Bei der Bäckerei Hirth übernimmt die vierte Generation den Betrieb
Johannes Hirth Junior ist seit 1. August alleiniger Geschäftsführer der Bad Friedrichshaller Traditionsbäckerei. Warum der Generationenwechsel so gut geklappt hat.

Der Generationenwechsel bei der Bäckerei Hirth ist perfekt: Seit 1. August ist Juniorchef Johannes Hirth der alleinige Geschäftsführer des Bad Friedrichshaller Familienbetriebs. "Ich bin stolz", sagt sein Vater und Namensvetter Johannes Hirth. Der Zeitpunkt der Übergabe ist nicht etwa willkürlich gewählt: Am Samstag wird der Seniorchef 65 Jahre alt.
Dass er im Rentenalter den Betrieb an einen Nachfolger übergeben kann, ist alles andere als selbstverständlich, weiß Johannes Hirth. Seit er vor 42 Jahren die Bäckerei übernommen hat, hätten viele Kollegen zumachen müssen. Allein in Bad Friedrichshall habe es damals noch zehn Backstuben gegeben, heute gebe es neben den Hirths nur noch einen weiteren Bäcker, der in der Stadt produziere.
Trotz der offiziellen Betriebsübergabe an seinen Sohn, hört Johannes Hirth aber nicht auf zu arbeiten. "Das könnte ich gar nicht." Er rücke in die zweite Reihe, helfe, wo er gebraucht werde, und stehe seinem Sohn als Berater zur Seite. Seine Arbeitszeit wolle er nach und nach reduzieren. Auch seine Frau Rosemarie sei noch weiter in der Verwaltung tätig.
Die Eltern im Betrieb hinter sich zu wissen, sei immer gut gewesen, sagt Johannes Hirth junior. Der 36-jährige Vater von zwei Söhnen führt den Betrieb bereits seit 2015 gemeinsam mit seinem Vater. Der Übergang erfolge ganz entspannt, damit sich alle daran gewöhnen können. Auch bei Mitarbeitern spiele sich nicht von heute auf morgen ein, dass die Seniorchefs nicht mehr die ersten Ansprechpartner sind, sagt der Betriebsnachfolger.
Seniorchef war immer offen für neue Ideen
Johannes Hirth junior ist sich sicher, dass der Generationenwechsel nur deshalb so gut funktioniert hat, weil die Familie frühzeitig alles darauf ausgerichtet habe. Es gebe zum Beispiel keinen Investitionsstau, man habe offen über alles gesprochen und bei neuen Ideen sei sein Vater immer mitgegangen. "Den Satz ,Das haben wir immer schon so gemacht" gibt es bei uns nicht", sagt der Senior. Er habe seinen Sohn unterstützt und nicht eingebremst. So sei auch immer Platz für dessen Aktivitäten als "Wildbaker" gewesen. Unter diesem Namen setzt sich Johannes Hirth junior mit Jörg Schmid seit 2008 für die Stärkung des Bäckerhandwerks ein.
Als die Bekanntheit unter anderem durch Fernsehauftritte stieg, war es dem jungen Bäckermeister wichtig, eine moderne Anlaufstelle, ein Aushängeschild für Kunden und Interessierte zu haben. So ist das Brotcafé am Rathausplatz entstanden. Die Filiale hieß früher "La Ville", wurde 2017 aber vom Juniorchef umgestaltet. Von den Kunden wird sie heute als Hauptfiliale wahrgenommen, sagt Johannes Hirth senior. Auch wenn das Stammhaus mit Produktion in der Poststraße sei.
Gastronomie ist ein weiteres Standbein
Die Eröffnung des Brotcafés war einer der Meilensteine in der Firmengeschichte, sagen die beiden Bäcker. Die erste Filiale eröffnete Johannes Hirth 1985, über die Jahre kamen weitere dazu. Insgesamt verkauft die Bäckerei Hirth ihre Waren an acht Standorten in Bad Friedrichshall, Neudenau, Offenau und Neckarsulm. Auch in der gehobenen Gastronomie sind die Produkte stark nachgefragt, berichtet Johannes Hirth senior. Das sei ein weiteres Standbein.
Trotz der Konkurrenz durch Billig-Backwaren aus dem Discounter hat sich die Bäckerei einen soliden Kundenstamm aufgebaut und erhalten, berichtet Johannes Hirth junior. "Die Kunden schätzen die Qualität und das Bäckerhandwerk." Ein weiteres Erfolgsrezept: "Man muss mit dem Zeitgeist gehen und interessant bleiben." So seien auch aktuelle Preissteigerungen, die unter anderem durch den Ukraine-Konflikt notwendig waren, von den Kunden akzeptiert worden. "Es waren aber wohl nicht die letzten", betont der Bäcker. Preise für Zucker und andere Rohstoffe seien bis zu 50 Prozent gestiegen. Und man wisse nicht, wie es mit Corona weitergehe. Deshalb sei seine erste Priorität als Chef keine weitere Expansion. Viel wichtiger sei, die Bäckerei gut durch diese anspruchsvolle Zeit zu bringen.
Zu Arbeitgeber von knapp 100 Personen entwickelt
"Wir haben auch eine soziale Verantwortung", ist sich Johannes Hirth bewusst. Von zwei Lehrlingen in der Backstube und einer Angestellten im Verkauf hat sich das Unternehmen seit 1980 zum Arbeitgeber von rund 100 Personen entwickelt. Immer Teil des Teams ist auch der Chef. "Ich habe jeden Tag die Hände im Teig", versichert Johannes Hirth junior. "Das will ich auch bewahren. Die Arbeit macht mir Spaß."
Die Bäckerei Hirth gibt es seit 1908
Die Bäckerei wurde 1908 von Franz Schiemer in der Marienstraße 54 in Bad Friedrichshall gegründet. Von 1951 bis 1979 führten sie Theodor und Maria Hirth (geborene Schiemer) weiter. Zu dieser Zeit wurde das neue Geschäftshaus als Erweiterung an der Poststraße 11 gebaut. Seit 1980 sind Johannes und Rosemarie Hirth die Inhaber der Bäckerei. Johannes Hirth war damals 22 Jahre alt, sein Vater war im Sommer 1979 plötzlich verstorben. Der junge Firmeninhaber erweiterte den Betrieb noch einmal, indem er die Ladenfläche und die Backstube vergrößerte. Außerdem wurden zusätzliche Sanitäranlagen und ein Aufenthaltsraum eingerichtet. Mit Johannes Hirth junior und seiner Frau Lea übernimmt nun die vierte Generation den Familienbetrieb.

