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Kommentar zum Oster-Lockdown: Klein-Klein statt klarer Linie

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Der Öffnungsschritte-Plan von Anfang März war gut gemeint, kam aber zum falschen Zeitpunkt. Nun ziehen Bund und Länder mit einer erneuten Verlängerung des Lockdowns die Notbremse. Da hilft nur breitflächiges Testen und Impfen, kommentiert Jürgen Paul.

Update (24.03.2020, 12.15 Uhr): Die erst wenige Stunden alte und hoch umstrittene Corona-Osterruhe wird es nicht geben. Die Kanzlerin macht einen Rückzieher und übernimmt die Verantwortung für die Verwirrung.

 



Es kam wie es kommen musste: Der Lockdown wird verlängert bis 18. April. Das ist ein harter Schlag für die pandemiemüden Bürger und all jene Bereiche in Wirtschaft und Kultur, die mit jedem weiterem Tag Lockdown näher an die Pleite rücken. Die erneut unglaublich zähen Verhandlungen von Kanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten standen unter schlechten Vorzeichen.

Denn der Anfang März gestartete Versuch, mit einem Stufenplan Öffnungen zu ermöglichen, ist gescheitert. Der Plan war gut gemeint, kam aber zum falschen Zeitpunkt, denn die britische Virusmutante hatte sich längst rasant ausgebreitet.

Viel Streit zum Thema Urlaub

Nun ziehen Bund und Länder die Notbremse, um die rasant steigenden Infektionszahlen wieder nach unten zu drücken. Beim Ziel ist man sich einig, bei den konkreten Maßnahmen weniger. Wenn vor allem über Besuche an Ostern, Mallorca-Reisen oder „kontaktarmen“ Urlaub im eigenen Bundesland gestritten wird, ist Skepsis angesagt. Und der letztlich beschlossene Oster-Lockdown atmet den Geist der unterschiedlichen Interessen, die in den Bund-Länder-Konferenzen regelmäßig aufeinandertreffen. Das Ergebnis: Viel Klein-Klein und noch mehr Appelle statt klarer Vorgaben. 

So kann jeder ins Ausland fliegen oder fahren, er muss nur einen negativen Test vorweisen, wenn er wieder nach Deutschland einreist. Von der Bitte der Bundesregierung, auf Reisen zu verzichten, werden sich Reiselustige kaum abhalten lassen. Naiv auch der Appell der Regierenden an die gebeutelte Reisebranche, das Flugangebot über Ostern nicht weiter aufzustocken.

Appelle statt Vorgaben

Auch in den Betrieben wird sich wenig ändern. Dass Homeoffice ermöglicht werden soll, gilt schon seit vielen Wochen. Nun sollen auch Schnelltests für die Beschäftigten angeboten werden, je nach Verfügbarkeit – schwammiger geht es kaum. Und auch die Religionsgemeinschaften werden lediglich gebeten, auf Gottesdienste zu verzichten.

Eine klare, aber diskussionswürdige Ansage gibt es für den Handel. Am Gründonnerstag müssen alle Geschäfte schließen, um für eine „Osterruhe“ zu sorgen – und am Karsamstag darf nur der Lebensmitteleinzelhandel im engeren Sinne öffnen. Das Ergebnis dieser Ruhe-Verordnung wird man am Mittwoch und am Samstag vor Ostern begutachten können, wenn sich die Menschen in den Supermärkten und Discountern drängeln.

Ob mit diesen und den weiter vereinbarten Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen für Gebiete mit Inzidenzen über 100 das Infektionsgeschehen schnell und nachhaltig eingedämmt werden kann, ist zumindest fraglich. Zumal das besonders wichtige Thema Kitas und Schulen weiterhin von jedem Bundesland selbst behandelt wird. Von einer einheitlichen Linie ist man hier weiterhin meilenweit entfernt.

Turbo beim Testen und Impfen gefragt

Klar ist: Die Pandemie bekommen wir nur unter Kontrolle, wenn jetzt endlich der Turbo beim Testen und Impfen angeworfen wird. Zugleich braucht es mehr Pilotprojekte wie in Tübingen, Rostock oder Berlin, um der von den Regierenden zurecht enttäuschten Gesellschaft etwas mehr Normalität zu ermöglichen. Die Kanzlerin hat mehr deutsche Flexibilität versprochen, nun müssen die Länder diese Modellprojekte auch aufs Gleis setzen.


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