Stimme+
Lesezeichen setzen Merken

Gedenken an NSU-Mordopfer: Ein Blauglockenbaum für Michèle Kiesewetter

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Am Neubau des Heilbronner Polizeipräsidiums ist am Montag in Erinnerung an die vom NSU ermordete Polizistin ein Baum gepflanzt worden. Kiesewetter wäre heute 38 Jahre alt geworden.

 Foto: Seidel, Ralf

Michèle Kiesewetter wäre an diesem 10. Oktober 38 Jahre alt geworden. Doch die Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds NSU hatten sie im April vor 15 Jahren auf der Theresienwiese in Heilbronn brutal ermordet.

Um die Erinnerung an Kiesewetter wachzuhalten, wurde am Montagvormittag am Neubau des Heilbronner Polizeipräsidiums in der Karlstraße ein Blauglockenbaum gepflanzt. Die Aktion geht auf das Projekt "Wachsendes Gedenken" des Bündnisses für Demokratie und Toleranz aus Zwickau zurück.


Mehr zum Thema

Das Wohnmobil, in dem die Leichen von Böhnhardt und Mundlos entdeckt wurden.  Foto: dpa
Stimme+
Heilbronn
Lesezeichen setzen

Fall Kiesewetter: Als ein NSU-Mord Heilbronn veränderte


OB Mergel spricht von Schicksalstag für Heilbronn

Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) sagte, der 25. April 2007 - der Tag, an dem Kiesewetter starb - sei ein Schicksalstag gewesen, wie es sie nur ganz wenige in der Nachkriegsgeschichte Heilbronns gegeben habe. Die Dachsteintragödie 1954, bei der zehn Schüler und drei Lehrer ihr Leben ließen, benannte Mergel als solchen, und das Pershing-Unglück auf der Waldheide im Januar 1985 mit drei toten amerikanischen Soldaten.

Der Ausnahmetag im Jahr 2007, "er begann so gewöhnlich wie die meisten aller Tage, und endete völlig überraschend und erschütternd mit einer Tragödie", so Mergel.

Zur Gedenkveranstaltung am Montag im Polizeipräsidium kamen auch Angehörige von Michèle Kiesewetter. Darunter Cousin Martin Kiesewetter sowie ihre Schwester und deren Mann. Polizeipräsident Hans Becker sagte, es sei "eine ganz bewusste Entscheidung der Polizei" gewesen, den Neubau des Präsidiums mit der Erinnerungskultur an Michèle Kiesewetter zu verknüpfen.

Der Blauglockenbaum, der nun im öffentlich zugänglichen Bereich zwischen Polizei-Neubau und Finanzamt steht, werde zwischen April und Mai große Rispen tragen und auffallend große blaue Blüten. Der Baum werde 15 bis 20 Meter hoch und trage herzförmige Laubblätter. Zudem sei er tief verwurzelt - wie auch das Ereignis im April 2007 tief verbunden sei mit der Heilbronner Polizei.


Opfer-Angehörige wählen Art des Baumes aus

Das Projekt "Wachsendes Gedenken" wurde im Frühjahr 2021 in Zwickau ins Leben gerufen. Das Bündnis für Demokratie und Toleranz pflanzt in jeder Stadt, in der ein Opfer des "Nationalsozialistischen Untergrund" ums Leben kam, einen Baum. Die Angehörigen der Opfer suchten sich  gemeinsam mit den örtlichen Vertretern aus, was für ein Baum gepflanzt werden, erklärte René Hahn, Mitglied des Bündnisses und Linken-Stadtrat in Zwickau.

Die Opfer des NSU seien sehr unterschiedliche Menschen gewesen, die aber am Ende ihres Lebens eine Gemeinsamkeit aufwiesen: Andere hatten aufgrund einer Ideologie entschieden, ihnen das Leben zu nehmen. Die Demokratie, mahnte Hahn anlässlich der Veranstaltung, brauche genügend Menschen, die sie gemeinsam verteidigten. Wie die Heilbronner Polizei unter dem Stigma leide, dass die Ermittlungsarbeit fehlerhaft gewesen sei, leide Zwickau bis heute darunter, als "Täterstadt" wahrgenommen zu werden.

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben