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„Machtbasis wurde erweitert“
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Donald Trump in zweiter Amtszeit: Experte erklärt, worauf sich die Welt einstellen muss

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Am Montag wird Donald Trump als Präsident der USA vereidigt. Es könnten ungemütliche Zeiten auf Deutschland und Europa zukommen. Florian Böller, USA-Experte an der Universität Heidelberg, wirft einen Blick auf Trumps zweite Amtszeit.


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Die Amtseinführung von Donald Trump als 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika findet am Montag statt. Das deutsche TV-Publikum kann die Inauguration auf verschiedenen Sendern verfolgen. Florian Böller, USA-Experte an der Universität Heidelberg, ordnet im Stimme-Interview Trumps Vorhaben ein.

Worauf müssen Deutschland und Europa sich einstellen?

Florian Böller: Auf größere Unberechenbarkeit und eine Rückkehr der „America first“-Doktrin, also das was bereits die Außen- und Sicherheitspolitik seiner ersten Präsidentschaft geprägt hat. Der Fokus liegt auf nationalen Interessen, auf Gewinnen für die USA, egal ob militärischer oder ökonomischer Art, ohne Rücksicht auf Verbündete oder Institutionen. Der Unterschied zur ersten Amtszeit ist, dass Trump diesmal innenpolitisch größeren Rückhalt hat, die Außenpolitik umzusetzen.

 

Wird er seine Vorhaben so radikal durchsetzen, wie er es ankündigt?

Böller: Viele Aussagen sind natürlich extrem. Er wird nicht alles umsetzen, man darf aber auch nicht unterschätzen, dass vieles von dem, was er angekündigt hat, letztes Mal auch tatsächlich umgesetzt wurde. Beispielsweise den Iran Deal aufzukündigen, aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten, einen Handelskrieg mit China anzufangen. Unberechenbarkeit ist trotzdem ein großes Element in seiner Politik und das ist auch Absicht: dadurch sollen Verhandlungspartner zu größeren Zugeständnissen gedrängt werden.

 

Trump zeigt sich immer wieder beinahe fasziniert vom russischen Präsidenten – hat er überhaupt ein Interesse an einem Sieg der Ukraine?

Böller: Das muss bezweifelt werden. Er hatte angekündigt, den Krieg innerhalb von 24 Stunden zu beenden, das ist natürlich unrealistisch – man weiß nicht genau, wie sein Plan dazu aussehen könnte. Wenn man es optimistisch betrachtet, dann könnte er auf der einen Seite die Ukraine nötigen, Friedensverhandlungen zuzustimmen und auf der anderen Seite müsste er Russland irgendwie unter Druck setzen, ebenfalls an diesen Verhandlungen teilzunehmen. Dieser Druck könnte etwa mit der Drohung funktionieren, die Waffenlieferungen zu erhöhen. Aber das wäre das Gegenteil dessen, was er im Wahlkampf angekündigt hatte, nämlich die Waffenlieferungen an die Ukraine zurückzufahren.

 Schätzen Sie Trump eher als Chance oder als Bedrohung für den Frieden in der Ukraine ein?

Böller: Es gibt zwei Fraktionen in seiner Administration: Diejenigen, die eine relativ traditionelle Linie befürworten und Russland und China als Bedrohung sehen. Und dann gibt es die populistische Fraktion, die Deals schließen und die Welt in Interessensphären aufteilen will. Setzen die sich durch, besteht die Gefahr, dass man die Ukraine für einen möglichen Deal mit Putin opfert.

Viele sorgen sich um die Demokratie in den USA. Zu Recht? 

Böller: Die Sorge gab es bereits in der ersten Amtszeit und sie ist berechtigt.  Der große Unterschied zur ersten Präsidentschaft ist, dass Trump innenpolitisch wesentlich größeren Rückhalt hat. Er und sein Umfeld sind besser vorbereitet. Er hat eine breitere Mehrheit im Senat und seine Partei ist ihm viel treuer ergeben. Deshalb ist im Kongress kein großer Widerstand zu erwarten. Hinzu kommt, dass er im Supreme Court (Oberster Gerichtshof) ebenso eine breitere Mehrheit vorfindet, drei von neun Richtern hat er selbst ernannt, drei weitere sind von republikanischen Präsidenten ernannt worden. Seine Machtbasis wurde also erweitert. Er wird versuchen, dies auszunutzen und seine extreme Agenda, etwa in der Migrationspolitik, durchzusetzen. Und wenn der Kongress ihm nicht Einhalt gebietet, dann besteht durchaus die Gefahr, dass demokratische Grundregeln verletzt werden.

Die USA gelten als tief gespaltenes Land. Ist eine weitere Polarisierung zu erwarten?

Böller: Ja, die Polarisierung wird aller Wahrscheinlichkeit nach weiter zunehmen. Der Beginn liegt natürlich noch weit vor Trump, schon in den 1980er und 1990ern begann dieser Trend. Durch Trump wurde er nochmals erheblich beschleunigt. Und er als Populist lebt von dieser Polarisierung, seine Kernbotschaft ist weiterhin, dass das Volk durch die Eliten ausgebeutet wird, obwohl er und seine engsten Berater natürlich selbst Teil der Elite sind.

Was für eine Rolle wird Elon Musk spielen?

Böller: Musk tritt als enger Berater Trumps auf und soll ein Ministerium in der neuen Administration leiten. Dabei verfolgt er vor allem eigene wirtschaftliche Interessen und profitiert mit seinem Unternehmen von staatlichen Aufträgen. Diese Verwobenheit zwischen wirtschaftlicher und politischer Macht ist hochproblematisch. Der Rückblick auf die erste Amtszeit Trumps zeigt, dass sich seine Berater häufig nicht lange halten können und schnell wieder ersetzt werden. Trump kommt es nicht auf langfristige Freundschaften an, er ist an seinem eigenen Machterhalt interessiert. Und ich vermute, sobald er merkt, dass es auch Elon Musk darum geht, an Einfluss zu gewinnen, wird das Konfliktpotenzial steigen und Trump wird ihn dann möglicherweise schnell entlassen.

 

Am Sonntag hat Trump in einer Rede angekündigt, an seinem ersten Amtstag 100 Dekrete zu erlassen – wie realistisch ist das?

Böller: Das ist durchaus realistisch, denn wie gesagt: Sein Umfeld ist besser vorbereitet, es gibt diese Entwürfe sicher bereits. Er wird vieles von dem zurückdrehen, was Biden auf den Weg gebracht hat, zum Beispiel in der Umweltpolitik. Das Problem dahinter ist ein institutionelles und es hängt mit der Polarisierung zusammen. Präsidenten scheitern immer häufiger daran, Reformen durch den Kongress zu bringen, weil ihnen die Mehrheiten oder - wie im Falle Trumps- - die Geduld für einen langwierigen Gesetzgebungsprozess fehlen. Deshalb greifen sie auf Dekrete zurück, was aber nicht im Sinne der Verfassungsgeber ist.  Denn damit umgeht man die typischen „checks and balances“, also das Zusammenspiel zwischen Kongress und Präsident. Und das schadet letztlich auch der Demokratie.

Zur PersonDr. Florian Böller ist Politikwissenschaftler und arbeitet am Heidelberg Center for American Studies an der Universität Heidelberg. Die Forschungsschwerpunkte des USA-Experten liegen auf der Politik in den USA, insbesondere Außen- und Sicherheitspolitik, auf transatlantischen Beziehungen sowie auf der Rolle von Vertrauen in der internationalen Politik.

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