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Die (un)heimliche Spielstraße

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Künzelsau - Künzelsau hat eine Spielstraße, auf der so gut wie nie jemand spielt. Das gilt zumindest für den asphaltierten Bereich der Hauptstraße, auf dem Autos nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen.

Von Matthias Stolla

Selten beachtet: Schilder mit Zusatzinfos an der Hauptstraße.Foto: Stolla
Selten beachtet: Schilder mit Zusatzinfos an der Hauptstraße.Foto: Stolla
Künzelsau - Künzelsau hat eine Spielstraße, auf der so gut wie nie jemand spielt. Das gilt zumindest für den asphaltierten Bereich der Hauptstraße, auf dem Autos nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen. Weil sich daran aber längst nicht alle halten, spielen keine Kinder auf der Fahrbahn. Obwohl sie es, rechtlich betrachtet, dürften. Für die Polizei ist der Fall klar: Verkehrssicherheit sieht anders aus.

Uwe Trumpp kennt sich aus mit Regeln. Der Mann leitet die Verkehrspolizei in Künzelsau und ist zudem "Referent Verkehr". Als solcher muss er nach Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung (STVO) gehört werden, wenn die Stadt Straßen plant. "Wir sind auch gehört worden", sagt Trumpp und ergänzt hörbar lakonisch, "aber wir konnten uns mit unserer Meinung nicht durchsetzen".

Verkehrsberuhigt

Wenn es nach dem Polizisten gegangen wäre, hätten die Künzelsauer ihre neugestaltete Hauptstraße als "verkehrsberuhigten Geschäftsbereich" ausgeschildert. In dem gilt Tempo 30, und auf der Fahrbahn sind Autofahrer bevorrechtigt. Laut Uwe Trumpp wäre das eine Regelung, die der "städtebaulich durchaus gelungenen" Neugestaltung entsprochen hätte.

Ganz im Gegensatz zum "verkehrsberuhigten Bereich", landläufig als Spielstraße bekannt, den die Stadt durchsetzte. "Das Entscheidungsrecht liegt bei der Stadt", betont Günther Voith. Der Mann kennt sich aus mit Regeln. Er leitet das Ordnungsamt im Rathaus und ist überzeugt: Die Kennzeichnung als Spielstraße "ist rechtlich auf jeden Fall okay".

Fahrbahn

Dem widerspricht der Leiter der Verkehrspolizei nicht, er ist allerdings überzeugt, dass die Sicherheit "ein wenig auf der Strecke geblieben" ist. Warum? Weil die Kennzeichnung als Spielstraße nicht zur Straße passe. Zum blauen Spielstraßenschild (Zeichen 325) steht in der STVO beispielsweise: "Kinderspiele sind überall erlaubt." Das gilt nicht nur für den gepflasterten Fußgängerbereich, sondern ausdrücklich für die gesamte Hauptstraße, also auch für die Fahrbahn, auf der maximal sieben Stundenkilometer erlaubt sind.

Untergeordnet

In der Straßenverkehrsordnung steht auch, Spielstraßen "müssen durch ihre Gestaltung den Eindruck vermitteln, dass die Aufenthaltsfunktion überwiegt und der Fahrzeugverkehr hier eine untergeordnete Bedeutung hat".

Selbst der Ordnungsamtsleiter räumt ein, "dass sich etliche nicht an die sieben Kilometer pro Stunde halten". Er ist allerdings davon überzeugt, dass die Spielstraße durchaus als solche wahrgenommen werde: "Die Leute überqueren sie so, als hätten sie Vorrang." HZ-Leser berichten der Redaktion dagegen immer wieder von Rasern auf der Hauptstraße, die sich zum Teil gegenseitig überholten. Selbst der Architekt, der die Neugestaltung geplant hat, hält die geltende Regelung für eine Notlösung. Und für Uwe Trumpp ist die schnurgerade Fahrbahn in der oberen Hauptstraße alles andere als eine mustergültig gestaltete Spielstraße.

Trumpp bemerkt, dass die Spielstraßenschilder kaum wahrgenommen, geschweige denn befolgt werden. Mit Tempo 20 könne er leben, sagt er: "Autofahrer beachten rote Schilder eher als blaue." Das sei zwar schneller als sieben, "aber lieber die Einsicht, 20 zu fahren, als gar keine Einsicht".

Haftpflicht

Laut Günther Voith geht die Ausweisung als Spielstraße auf die Haftpflichtversicherung der Stadt zurück. Die habe klargestellt: "Bis sieben km/h sind wir versichert." Grund dafür ist der künstliche Wasserlauf, an dem oft Kinder spielen. Für den Ordnungsamtsleiter sei die Gretchenfrage: "Wie können wir mehr Sicherheit schaffen?" Deshalb werde sich die Stadt Ende April mit dem Planer der Hauptstraße überlegen, ob sich das mit baulichen Maßnahmen erreichen lasse.

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Kommentare

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am 25.04.2011 08:04 Uhr

Schön wie oft die HZ über das Künzelsau schreibt!!

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am 23.04.2011 14:58 Uhr

Wenn es in der Künzelsauer Hauptstraße eine Spielstraße geben soll, dann dürfen auch keine Autos außerhalb besonders gekennzeichneter Parkplätze (wie vor Heigold, Döner Zafer usw.) parken. Dies wird aber von der Stadt toleriert, die städtische Bedienstete kontrolliert und verwarnt überall, nur nicht in der Hauptstraße. Warum ??

Es wird wohl eine Weisung der Stadtverwaltung geben.

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am 23.04.2011 12:28 Uhr

die Kastanienstrasse wurde nach Aufruf von Müttern zur sogenannten Spielstrasse gemacht.
Leider halten sich diese Mütter nur selten an die Geschwindigkeit von 7 kmh
Am schlimmsten ist, dass dan Ihre Kinder die sie von Schule und Kindergarten abholen ohne Kindersitz und Ohne Sicherheitsgurt im Auto rumtollen

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am 23.04.2011 09:07 Uhr

Die Hauptstraße in Kün ist weder eine Spielstraße ,noch eine Fußgängerzone.So lange Autos
fahren dürfen,ist dies einfach eine Zumutung für alle Personen die sich in diesem Areal aufhalten.
Man muß immer mit einem Auto rechnen das einem anfährt.

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am 23.04.2011 08:52 Uhr

VZ 250 StvO zeigt ein Verbot für Fahrzeuge aller Art an. Um hier die Anwohner oder den Lieferverkehr einfahren zu lassen, müsste wieder mit Zusatzschildern "Anlieger frei" oder "Bewohner (mit Parkausweis) frei" ausgeschildert werden. Und schon haben wir wieder Verkehr freigegeben! Dann lieber das VZ 325 StVO, welches allen Verkehrsteilnehmern in diesem Bereich die gleichberechtigte Nutzung der gesamten öffentlichen Verkehrsfläche erlaubt. Und wenn zu schnell gefahren wird, kann immer noch mit einer mobilen Geschwindigkeitsmeßstelle dagegen gewirkt werden.

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am 23.04.2011 08:35 Uhr

darf nicht 7 km/h gefahren werden, sondern gar nicht. Ausgeschildert wird diese durch das VZ 250 inkl. Zusatzschild 1010-10.
Hier geht es eigentlich um einen verkehrsberuhigten Bereich.

Nichtsdestotrotz sind solche verkehrsberuhigten Bereiche, ja auch schon Tempo 20 eine Zumutung für den Autofahrer. Wenn man den Verkehr nicht in der Straße haben möchte, dann diese sperren, dafür aber für Ersatz sorgen.

Wenn man derart und mittlerweile derart häufig eingebremst wird, ist es kein Wunder, wenn allgemein die Limits nicht mehr Ernst genommen werden.

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