Stimme+
Versammlung gegen Rechts
Lesezeichen setzen Merken

"AfD ist keine Option“: Rund 2.000 Menschen demonstrieren am Samstag in Heilbronn

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Am Samstag demonstrierten rund 2.000 Menschen in Heilbronn gegen Rechts. Anlass war ein Treffen der AfD in der Harmonie. Mit eindringlichen Worten kritisierten Passanten und Redner die Partei.

Überwiegend friedlich demonstrierten die Heilbronner am Samstag gegen die AfD und rechtes Gedankengut.
Überwiegend friedlich demonstrierten die Heilbronner am Samstag gegen die AfD und rechtes Gedankengut.  Foto: Seidel, Ralf

Solche Bilder sieht man nicht alle Tage in Heilbronn: Rund 2.000 Menschen sind am Samstagnachmittag, 23. März, dem Aufruf des "Netzwerks gegen Rechts“ in Heilbronn gefolgt und marschierten quer durch die Stadt. Der gemeinnützige Verein hatte zu einem Demo-Zug gegen die AfD aufgerufen, die in Heilbronn zum Europawahlkampfauftakt zusammenkam. Vom Frankenstadion zum Hauptbahnhof, weiter über die Allee marschierten die Demonstranten bis zur Harmonie, wo der Demo-Zug mit einer Kundgebung vor Ort seinen Höhepunkt feierte.

„Menschenrechte statt rechte Menschen“ oder „Kein Platz für Nazis in Heilbronn“, etliche Demonstranten zeigten Flagge, durch Gesang, Plakate oder allein dadurch, dass sie vor Ort waren. Darunter die Freundinnen Selina Konrad und Emma Hannig. „Die AfD ist keine Option“, sagen sie. Auch Familie Noack aus Ilsfeld betont, dass sie ein Zeichen setzen wollte. „Es ist einfach richtig, hier zu sein.“ Viel zu lang habe man geschwiegen. Nun müsse man laut sein. Bereits am 23. Januar hatte das Netzwerk 10.000 Menschen auf dem Kiliansplatz in Heilbronn bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus zusammengebracht.


"Netzwerk gegen Rechts"-Demo in Heilbronn – "AfD zeigen, dass sie unerwünscht ist"

Stefan Reiner, Organisator der Demo und Mitbegründer des Netzwerks, ist von der großen Resonanz begeistert. Seit über zehn Jahren organisiere er Demos oder Kundgebungen gegen Rechtsextremismus, einen so großen Zulauf wie in den vergangenen Monaten habe es aber noch nie gegeben. „Der Groschen ist gefallen, die Menschen haben realisiert, dass sie selbst es in der Hand haben, wie es hier weitergeht“, sagt er.

Der Standort der Bühne auf der Allee, direkt vor der Harmonie, sei trotz des Konfliktpotenzials bewusst so gewählt worden. „Wir haben im Vorfeld besprochen, dass wir uns nicht provozieren lassen.“ Und genau das war letztendlich das Ziel: Der AfD zu zeigen, dass sie „hier nicht erwünscht“ sind. Die Partei habe nichts Gutes im Sinn und bestehe aus Faschisten. Aber: „Hier ist kein Platz für Rassismus“, so der 32-Jährige. 

Viele Redner auf Anti-AfD-Demo und ein bewegendes Gedicht

Zahlreiche Redner sind aufgetreten. "Die kollektive Willenskraft gegen Rassismus und Hetze muss dringend in unseren Alltag verlagert werden und sich in politischen Wahlen abzeichnen, nur dann können unsere demokratischen Werte gewahrt werden“, betonte Hiser Sedik, die als Referentin für Gleichstellung und Diversität arbeitet. Die AfD habe ein Gesellschaftsbild, das auf Ausgrenzung beruhe, kritisierte Friedemann Manz, Vorstand der Lebenswerkstatt für Menschen mit Behinderung.

Niklas Rosche vom CSD Heilbronn führte ein bewegendes Gedicht auf. Er wünsche sich als homosexueller Mann, mit seinem Partner unterwegs sein zu können, ohne angefeindet oder beschimpft zu werden. "Queere Menschen gab es schon immer in Heilbronn, aber sich öffentlich zu zeigen ist leider für viele nicht sicher.“ Die Daseinsberechtigung vieler Menschen sieht er durch die AfD in Gefahr.

"Für politische Kräften, die die Menschen völkisch-rassistisch sortieren, gibt es ein klares Nein", betonte Dekan Christoph Baisch, Pfarrer der Kilianskirche Heilbronn. Der Einsatz für Demokratie und Menschenwürde brauche Überzeugungskraft, Herzblut, Gesprächsbereitschaft und Geduld. "Aber er hat Zukunft."

Verdi Jugend: AfD lehnt fairen Mindestlohn und bezahlbaren Wohnraum ab

„Eine Stimme für die AfD ist eine Stimme gegen die Zukunft Deutschlands“, befand auch Ruken Yildirim, Alevitisches Kulturzentrum Heilbronn. Mae Soukaseun, Vertreterin der Verdi Jugend Heilbronn-Neckar-Franken, betonte, dass sie selbst in der Pflege arbeite und einen Migrationshintergrund besitze. „Ohne meine migrantischen Kolleginnen und Kollegen würde die gesundheitliche Versorgung aller zu pflegenden Personen noch weiter leiden.“

Als Gewerkschafterin stehe sie für einen fairen Mindestlohn und bezahlbaren Wohnraum, „was die AfD beides ablehnt“. Musikalische Umrahmung während der Kundgebung gab es von den beiden Bands Welcome To Future und von RAHI.

Fahnenschwenk von Harmonie und zwei Körperverletzungen – Polizei zieht Fazit

Kurz brenzlig hätte es werden können, als ein Demonstrant zwischenzeitlich aufs Dach der Harmonie stieg und unter tosendem Applaus eine „Fuck AfD“-Flagge schwenkte. Mehrere Polizeibeamten holten ihn nach wenigen Minuten vom Dach und führten ihn ab. Er muss nun mit einer Anzeige wegen Hausfriedenbruch rechnen, heißt es seitens der Polizei.

Ansonsten sei bis auf „zwei Vorfälle mit Körperverletzungen“ alles friedlich verlaufen. Hunderte Polizeibeamte waren im Einsatz. Eine genaue Anzahl will die Pressestelle des Heilbronner Präsidiums auf Anfrage aber nicht nennen. Im „niedrigen dreistelligen Bereich“ habe sie sich bewegt. 


Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben