehr. Das hat nichts mit Askese zu tun, sondern mit innehalten, reflektieren, überdenken. Man kann das natürlich auch das Jahr über machen, aber oft und zu allem finden wir ja Ausreden. Gerade die Fastenzeit lädt uns ein, es jetzt ganz bewusst zu tun. Bewusst auf etwas zu verzichten, da gehört aber Schokolade nicht unbedingt dazu. Jedenfalls hats sie Papst Benedikt IX. nicht auf seine Verzichtserklärung gesetzt: Weil er sie als Getränk ansah. Bei mir kann das ein gutes Glas Wein zum Essen sein oder die Bequemlichkeit, den Fernseher einzuschalten. Verzicht zeigt mir auch, dass nicht immer alles selbstverständlich ist. Daraus erwächst sogar eine gewisse Dankbarkeit.
Dr. Alexander Abt, 32, Fachzahnarzt für Oralchirurgie, Bretzfeld

Die Fastenzeit kenne ich von klein auf. Schon als Kind habe ich gefastet, auch als religiösen Gründen. So kann ich mich noch gut daran erinnern, dass meine Großeltern sehr viel Wert darauf gelegt haben, als Vorbereitung auf Ostern in der Fastenzeit von Aschermittwoch an zu fasten. Für uns Kinder war natürlich das Fasten von Schokolade oder anderen Süßigkeiten eine richtige Herausforderung, aber auch ein gewisser Ansporn, etwas durchzuziehen. Als gesundheitsbewusster und sportlicher Mensch faste ich heutzutage nicht mehr nur Schokolade, sondern auch beim Alkohol. Alles in allem kann ich allerdings sagen, dass der Verzicht mir nicht schwer fällt sondern ich diese Zeit und das Fasten schon beinahe genieße. Wirklich! Ich wünsche allen viel Spaß und Durchhaltevermögen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass das Verzichten auch mal ganz gut tut.
Esther Sauer, 55, Pfarrerin, Heilbronn

Ich liebe Schokolade! Wenn die richtige Sorte vor mir liegt, kann ich nicht widerstehen. Dann muss ich sie essen. Doch nun werde ich sieben Wochen auf sie verzichten. Keine lila Tafel, keine Kekse mit versteckter Füllung, keine Riegel, keinen Schokokuchen, kein Nutella. Das wird hart. Ich weiß es. Ich habe es nämlich schon mehrmals exerziert. Vor allem der Anfang hat es in sich. Deshalb werde ich im Supermarkt um jedes Regal mit Süßigkeiten einen Bogen machen. Verzicht üben, nicht jeder Lust und jedem Heißhunger nachgeben, der Sucht nach Süßem entkommen, konsequent sein, eine Herausforderung meistern − darum faste ich. Ich suche mir aus, was mir schwerfällt, weil ich es so sehr liebe: Schokolade. Natürlich könnte ich das auch zu jeder anderen Zeit machen. Doch es fühlt sich gut an, in einer Tradition zu stehen, gemeinsam mit vielen anderen Menschen.
Heike Pfitzenmaier, 51, Musikpädagogin, Duttenberg

Die sieben Wochen Fastenzeit vor Ostern nutze ich sehr gerne um etwas auszuprobieren, was mir und anderen gut tut und das Miteinander positiv beeinflusst. In diesem Jahr hat mich die Aktion Klimafasten, eine Initiative von evangelischen und katholischen Partnern, sehr angesprochen. Dahinter stecken viele kleine und in der Regel leicht umsetzbare Ideen, die eine nachhaltige Wirkung zeigen können. Zum Beispiel innerorts ganz einfach das Fahrrad nutzen oder zu Fuß zu gehen. Das ist ein Plus fürs Klima, die Bewegung und damit für die Gesundheit. Das Motto "Sieben Wochen ohne" wandle ich gerne um in "Sieben Wochen mit": also mit guten Worten, mit Zeit für andere, mit kreativen Ideen zur Vorbereitung auf Ostern. Ganz besonders liegt es mir am Herzen, unsere Kinder und Jugendlichen mitzunehmen und meinen Glauben in einer zeitgemäßen Form weiterzugeben.
Rainer Mosthaf, 51, Gastronom, Heilbronn und Erlenbach

Während der Zeit von Aschermittwoch bis zu den Osterfeiertagen, also über gut sieben Wochen hinweg, praktiziere ich, auch als Christ, bewusst das Fasten und den weitgehenden Verzicht auf alkoholische Getränke. Ich verzichte also auch auf Wein. Und dies sogar trotz meines Berufs als Gastwirt, speziell als Sommelier, der beruflich Wein probiert, trinkt und seinen Gästen am Tisch empfiehlt. Dieses Opfer betrachte ich als Chance zur persönlichen Reflexion. Eine Besonderheit allerdings besteht darin, dass ich unter bestimmten Umständen eventuell an Sonntagen während dieser Periode das Fasten durchbreche und mir ein gutes Glas Wein gönne, insbesondere zu einem köstlichen Essen. Auch dabei habe ich mir etwas gedacht: Diese bewusste Ausnahme unterstreicht meine Wertschätzung für kulinarische Genüsse und verleiht der Fastenzeit eine facettenreiche Note.