Erlenbach/Heilbronn
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Erlenbach: Größerer Polizeieinsatz wegen sturer Reichsbürger

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Das Verhalten von sogenannten Reichsbürgern bei einer Vollstreckungsaktion hat am Donnerstag zu einem größeren Polizeieinsatz in Erlenbach geführt. Laut Polizei wurden bei der Festnahme eines Mannes drei Beamte leicht verletzt.

Von Adrian Hoffmann
Das Verhalten von sogenannten Reichsbürgern bei einer Vollstreckungsaktion hat am Donnerstag zu einem größeren Polizeieinsatz in Erlenbach geführt. Laut Polizei wurden bei der Festnahme eines Mannes drei Polizisten leicht verletzt.

Ein Monteur wollte am Donnerstag in Erlenbach im Auftrag von Netze BW einen Stromzähler wechseln. Dazu brauchte er allerdings Unterstützung eines Gerichtsvollziehers und des Schlüsseldienstes – und am Ende der Polizei. Hintergrund sind nach Informationen unserer Redaktion keine fehlenden Zahlungen, sondern die System-Verweigerung von Reichsbürgern.

Die Heilbronner Polizei bestätigte heute eine entsprechende Vollstreckungs-Aktion, die von mehreren Polizisten begleitet wurde. Auf einem Grundstück im Gewerbegebiet in der Straße „In den Lachen“ waren deren Angaben zufolge acht Personen „der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene“ präsent, „die aggressiv auf die Durchsetzung der Vollstreckungs-Maßnahmen reagierten“.

Bewohner spricht von überzogenem Einsatz

Ein Bewohner des betroffenen Hauses schilderte, der Einsatz sei unverhältnismäßig gewesen und es sei kein richterlicher Beschluss vorgezeigt worden. Die Frage, ob sie der Reichsbürger-Bewegung angehörten, verneinte er. „Die Polizisten sind mit drei Autos gekommen, das ist ein Unding.“ Ein junger Mann habe den Beamten den Zutritt untersagt. Der junge Mann sei in der Folge überwältigt, gefesselt und abgeführt worden. 

Corinna Lüke, Sprecherin der Polizei, widerspricht den Angaben des Bewohners. Es habe sehr wohl ein richterlicher Beschluss vorgelegen. Nach erneuter Rücksprache mit dem Richter hätten die hinzugezogenen Beamten das Grundstück betreten, wobei ein Mann vom Innenbereich aus versucht habe, sich gegen das Eingangstor zu stemmen, „um den Zutritt zu verhindern“.

Bei der anschließenden Festnahme leistete der Mann nach Angaben der Polizei Widerstand. Dabei seien drei Polizisten leicht verletzt worden.

Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik ab

Das Verhalten der Bewohner des Hauses in Erlenbach passt gut zur grundsätzlichen Einstellung von Reichsbürgern. Sie bestreiten die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimen Staat. Mit dieser Begründung verweigern sie auch, Steuern zu bezahlen oder Bußgelder – und offenbar auch, Stromzähler wechseln zu lassen. Gerichtsbeschlüsse und Verwaltungsentscheidungen ignorieren sie ebenso.

Die Reichsbürger-Bewegung zeichnet sich nicht immer nur durch rechtsextreme Tendenzen aus, sondern im Allgemeinen durch Verschwörungstheorien und die Ablehnung der Demokratie.

Einstweilige Verfügung als letzter Schritt

Jörg Busse, Sprecher von Netze BW, kann sich zu den genauen Hintergründen des Geschehen aus Datenschutzgründen nicht äußern. Er bestätigt allerdings, dass nicht die Verweigerung von Zahlungen ursächlich waren für das Vorgehen von Netze BW. Es sei üblich, dass Stromzähler turnusmäßig ausgetauscht werden. Falls dies jemand ablehne, würden Erinnerungsschreiben und Mahnungen verschickt, bis schließlich eine einstweilige Verfügung beantragt wird. Es werde allerdings immer versucht, die Dinge einfacher zu lösen. „Das ist eben dann die ultima ratio.“

Im konkreten Fall ist ein digitaler Zähler angebracht worden. Die Bewohner des Hauses sprechen von einer Gesundheitsschädigung durch Strahlungen, Jörg Busse dazu nur knapp: „Es gibt überhaupt keine Ansätze für eine solche Behauptung.“

Beim Landesverfassungsschutz sind keine Angaben darüber zu erhalten, wie viele Reichsbürger es deren Einschätzung nach im Raum Heilbronn gibt. Man weise Personenzahlen grundsätzlich nur für die Landeseben aus, teilt Georg Spielberg, Sprecher der Behörde, mit. Hinzu komme, dass im Arbeitsfeld "Reichsbürger und Selbstverwalter" die Datenerhebung nach wie vor andauere. „Momentan gehen wir von rund 3000 Personen aus, die diesem Spektrum landesweit zuzurechnen sind.“

 

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