Vergewaltigung in Flein frei erfunden
Heilbronn - Mit einem Phantombild hatte die Polizei Anfang Dezember nach einem Sexualstraftäter gesucht – jetzt steht fest: Die Vergewaltigung in Flein ist von einer 19-jährigen Frau, dem vermeintlichen Opfer, frei erfunden. Das gaben Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch bekannt.
Mit einem Phantombild hatte die Polizei Anfang Dezember nach einem Sexualstraftäter gesucht – jetzt steht fest: Die Vergewaltigung in Flein ist von einer 19-jährigen Frau, dem vermeintlichen Opfer, frei erfunden. Das gaben Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch bekannt.
Persönliche Probleme
Inzwischen sagte die Frau in einer Vernehmung aus, die Vergewaltigung frei erfunden zu haben. Als Grund gab sie an, persönliche Probleme zu haben. Die Vergewaltigungs-Geschichte hat sie nach Angaben der Polizei bei ihrem Arbeitgeber als Ausrede genutzt. Sie wollte nicht bei der Arbeit erscheinen.
„Offensichtlich hatte sie nicht mit den schwerwiegenden Folgen gerechnet, die ihre Behauptungen nach sich zogen“, heißt es in der Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft zum dem ungewöhnlichen Fall. Viele Frauen in Flein und der Region waren wegen der Nachricht verunsichert und verängstigt. Zumal erst im September in Horkheim eine Frau brutal vergewaltigt worden war.
Das Phantombild eines mutmaßlichen Vergewaltigers wurde auch auf der Facebookseite der Heilbronner Stimmeveröffentlicht. Etliche Menschen empörten sich über den Mann, den es nun gar nicht gibt. Das Phantombild wurde mehr als 2000 Mal geteilt, viele Facebooknutzer wollten bei der Suche nach dem Mann und der Aufklärung des Falls helfen. Manch einer schrieb, er habe einen solchen Mann erst kürzlich gesehen.
Widersprüche
Doch wie die Polizei auf Anfrage von stimme.de mitteilte, ist es glücklicherweise zu keinen Falschverdächtigungen der Ermittler gekommen. Natürlich schenke man einer Person, die sich als Opfer einer Vergewaltigung bezeichnet, zunächst einmal grundsätzlich Glauben, sagt Polizeisprecherin Yvonne Schmierer. Es sei aber zügig klar geworden, dass irgendetwas an der Sache nicht stimme. Dies sei auch der Grund gewesen, wieso die Ermittler zurückhaltend blieben.
Zum Zeitpunkt der Phantombild-Veröffentlichung habe man allerdings noch nicht am Wahrheitsgehalt der Vergewaltigungs-Schilderung gezweifelt. Man habe zeitnah reagieren wollen.
Die ermittelnden Polizisten hatten wenig später genau das richtige Gespür. Die junge Frau verstrickte sich immer mehr in Widersprüche. „Sodass es immer schwieriger für sie wurde, die Wahrheit zu sagen“, heißt es in der Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft weiter.
Die Thematik ist für die Polizei sehr sensibel. Man will natürlich vermeiden, dass tatsächliche Opfer von Sexualstraftaten den Schritt zur Polizei scheuen. Andererseits müssen falsche Angaben korrigiert werden – vor allem, wenn bereits öffentlich und mit einem Phantombild nach einem Täter gesucht wird. Jemandem bewusst schaden wollte die 19-jährige Frau mit dem Phantombild nach Erkenntnissen der Ermittler nicht.
Die Frau muss nun selbst mit einer Anzeige rechnen - wegen Vortäuschens einer Straftat. Das Strafmaß für ein solches Vortäuschen liegt nach Auskunft der Heilbronner Staatsanwaltschaft zwischen einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Möglicherweise könnte die 19-jährige Frau noch unter das Jugendstrafrecht fallen.
Derzeit werde auch geprüft, ob der Frau Kosten für den Aufwand der Polizei in Rechnung gestellt werden können, sagt Polizeisprecherin Yvonne Schmierer.
Dass Sexualstraftaten erfunden werden, kann nach Angaben von Staatsanwalt Christoph Meyer-Manoras ab und zu vorkommen. Dahinter können sich unter Umständen ganz banale Motive verbergen, wie zum Beispiel der Wunsch nach Aufmerksamkeit oder einfach nur Erklärungsnot gegenüber Eltern oder Partner.
Grundsätzlich sind für Ermittler Vergewaltigungs-Fälle oft schwierig zu lösen. Viele Frauen, die zum Opfer wurden, waschen sich nach einer Vergewaltigung erst einmal – was für viele nachvollziehbar sein dürfte. Aber sie vernichten damit gleichzeitig auch Spuren, die für die Polizeiarbeit wichtig sind. aho