Gemmingen: Altes Rentamt erwacht nach langem Schlaf
Markus Malo hat das Alte Rentamt saniert. Die Kosten sind während des Umbaus explodiert. Statische Probleme haben die Bauzeit verlängert

Über 150 Arbeitsstunden nur, um den Lack an der Treppe abzukratzen. 300 Arbeitsstunden für den Abbruch von provisorischen Zwischenwänden und durchgefaulten Böden. Als Markus Malo vor sechs Jahren begann, die Sanierung des Alten, im 17. Jahrhundert erbauten Rentamts in Gemmingen zu planen, verfügte er noch nicht über die handwerklichen Fähigkeiten, die er sich zwischenzeitlich erworben hat.
Markus Malo ist Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Stuttgart. Dass er einmal Bauherr eines Kulturdenkmals werden würde, war ihm nicht in die Wiege gelegt.
Landesdenkmalamt mit im Boot
Mit seinem Projekt ist er jetzt auf die Zielgerade eingebogen. Und auch, wenn überall noch Kabel von den Wänden hängen, wenn hie und da noch Baumaterial herumsteht, Möbel fehlen und im künftigen Wohnzimmer gerade wieder die Farbe von der Decke geplatzt ist: Schnell wird klar, dass hier ein Dornröschen aus Sandstein und altem Fachwerk wachgeküsst wurde.
Das Alte Rentamt steht an der Ecke Eppinger Straße, Stettener Straße und ist seit sieben Jahren im Besitz von Markus Malo. Auf keinen Fall, sagt er, würde er das Gebäude, das ein Jahr lang auf dem Markt war, bevor es einen neuen Besitzer fand, noch einmal angehen. Tiefschläge gab es mehr als erwartet.
Weder Sanierung noch Bauzeitenplan sind im Rahmen geblieben: Die ursprünglich auf 800.000 Euro geschätzten Baukosten haben sich laut Malo verzweieinhalbfacht.
Die Pfahlgründung und die Instandsetzung des Tragwerks haben allein schon nicht geplante 250.000 Euro verschlungen. Besonders dankbar ist der Bauherr dem Statiker Helmut Maus, der im Dienste des Landesdenkmalamtes auch in die Sanierung des Blauen Turms in Bad Wimpfen involviert war.
Statik verteuert Bauprojekt erheblich
Seine Erfahrung brachte Maus im Alten Rentamt ein. Das Haus stand auf Sand, ein Teil der Fassade neigt sich noch immer nach außen. Doch "jetzt steht es nur noch in Teilen auf dem Holztragwerk, das da war", sagt Markus Malo. Im Untergeschoss wurde es auf Stahlbeton gestellt. Im Haus selbst wurden "bis unters Dach" Stahlträger eingezogen, die zwischenzeitlich hinter Verkleidungen verschwunden sind.

An diesen Stahlträgern hängt das ganze Gebilde. Lösungen von der Stange gibt es nicht. Wo heute eine Wand ist, waren früher Türen, aus mehreren kleinen Zimmerchen wurde ein großer Raum. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten im Alten Rentamt Vertriebene. Überall waren provisorische Wände eingezogen worden. Und so ist die Sanierung des Gebäudes auch die Rückabwicklung eines Teils seiner Geschichte.
Ohne die Gelder der Denkmalstiftung, in die wiederum Gelder der Glücksspirale flossen, hätte Markus Malo die Zusatzkosten nicht stemmen können. Mit Hilfe öffentlicher Mittel sind im Alten Rentamt drei Wohnungen entstanden. Die beiden kleineren im Erdgeschoss mit einmal 85 und einmal 80 Quadratmetern Fläche will Malo vermieten.
Wohnraum entsteht mit Landesmitteln
Im ersten Obergeschoss ziehen er und seine Lebensgefährtin Marion Schüler selbst ein. Hat man einmal begonnen, müsse man durch die tiefen Täler durch, sagt Markus Malo: "Wenn wir die restlichen Bauschäden behoben haben, dann kriegen wir das auch schön hin." Die Kellerportale zu schließen, das wird "eine Aufgabe fürs Frühjahr".

Aus einem "dunklen, richtig gruseligen" Gebäude, für das zu kaufen es viel Fantasie gebraucht hat, ist ein Juwel geworden. Die schiere Größe der Eingangshalle hatte es Markus Malo sofort angetan: "Und man konnte relativ schnell sehen, wie man hier Licht reinbringt." In seinem recht ausführlichen Blog im Internet, "www.altes-rentamt-gemmingen.de", berichtet der Bibliothekar über den Baufortschritt.
Wer öffentliche Gelder erhält, sagt er, muss über deren Verwendung informieren. Und so planen er und seine Lebensgefährtin zum Beispiel auch, beim nächsten Tag des offenen Denkmals mit dabei zu sein. "Ich bin gerade am Einziehen", sagt Malo, "und ich hoffe, dass wir nur noch Kleinigkeiten wie die undichte Toilette richten müssen."
Über die Geschichte des Gebäudes
Das Alte Rentamt, ein Verwaltungsgebäude der Grundherrschaft derer von Gemmingen, wurde laut Inschrift über der Tür 1618 erbaut. Sein neuer Besitzer bezweifelt das: "Über die tatsächliche Bauzeit", schreibt Markus Malo in seinem Blog "www.altes-rentamt-gemmingen.de", "besteht zwischen den Deutern vorhandener Quellen (...) und den naturwissenschaftlichen Befunden eine Diskrepanz von 50 Jahren".
Das Rentamt lag in unmittelbarer Nähe des im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Schlosses, ist aber nicht identisch mit dem Mittleren Schloss, wie der Heimatforscher Wolfgang Ehret 2022 in den Kraichgauer Kolloquien schreibt: Die Lage der beiden Gebäude stimmten nicht überein, so Ehret: "Alle drei Gemminger Schlösser (lagen) im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts nördlich des Staudbachs."